Kapitel LXXXI

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Dante

Rückblende

Nachdem Luca mit seinen Witzen über Anastasias Schwangerschaft fertig war, gingen wir ins Innere.
In der Mitte der Lagerhalle stand ein Stuhl, auf dem niemand geringeres als Juan Lee saß.
Der Boss der Triade machte es sich in meinem Gebiet gemütlich und was noch viel schlimmer war, er zitierte mich zu sich.
Mit wütendem Gesichtsausdruck drehte ich mich zu meinem Bruder um.
"Juan Lee ist hier?!" Der Ton meiner Stimme ließ deutlich auf meinen Unmut schließen. Luca hatte zwar erwähnt, dass es Probleme mit ihrer Lieferung gab, ich hätte aber nicht erwartet den Boss der Triade in meiner Lagerhalle vor zu finden.
"Hab ich das nicht gesagt?!"
Natürlich hatte er das nicht. Er wusste genau, dass mein Auftreten dann nicht so locker gewesen wäre.
Ich biss die Zähne zusammen und trat weiter hin.
"Juan Lee, was verschafft mir die Ehre?"
Der alte Chinese lehnte sich gelassen auf seinem Stuhl zurück und blickte mich amüsiert an.
Seine Hand lag auf dem Handgriff seines Gehstockes, welches er neben sich abgestellt hat. Es war ein silberner Kobrakopf und die Augen der Schlage bestanden aus roten Steinen.
"Ich wollte die italienische Gastfreundschaft genießen und da fiel mir Sizilien ein."
Seine Miene blieb amüsiert, während es bei mir brodelte.
Dieser Bastard hatte die Eier hier her zu kommen und mich dreckig anzulächeln, aber wenn er unsere Gastfreundschaft genießen möchte, dann kann ich behilflich sein.
Ich ballte die Hände zu Fäusten und versuchte ruhig einzuatmen. Ich musste mich sehr beherrschen, um ihm nicht an die Gurgel zu gehen.
"Komm zum Punkt, Lee!" Meine Stimme war leise, doch bestimmt. Je schneller er mir sein Problem mitteilet, desto schneller kann ich ihn aus meiner Lagerhalle schmeißen.
"Ganz ruhig mein Junge. Wir haben noch genug Zeit, um die Details zu besprechen. Lass deine Männer Wasser aufkochen und uns einen Tee machen, dann sprechen wir über die laufenden Geschäfte." Der Triaden Boss musterte mich eindringlich, ehe er sich in seinem Stuhl wieder nach hinten lehnte.
Von wegen Geschäft! Natürlich wusste ich, dass er nicht hier war, um seine Lieferung zu besprechen oder ihre Richtigkeit zu überprüfen. Der Ruf unserer Mafia stand über der aller!
Noch nie hatten wir eine Lieferung nicht zum Kunden gebracht oder unser Wort gebrochen, weder mein Großvater, mein Vater oder ich.
Es gab für ihn also keinen Grund mir nicht zu vertrauen. Zu mal die Yakuza ihre Anführer durch unsere Hand verloren hatte und gerade eine eigene Revolte in Japan abhielten. Die kleinen Gangstergruppen kämpften gerade um den Thron und bis eine von ihnen es schafft die neue Führung zu bilden, hat Luan Lee leichtes Spiel auf ihrem Gebiet. Er sollte mir dankbar sein und mich nicht mit solchen Vorwürfen beschämen.

Ich baute mich selbstbewusst vor Juan Lee auf. Seit meinem Antritt zum Don wurde ich zum ersten mal von einem der andren Führern herausgefordert.
Eigentlich hoffte ich, dass mir noch ein paar Monate bleiben würden, bis sie sich um mich versammeln und die Stabilität meiner Stellung hinterfragen würden.
Es stand außer Frage, dass er mit dieser Aktion versuchte sich heranzutasten, doch dazu würde ich ihm keine Gelegenheit geben.
Ich gab Christiano ein Zeichen, dass Wasser aufzusetzen und setze mich auf den vorbereiteten Platz, gegenüber von Juan Lee.
"Während wir auf den Tee warten, können sie ja schon mal einfangen zu erzählen." Ich sizte ihn absichtlich und ganz sicher nicht aus Höflichkeit. Zum einen sollte er wissen, dass ich ihn für einen Dinosaurier hielt, aber wichtiger war es mir, so viel Distanz wie möglich zwischen uns zu schaffen.
Ich saß steif auf meinem Stuhl, die Augen strikt auf meinem Gegenüber gerichtet.
"Ich schätzte Geduld erlernt ein Don erst mit der Zeit, doch du hast Glück. Ich bin nicht hier um dich herauszufordern oder deinen Platz zu beanspruchen."
Er umfasste wieder den Schlangenkopf auf seinem Stock und ich beobachtete jede seiner Bewegungen.
Denkt er wirklich, dass ich mir von ihm eine Lektion über Geduld und Don Verhalten anhören würde?
Wenn ja, dann hat er falsch gedacht!

"Klartext, Lee!" Mir war egal, dass man deutlich meine Ungeduld heraushören konnte. Ich hatte besseres zutun, als Smalltalk mit ihm zuführen und Tee zu trinken. Diese chinesische Etikette, ein Geschäftsgespräch erst mit einer Tasse Tee in der Hand zu beginnen, ging mir jetzt schon auf die Eier.
Christiano brachte den Tee und stellte in auf dem kleinen Glastisch zwischen uns ab.
Juan Lee führte seinen Tasse an den Mund und nahm zögernd einen Schluck.
"Nicht umsonst bestellt man in Italien eher einen Espresso." Er verzog die Miene über den Geschmack des Tees, stellte seine Tasse wieder ab und lenkte seine Aufmerksamkeit auf mich.
Ich ließ seinen Kommentar unbeantwortet, da ich immer noch auf den Grund seines Kommens wartete.
"Aber gut, ich will die mir entgegengebrachte Gastfreundschaft auch nicht überstrapazieren."
Wurde aber auch Zeit!
"Mein Besuch dient in erster Linie dem Erhalt unserer jungen Partnerschaft. Ich muss die Interessen meiner Behörde verfolgen und im Augenblick liegen sie in dem Geschäft mit ihnen."
Ich verdrehte die Augen. Wir führten zwar erst Zeit knapp einem Jahr Geschäfte mit den Chinesen, doch kann ich Juan Lee bereits seit Jahren. Bevor wir selbst Geschäftspartner wurden, war er der Feind der Yakuza und damit indirekt unserer. Wir analysierten die Triade bis ins kleinste Detail, um Hiroto die besten Waffen gegen sie liefern zu können. Unter diesen Informationen waren auch einige über den Boss selbst.
Seine Art, die Mafia eine Behörde zu nennen, war so typisch für Männer wie ihn. Juan Lee gehörte zu der alten Generation, zu der meines Großvaters. Sie neigten dazu ihr Geschäft als Behörde zu betiteln, anstatt als Mafia, da sie die Meinung vertraten sie würden nicht nur Handel betreiben. Die ältere Generation mochte es gar nicht, wenn man Mafiosi als einfache Business Männer abstempelte, für sie waren wir so viel mehr.

"Und dafür bist du extra her gekommen? Ich wusste nicht, dass ich dir einen Anlass zur Sorge gegeben hatte."
Es war zwar nicht unüblich, dass sich die anderen Bosse nach einem Führungswechsel mit dem neuen Don trafen, doch seine Eile überraschte mich. Für gewöhnlich vergehen ein paar mehr Monate, da man abwartete wie sich der neue Don verhält, ehe man ein Treffen erbittet.
"Es ist noch zu früh um von Sorgen zu sprechen, doch du wirst mir zustimmen, dass ich Grund dazu habe sicherstellen zu wollen, dass unsere Verträge unter den gleichen Umständen weiter bestehen werden, wie zuvor."
Ich ließ ein paar Minuten verstreichen, ehe ich zustimmend nickte.
Ich würde den Handel mit der Triade so weiterführen, wie mein Vater es getan hatte, zumindest für erste. Das galt für alle unsere Unternehmen. Ich hatte gerade zu viel mit meiner Familie und Wasili Petrov zutun, als das ich mich den Geschäften ins Detail widmen könnte.

"Das freut mich zu hören. Ihr Vater hat sie doch weiser erzogen, als ich zunächst angenommen hatte." Kann dieser Mann auch einen Satz äußern, ohne gleich im Nächsten eine Beleidigung einfließen zu lassen?!

"Wo wir gerade von ihrer Familie sprechen, wie geht es Ihrer Frau?"
Das hätte er nicht tun sollen!


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