Kapitel VIII

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Morgens wachte ich neben meiner Frau auf. Als ich mich abends ins Bett gelegt hatte, hielte ich ausreichend Abstand zu Anastasia, aber in der Nacht kuschelte sie sich an meine Brust und ich konnte einfach nicht widerstehen. Ich zog sie vorsichtig zu mir, immer darauf bedacht keine Kabel zu blockieren oder zu verschieben. Nun war es sechs Uhr in der Frühe und der Schlaf war mir vergangen. Mein Körper hatte sich bereits in den letzten Jahren an wenig schlaf gewöhnt, aber in den letzten Tagen war dieser noch geringer als üblich, weshalb ich jetzt auch schon wach war. Ich schob Anastasias Kopf leicht von meinem Oberkörper und ersetzte diesen mit einem Kissen. Ich drückte ihr einen Kuss auf die Stirn, bevor ich mich aus dem Bett schlüpfte und ins Ankleidezimmer schlich. Dort wählte ich eine dunkelblaue Anzughose und einen beigen Pullover aus und zog beides zügig an. Nachdem ich vorzeigbar war, nahm ich mein Handy von dem Nachtisch und ging aus dem Zimmer. Ich checkte meine Nachrichten und die erste SMS von Luca zauberte mir ein Lächeln auf die Lippen. Er und Vlad hatten Tabak in einem seiner Verstecke in Tirana gefunden und her gebracht. Sie waren vor zwei Stunden gelandet und ihn sofort in eine unserer Zellen gesperrt.

Ich verstaute mein Handy in der Hosentasche und sah kurz an mir herunter. Für diese Neuigkeiten war ich definitiv nicht passend angezogen und Blutflecken auf einem meiner Lieblingspullover zu riskieren war ganz und gar nicht in meinem Interesse, aber darauf scheißte ich jetzt. Wir hatten endlich eine Spur, seit Monaten das erste Mal einen Durchbruch, meine Kleidung war da zweitrangig.

Mit schnellen Schritten ging ich die Treppe runter. Es wird Zeit, dass ich wieder aktiv an die Arbeit ging. Meine Finger kribbelten bereits bei dem Gedanken daran, dass ich meine Wut endlich an jemandem auslassen konnte. Im Flur hörte ich Stimmen, welche aus dem Wohnzimmer kamen. Es waren Marco und Leonardo, die sich über etwas aufgeregt unterhielten. Meine Brüder waren so in ihr Thema vertieft, dass sie mich nicht bemerkten. Ich lehnte mich an den Türrahmen und beobachtete die beiden.
Wie erwartet stand hinter ihrem Gespräch keine tiefgründige Diskussion, sondern ein Streit darüber, ob körperlich oder psychologische Folter bei Tabak wirksamer wäre und wie immer lagen beide falsch.
"Ach bitte, Leonardo. Der Kerl hat täglich mit Auftragskillern zu tun. Scheiße, er ist selbst einer. Denkst du wirklich er hätte vor deinen Faustschlägen angst?" Verteidigte Marco hartnäckig seine Absicht, es mit einer physisch gewaltfreien Folter zu versuchen.
"Wer hat denn gesagt, dass ich ihn mit meinen Fäusten bearbeiten will? Für das was einer seiner Männer Anastasia angetan hat, werde ich ihm die Haut vom Gesicht ziehen. Ganz langsam, damit er jeden einzelnen Millimeter davon spürt, dann schneide ich ihm einen nach dem anderen Finger ab. Ich fange bei dem kleinen Finger an und zwinge ihn anschließend diesen aufzuessen, danach folgt der Ringfinger, bis alle Zehn in seinem Magen sind."
Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, auch wenn ich wusste, dass er das vollkommen ernst meinte.
Wenn die Situation ernst wurde, dann legte er einen Schalter ins seinem Kopf um und ließ sein dunkles Ich übernehmen. Wir alle zogen andere Seiten auf, wenn es um die Sicherheit unsere Familie ging, aber bei ihm war der Wechsel auffälliger. In solchen Momenten war nichts von seiner leichten und lockeren Art mehr zu sehen, diese Maske fällt und er wird zu seiner Mafia Version, welche ich ehrlich gesagt gerade mehr als nur begrüßte.

Meine Foltermethoden waren etwas weniger psycho, als die von meinem Bruder. Ich tendierte dazu meinem Opfer Schmerzen zuzufügen, ohne groß auf seinen Körper einzuwirken. Wenn man weiß wie und wo, dann muss man keine Schweinerei anrichten. In unseren Kreisen nannte man das die Profivariante, oder die elegante Weise. Leonardo hingegen suchte, wie es aussieht, seine Inspiration eher bei Männern wie Dahmer oder Gacy. Anders als Luca und Lorenzo, diese beiden standen mehr auf die psychologischen Spielchen, welche sie mit körperlichem Leid unterstützen. Lorenzo machte sich ungern die Finger schmutzig, weshalb er genauso wie ich auf die minimal Invasion zurückgriff. Luca aber schlug zu, fest und immer auf die Stellen, die am meisten wehtaten, oft stellte er die Fragen erst im Nachhinein.
Riccardo hielten wir aus solchen Angelegenheiten raus. Er war mehr der Mann im Hintergrund, welcher uns Information zuspiele, aber niemals selbst Hand anlegte. Und Marco, nun ja er hatte seine Taktik noch nicht gefunden und probierte alles einmal aus. Fuck war meine Familie verkorkst.

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