Kapitel 60

21.7K 1.3K 105
                                    

„Was ist los", fragte ich - keine Antwort.
Die düstere Stimmung hing schwer in der Luft, als ich meine Mutter erneut fragte: "Mom? Wer war da?" Ihre Augen trugen einen Ausdruck des Schocks, während sie mich stumm ansah. Irgendetwas musste passiert sein. "Zieh sofort deine Schuhe an, wir müssen ins Krankenhaus!" Ihre Worte hallten in meinem Kopf wider, und ich eilte in den Flur, um meine schwarzen Vans anzuziehen. "Los, komm", drängte sie, griff nach den Autoschlüsseln und stürmte nach draußen. Ich folgte ihr, mein Herz schlug wild. "Was ist passiert?", meine Stimme bebte vor Angst.
Was war bitte passiert? Warum mussten wir sofort ins Krankenhaus?
"Leons Familie und Marie hatten einen Unfall. Mehr haben sie mir am Telefon noch nicht gesagt", erklärte sie mit einem Hauch von Verzweiflung in ihrer Stimme. Ich verstummte. Mein Körper zitterte und mir wurde schlecht. „Ich rufe Jason an ", meinte ich. Mir lief eine Träne über die Wange. Meine Mutter nahm mich an die Hand. Ich öffnete die Tür zu unserem Auto und stieg schnell ein.

Es war wie damals. So eine ähnliche Situation- so ein ähnliches Gefühl. Bei ihm. Meinem Vater.

-Rückblick-
Inmitten der Monotonie eines weiteren langweiligen Schultags wurde ich von unserer Lehrerin aufgerufen: "Sky, löst du bitte die Gleichung?" Ich nickte und begab mich nach vorne. Obwohl Mathe nicht meine Stärke war, schien diese Aufgabe leicht zu sein.
Ich war erleichtert. Ich hasste es an die Tafel gerufen zu werden. Vor allem wenn es um Mathe ging.
Plötzlich klopfte es an der Tür, und die Lehrerin lud zwei Männer in Uniform ein. "Hallo?" verwunderte sich unsere Lehrerin. "Hallo, wir kommen, um Sky abzuholen. Es gibt ein Familienproblem", erklärte einer von ihnen. "Ok, wurde das mit den Eltern abgesprochen?", erkundigte sie sich. Beide nickten, und so packte ich meine Sachen und folgte ihnen.

Ein Kindheitstraum von mir, einmal mit einem Polizeiauto zu fahren, schien sich zu erfüllen. Die Polizisten brachten mich ins Krankenhaus, wo meine Mutter, Jasons Eltern und Jason bereits warteten. Der Raum war erfüllt von einer beklemmenden Stille. Es war ein seltsames erdrückendes Gefühl. Meine Mutter vergrub ihr Gesicht in den Händen, Tränen strömten über ihre Wangen. "Mom, warum weinst du?" fragte ich, ging zu ihr und nahm sie in den Arm. Noch nie hatte ich sie so verzweifelt gesehen. Auch die anderen alle waren aufgeregt und wirkten bedrückt.
Meine Tante nahm mich an die Hand und setzte mich auf ihren Schoß.

Die erschütternde Nachricht durchdrang meine Welt wie ein vernichtender Blitz: "Dein Vater hatte einen schlimmen Autounfall!" Die Worte der Ärztin hallten in meinem Inneren wider, während meine Wangen von den unaufhaltsamen Tränen benetzt wurden. Jeder einzelne Buchstabe schien sich in mein Bewusstsein einzubrennen.

Die Ärztin kniete sich einfühlsam vor mich, ihre Hand ergriff meine, als würde sie versuchen, meine Seele in diesem Moment zu stützen. Die Kühle ihrer Berührung kontrastierte mit der drückenden Schwere in der Luft. In sanften Worten erklärten sie mir, dass der schmerzhafte Abschied von meinem Vater unvermeidlich war. Erst verstand ich nicht, warum ich mich verabschieden sollte. Oder ich wollte es nicht...
Aber als ich realisierte was wirklich passiert war, hatte ich das Gefühl jemand würde mir den Boden unter den Füßen wegziehen. Meine Beine wurden taub.
Der Raum schien für einen Moment den Atem anzuhalten, während ich mich dem unvermeidlichen Verlust stellen musste.

Wir betraten das Zimmer, und da lag er – mein Vater – auf einem riesigen Bett. Sein Anblick war erschütternd, bleich, von Wunden übersät und von weißen Verbänden bedeckt. Kabel verbanden seinen Körper. Seine Augen öffneten sich leicht. Ich kniete mich vor ihn hin. "Dad...", flüsterte ich. "Schatz, ich liebe dich", flüsterte er, eine Träne lief aus seinem Auge. Ich hielt seine Hand. "Du darfst mich nicht verlassen! Wir brauchen dich", weinte ich bitter.

"Ich liebe euch! Vergesst das nie!", sagte er. Ein Schrei entrang sich meiner Kehle, als sein Händedruck schwächer wurde. "Du darfst uns verdammt nochmal nicht verlassen!" schrie ich, brach zusammen und wurde von zwei Händen hochgehoben. "Wir brauchen dich doch", flüsterte ich und verlor das Bewusstsein.

--Rückblick Ende--

In einem Moment erleben wir das pulsierende Leben in all seiner Intensität, voller Pläne und Träume. Doch im nächsten Moment kann die Uhr des Schicksals gnadenlos zuschlagen, und das, was wir für selbstverständlich hielten, verschwindet wie ein flüchtiger Hauch. Das Leben ist zerbrechlich, und die Realität, wie schnell es vorbei sein kann, erinnert uns daran, die kostbaren Augenblicke zu schätzen und Liebe sowie Bedeutung in jedem Moment zu finden.

"Piep... piep... 'Hallo?'"

"Jason?" fragte ich, meine Stimme zitterte. "Was ist los, Prinzessin?" Seine ruhige Stimme hatte eine beruhigende Wirkung auf mich. "Jason... Leons Familie und... Marie... Es ist etwas Schlimmes passiert... Sie hatten einen... Autounfall", schluchzte ich. "Was? Wo seid ihr?" konnte ich Panik in seiner Stimme hören. "Auf dem Weg zum Krankenhaus", sagte ich. "Ich komme!", erklärte er, und ich legte auf.

Nach 20 Minuten waren wir dort. Wir rannten so schnell wie möglich. Dort saßen bereits Maries Eltern. "Ähm, Entschuldigung... Gehören Sie zur Familie?" fragte die Ärztin. "So gut wie", meinte der Vater. "Nun gut. Es sieht mit Marie echt schlecht aus. Und wegen dem Kind -" begann sie. "Dem Kind?" schrien Maries Eltern. Meine Mutter schaute nur geschockt.

Richtig dem Kind. Marie hatte natürlich noch nichts von dem ihren Eltern erzählt.

I need you,  Idiot !Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt