Kapitel 62

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Jason's P.O.V

Die Tränen, die in Skys Augen perlten, schienen einen Sturm in mir auszulösen. Ein scharfer Atemzug durchdrang meine Lungen, während sich alles um mich zu drehen schien. Klar, die Vorstellung, Vater zu werden, hatte mich überfordert, zumindest für den gegenwärtigen Zeitpunkt. Doch trotz aller Unsicherheiten und Ängste, war es mein Kind – ein winziger Teil von mir. Die bloße Vorstellung, dass dieses unschuldige Leben in Gefahr war, ließ einen stechenden Schmerz in meinem Herzen aufsteigen.

Ich schloss Sky fest in meine Arme. Alles in mir drehte sich.

Marie, das Mädchen mit dem ich mittlerweile so eine tiefe Bindung aufgebaut habe, befand sich ebenfalls in einem Kampf um Leben und Tod. Sie zu verlieren, fühlte sich an wie der Verlust eines Teils meiner selbst. Eine einsame Träne rollte unaufhaltsam über meine Wange, ein stummer Zeuge meiner Sorgen und Ängste. Schnell wischte ich sie weg, in dem verzweifelten Versuch, meine Gefühle zu unterdrücken.

Ich drückte mich immer mehr an Sky. Sie hielt mich fest. Sie gab mir so viel Halt in diesem Moment.

Sky's Stimme drang durch die Stille und riss mich aus meinen wirren Gedanken. "Bleibst du heute Nacht bei mir?" Ihre Worte waren gefüllt mit einer Mischung aus Verletzlichkeit und Angst. Ich nickte, ohne zu zögern, während sich meine Hand instinktiv zu ihrer bewegte und sie sanft berührte. "Natürlich", flüsterte ich, meine Stimme ein schwacher Versuch, Trost in diesem Sturm der Emotionen zu finden. In diesem Moment spürte ich, dass wir uns gegenseitig brauchten. Marie war schließlich ihre beste Freundin. Und Leon war immer noch ihr Freund.

-Einige Stunden zuvor-

Maries P.O.V

Wir stiegen ins Auto ein, und ich winkte noch einmal Sky's Mom und ihr zu. Leon und ich nahmen Platz auf der Rückbank. Seine Eltern drehten das Radio auf, ein müder Versuch, die düstere Stimmung im Auto zu durchbrechen. "Ähm, weißt du, was Sky mir sagen wollte?" fragte Leon nach einer Weile, sein Blick traf meinen. Er tat mir leid. Sky war eben nicht dazu gekommen, ihm alles zu Beichten.

Aber sollte ich die Wahrheit sagen? Nein, natürlich nicht. Sky ist mit ihm zusammen. Sie soll es ihm sagen. "Nein", antwortete ich nervös. "Sie klang so komisch, und den Kuss hat sie auch nicht erwidert", fügte er nachdenklich hinzu. Ich zuckte mit den Schultern. "Marie?" erkundigte er sich nach weiteren zwei Minuten. "Ja?" erwiderte ich. "Ist irgendetwas auf Ibiza geschehen?" fragte er weiter. "Leon, ich weiß es nicht", gestand ich. Ich versuchte ruhig zu reden und mir nicht anmerken zu lassen, dass ich etwas wusste.

Er sollte damit aufhören. Warum blieb eigentlich immer alles an mir hängen? "Aber du musst es doch wissen. Du bist ihre beste Freundin!" meinte er verzweifelt. "Leon, ich sage jetzt nichts mehr", erklärte ich und schaute aus dem Fenster. Seine Eltern schienen von unserer Unterhaltung nichts mitzubekommen. "Sie hatten etwas miteinander!" platze es plötzlich aus ihm heraus. "Nein, sie hatte nichts mit Jayden", versuchte ich zu beschwichtigen. "Ach, und woher weißt du dann, von wem ich rede?" konfrontierte er mich. Sofort drehte ich mich zu ihm. Er blickte mir tief in die Augen. Verdammt, ich hatte mich verraten. "Wie gesagt, ich sage nichts mehr", sagte ich. "Ich glaube es nicht. Sie hatte etwas mit diesem Bastard!" rief er wütend aus. "Was hast du überhaupt gegen ihn? Er ist total nett. Du kennst ihn doch gar nicht!" verteidigte ich Jayden. "Oh doch, ich kenne ihn besser als du denkst. Besser als ihr alle zusammen!" konterte er. Seine Eltern schauten nun kurz nach hinten zu uns.

"Wie lange schon?" hakte ich nach. "Zwei Jahre!" gestand er. "Genau... Warte, was? Zwei Jahre?" realisierte ich. "Leon, da war doch der Vorfall mit..." begann ich, doch er unterbrach mich wütend. "Halt die Fresse!" befahl er. "Oh nein, das werde ich nicht. Sag mir sofort, ob das wahr ist. War er der Junge damals? Aber sicher. Warum frage ich überhaupt noch? Das passt doch alles. Du kommst aus London, und Jayden, du bist auf ihn wütend, weil du ihm die Schuld für den Unfall damals gibst, und er ist wütend auf dich! Aber klar doch. Warum bin ich da nicht früher darauf gekommen", sagte ich fassungslos.

"Hör auf!" bat er verzweifelt. "Weiß sie etwas davon?" fragte ich. "Wer?" entgegnete er. "Sky." "Nein." "Warum?" "Marie, hör mir zu. Sky darf nie von dem Vorfall von damals erfahren!" erklärte er. "Ach denkst du, ich halte jetzt einfach meinen Mund und lasse zu, dass du meiner besten Freundin alles verschweigst? Das kannst du vergessen!" antwortete ich entschlossen. "Sie wird nie davon erfahren!" beharrte er mit zusammengebissenen Zähnen. "Oh doch. Das wird sie. Ich erzähle ihr alles. Soll sie auch so enden wie das Mädchen damals?" sagte ich wütend. "Du sagst es ihr nicht!" "Oh doch!" "Nein!" "Doch!"

Ich wusste von dem Vorfall. Aber auch nur, weil mir Hannis damals als wir ein paar treffen hatten, von ein paar Gerüchten erzählt hatte. Ich hatte es Sky nicht erzählt, da ich es für nur Gerüchte hielt. Doch nun hatte er mir indirekt bestätigt, dass da etwas dran war.

Wir schrien so lange herum, bis es auch seine Eltern merkten. Seine Mutter stellte das Radio ab. "Ähm, könnten Sie anhalten, ich habe etwas bei Sky vergessen", meinte ich. Leon schaute mich wütend an. "Aber, Kind, du kannst doch nicht nachts in der Dunkelheit hier herumirren", meinte sie besorgt. "Ich komme schon wieder allein nach Hause", versuchte ich sie zu beruhigen. "Nein, kommt sie nicht!" schrie Leon. "Oh doch." "Halt deine verdammte Fresse!" "Leon, wie redest du mit Marie", schrie jetzt sein Vater. "Das geht euch gar nichts an", schrie Leon zurück. Sein Vater schaute zu uns zurück. "Du bekommst Hausarrest! So redest du nicht mit uns!", maßregelte ihn sein Vater. "Schatz, schau nach vorne!", schrie Leons Mutter. Im nächsten Moment hörte ich einen Knall. Ich wurde an den Gurt gepresst. Ich spürte einen Schlag auf den Kopf. Auf einmal wurde alles dunkel...

I need you,  Idiot !Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt