Kapitel LXXXV

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"Genau kann ich dir das nicht beantworten, Liebes. Aber wenn ich den Gesichtsausdruck deines Mannes richtig gelesen hatte, dann hat er die Antwort darauf."
Mit Dante beschäftige ich mich später. Es gab auch noch die Sache, dass er Fabio nach Isabell gefragt hatte. Aber ehe ich mich damit befassen konnte, musste ich das hier abschließen.
"Zurück zu unserem Hauptthema. Ich will alles wissen, was du weißt!"
Ich lenkte unser Gespräch wieder auf meine Mutter und ihren Tod.
Onkel Boris sah mich wieder mit einem eindringlichen Blick an. Ich wusste, dass er nicht wieder darüber reden wollte, doch auf diese Gefühle konnte ich jetzt keine Rücksicht nehmen. Ich wartete schon viel zu lange darauf, dass dieses Geheimnis gelüftet wurde.

"Nachdem wir dich befreien konnten fand ich einen Brief in meinem Briefkasten. Er war von deiner Mutter. Sie bat mich auf euch aufzupassen und euren Vater in Schach zu halten. Besonders wichtig war ihr, dass er dich nicht wegen seinen Zielen verheiratet."
Ich rollte mit den Augen, war das sein ernst?
Da hat er aber einen guten Job gemacht!
"Sieh mich nicht so an, Prinzessin. Ich hab drei deiner möglichen Verlobungen platzen lassen, wenn es nach deinem Vater gegangen wäre, dann wärst du seit fünf Jahren mit einem seiner Kartellbossen verheiratet."
Erschrocken riss ich meine Augen auf. Wie bitte? Er hatte bereits vor Dante Ehemänner für mich aufgesucht?!
"Und warum hast du dann die Ehe mit Dante nicht verhindert?" Ich stellte diese Frage nicht, weil ich das Verlangen hatte, dass unsere Ehe verhindert hätte werden sollen, sondern weil ich neugierig war. Wieso ließ er diese arrangierte Ehe zu?
"Willst du das denn jetzt?"
Ich musste keine Sekunde über seine Frage nachdenken, also schüttelte ich den Kopf.
"Genau deshalb. Auch wenn die Martinellis unsere Feinde sind, wusste ich, dass Dante die beste Wahl für dich war. Die Familie steht bei ihnen an erster Stelle und genau das wollte ich für dich."
Wenn er das so sagte, konnte ich seinen Entschluss verstehen. Anscheinend waren die anderen Kandidaten meines Vaters so schlimm, dass mein Onkel sich mit dem Feind zufrieden gab.
"Gut, genug von den nicht entstandenen Verlobungen und meiner Ehe. Ich will wissen wieso du so lange geschwiegen hast."
Seine kurze Ausschweifung ließ mich fast vergessen worum es in unserem Gespräch wirklich ging.
Boris schloss kurz seine Augen und atmete einmal tief durch.
"Wie es aussieht wirst du nicht locker lassen." Anschneidend diente seine knappe Erzählung nicht nur dazu, um mich in die Geschehnisse einzuweihen, sondern auch dazu mich abzulenken.
Ich schenkte ihm einen wartenden Blick, was ihn dazu veranlasste weiter zusprechen.
"Er ist mein Bruder, Anastasia. Dieses Monster, welches das Leben von uns allen und vor allem das deiner Mutter zerstört hat, ist mein Bruder, mein Fleisch und Blut."
Ich versuchte mich in ihn hinein zu versetzten und zu verstehen, was er mir damit sagen wollte. Ich dachte an Ivan und daran, dass ich mir nicht vorstellen könnt ihm in den Rücken zu fallen. Natürlich hatte mein Bruder nicht einmal zehn Prozent von dem Bösen, welches seiner im Herzen trug, doch selbst wenn Ivan seine Seele verdunkeln sollte, ich würde ihn nicht verlassen.
"Aber was mich noch viel mehr an ihn bindet ist, dass ich sein Cape bin. Ich hab geschworen ihm zu dienen und seine Interessen zu schützen."
Daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Unsere Familie nahm den Blutschur, welchen ein Cape leisten muss, sehr ernst. Es war nicht nur der Tod, welchen man fürchten musste, sollte man seinem Don in den Rücken fallen, sondern den aller seiner Nachkommen. Ein solcher Bruch des Vertrauens und der Ehre legt einen enormen Schatten auf den gesamten Stammbaum. Onkel Boris hatte zwar keine Kinder, aber sollte er mal welche bekommen, dann hätte er sie dadurch gefährdet. Sie alle würden sterben.
"Aber warum dann jetzt? Was hat sich geändert?"
Mein Verstand versuchte alles zusammen zu fügen und auch die letzten Puzzleteile zusammen zufügen.
Wieso erzählte er mir das jetzt alles, wenn er immer noch sein Cape war? Immer noch sein Bruder?!
"Weil es an der Zeit war."
Oh bitte, nicht wieder diese kryptische Antwort. Ich wollte Fakten, eine Antwort mit der ich etwas anfangen konnte und nicht dieses wischi waschi Gelaber.
"Onkel bitte, ich hab es so satt, dass sich alles nur nach und nach fügt. Ich will die Antwort jetzt! Und ich will sie vollständig."
Er überlegte kurz, nickte dann aber.
"Ich bin nicht mehr sein Cape, Anastasia. Ich hab die Mafia verlassen und auch ihn."

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