Kapitel 48

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...""Es ist okay, Jason. Mir geht's doch wieder gut", versicherte ich, doch ein innerer Zwiespalt spiegelte sich in meinen Worten wider.

Wow, du lügst in letzter Zeit ja nur noch.

Oh ja, wie wahr das war. Jason schaute mich mit seinem "Das-erzählst-du-mir-später"-Blick an. Ein Augenrollen meinerseits war die einzige Antwort. "Ich gehe ins Wasser", verkündete ich und machte mich auf den Weg. Ich hatte keine Lust auf bemitleidende Blicke und erst recht wollte ich nicht weiter ausgefragt werden.

Langsam schritt ich die Stufen zum Wasser hinunter. Als meine Füße das erfrischende Nass berührten, durchzuckte mich ein Gefühl der Lebendigkeit. Ich schwamm ein wenig, genoss die sanften Wellen um mich herum. Dann lehnte ich mich an den Beckenrand, das Wasser plätscherte leise um mich herum.
Ich genoss das Wasser auf meiner Haut. Ich genoss die Still um mich herum. Da es noch relativ früh war, waren so gut wie keine weiteren Gäste hier.
In weitere Ferne sah ich ein altes Ehepaar.
In diesem Moment erinnerte ich mich an die Worte meiner Oma, die einst sagte: "Jeder verletzt einen irgendwann, man muss nur diesen Einen suchen, für den sich der Schmerz lohnt." Die Weisheit meiner Oma hallte in meinen Gedanken wider, während ich überlegte: War Jayden dieser Eine? Ein inneres Ringen begann, als ich versuchte, meine Gefühle zu entwirren und die Wahrheit darüber zu erkennen, ob der Schmerz, den ich durchlebte, wirklich für ihn lohnte.
Ich war mir so unsicher.
Ihn gestern mit einem anderen Mädchen zu sehen war hart. Vor allem, nachdem wir uns näher gekommen waren. Auch wenn ich im Endeffekt nichts sagen dürfte. Schließlich hatte ich Leon.

Meine Oma sagte auch immer:
"Wenn du diesen einen Jungen gefunden hast, dann gibt es nie eine 2.Wahl."

Und in diesem Moment erkannte ich, dass meine Oma mit ihren Worten wirklich recht hatte. Vielleicht war es tatsächlich so, dass ich mich einfach in das Gefühl verliebt hatte, verliebt zu sein. Eine Art Flucht vor der Realität, die ich mir eingestehen musste. Die Frage drängte sich mir auf: War Leon überhaupt der Richtige für mich? Oder wollte ich nur, dass ich mich in ihn verliebte?

Leon war zweifellos perfekt, aber genau das war vielleicht sogar das Problem. Ich wollte nicht ständig versuchen müssen, alles richtig zu machen, nur um mit ihm mithalten zu können. Bei Jayden war alles anders. Er zeigte mir nicht nur seine Stärken, sondern auch seine Schwächen. Er beging Fehler, so wie ich, und genau das machte ihn menschlich und greifbar.

Die Dynamik zwischen uns war authentisch, nicht von einem Druck geprägt, immer perfekt sein zu müssen. Ich konnte ihm vertrauen, meine innersten Gedanken und Geheimnisse mit ihm teilen. Er war der erste, der von mir persönlich erfuhr, obwohl ich mich normalerweise sträubte, über diese Themen zu sprechen. In seiner Gegenwart fühlte ich eine seltsame Sicherheit, eine Vertrautheit, die mir zuvor fehlte.

Jayden schenkte mir die Möglichkeit, ich selbst zu sein, ohne die Angst, nicht den vermeintlich hohen Standards gerecht zu werden. In seiner Welt fand ich Trost und Geborgenheit, die über das hinausgingen, was ich bei Leon je empfunden hatte. Es war, als ob die Masken, die wir im Alltag trugen, in seiner Nähe abfielen, und wir uns in unserer Verletzlichkeit begegneten. Und so habe ich das erste mal das Gefühl zu verstehen, dass Liebe mehr ist als nur Perfektion – sie ist Authentizität, Vertrauen und die Bereitschaft, sich gegenseitig in den Höhen und Tiefen des Lebens zu akzeptieren. Sich nehmen so wie man ist. Sich nicht zu verstellen. Liebe bedeutet Leidenschaft.

In den stillen Ecken meines Bewusstseins begann eine Wahrheit zu erscheinen, die ich lange Zeit vor mir selbst verborgen hatte.
Es war, als hätte mein Unterbewusstsein die ganze Zeit recht gehabt. Ich konnte die Empfindungen nicht länger ignorieren – ich hatte mich in Jayden verliebt.
Die Erkenntnis tanzte wie Schmetterlinge in meinem Inneren, eine Mischung aus Aufregung und Unsicherheit. Ich empfand Freude, aber zugleich große Angst.
Mein Herz schien jeden einzelnen Schlag zu betonen, als ich mir eingestand, dass diese Gefühle weit über eine oberflächliche Zuneigung hinausgingen. In mir wuchs der Drang, es ihm zu sagen, diese verletzliche Offenbarung, die so viel über meine innersten Emotionen preisgeben würde. Doch war es jetzt zu spät? Sollte ich mit ihm reden?
Ich war mir so unglaublich unsicher.
Doch das Verlangen, diese Wahrheit auszusprechen, wurde mit jeder Sekunde stärker.

Mein Verstand malte sich Szenarien, wie Jayden auf meine Enthüllung reagieren könnte – eine Mischung aus Hoffnung und Nervosität. Es fühlte sich an, als stünde ich an der Schwelle zu einer neuen Phase, einem Kapitel, das mein Herz auf eine unvorhersehbare Reise führen würde.
Würde er sich freuen?
Oder war er enttäuscht wegen gestern?

Das Gewicht der Worte lag auf meiner Zunge, während ich darüber nachdachte, wie ich es ihm sagen würde. Sollte ich es einfach herausplatzen lassen oder es behutsam und sanft formulieren?

I need you,  Idiot !Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt