Kapitel XCVI

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Dante

Als wir nach einem nervenaufreibendem zwölf Stunden Flug in Witebsk in Weißrussland landeten, organisierte Vlad eine sichere Einfahrt nach Moskau. Wir teilten uns auf zwei Jeeps auf und machten uns auf den Weg zur Hauptstadt. Die Fahrt würde etwas mehr als sechs Stunden einnehmen und ich nutzte die Zeit, um mir einen Plan zurecht zulegen.
Ich verhing eine Funkstille, bis wir genau wussten mit was wir zusammen stoßen würden. Wir konnten es uns nicht leisten aufgrund eines Telefonats aufgespürt zu werden.
Als Ivan sein Gebiet verließ war es sich nicht im Klaren, wie viel Macht er uns sein Vater jeweils noch hatten. Die russische Mafia war offizielle gespalten und hatte nun zwei Anführer, welche beide in einem Machtkampf standen. Die Frage war jetzt nur, wer mächtiger war.
Ivan war sich sicher, dass einige seiner Männer loyal hinter ihm standen und ihm folgen werden, jedoch gab es genauso viele, die Wasili folgten.
Bevor wir also anfangen konnten zu handeln, brauchten wir eine Übersicht über die derzeitige Situation in Moskau.

"Ich glaube ich bringe Laura eine Matrjoschka mit." Marcos Stimme drang vom hinteren Sitz bis zu mir nach vorne. Genervt verdrehte ich die Augen.
Er sprach seit einer Stunde von nichts anderem mehr, als dem Mitbringsel, den er seiner Freundin mitbringen wollte.
"Matrjoschka? Ist das nicht diese dicke Frau, die kleine Versionen von sich selbst in sich herumträgt?" Bei Leonardos Beschreibung der russischen Holzpuppe verzog ich verwundert die Augenbrauen. Wer in Gottes Namen beschreibt bitte eine nationale Symbolik auf eine so abgedroschene Art und Weise?
"Die Frau ist nicht dick, sie muss so breit sein, weil da noch weitere Matrjoschkis in ihr sind."
Ich versuchte nicht weiter zuzuhören, sondern mich auf wichtigere Dinge zu konzentrieren, doch diese Vollidioten wollten nicht still sein.
"Matrjoschkis?! Das klingt nicht richtig." Ich hätte nie gedacht, dass Leonardo mal jemanden grammatikalisch korrigieren würde.
"Matrjoschki dann!" Ach Madonna, sinnloser könnte diese Unterhaltung nicht mehr werden. "Matrjoschkas, verdammt nochmal. Die Mehrzahl ist Matrjoschkas und es ist ein wunderschönes und bedeutendes Symbol meiner Kultur. Diese "Puppe", wie ihr sagt, ist eines der beliebtesten Spielzeuge der alten Zeit und steht für eine mütterliche Figur."
Vlad muss genauso wie ich genug von ihrem Gelaber gehabt haben, denn er unterbrach die beiden Holzköpfe und gab ihnen eine kleine Lektion in der russischen Kultur.
"Entschuldige, Vlad. Wir wollten nicht herablassend klingen." Mein Blick flog zum Rückspiegel und ich konnte sehen, wie Vlad Marco langsam zunickte, als Zeichen, dass er die Entschuldigung annahm.
"Ich denke, dass es ein gutes Geschenk für Laura ist." Vlad fing an zu grinsen und ich wusste, welcher Gedanke durch seinen Kopf flog.
Matrjoschkas symbolisierten nicht nur die Mutter oder die Matrona in Russland, sondern war auch ein Zeichen von Fruchtbarkeit.
Vlad fing meinen Blick im Spiegel ein und hob seinen Zeigefinger an die Lippen. Er muss anhand meines Gesichtsausdrucks verstanden haben, dass ich wusste worauf er anspielte. Ich schüttelte bloß den Kopf, sagte aber nichts zu meinem unwissenden Bruder.
"Gut, dann wird es die Matrjoschka."
Ich vertiefte mich wieder in meine Unterlagen. Wir mussten endlich eine Spur von Isabella finden und sie nach Hause bringen. Die Zeit rannte uns davon und wir waren immer noch kein Stück weiter gekommen. Die Jungs unterhielten sich weiter über belanglose Sachen und ich wusste, dass das ihre Art war damit umzugehen. Auch wenn ich ihnen nicht aufmerksam zuhören, so zog ich diese Hintergrundgeräusche einer erdrückenden Stille vor.

Am morgen des nächsten Tages kamen wir in Moskau an und ließen uns in einem vier Zimmer Apartment am Rande der Stadt nieder. Ich gab den anderen einige Stunden zum Ausruhen und tat das selbe für meinen Körper, auch wenn mein Geist sich nicht beruhigen ließ.
Es war bereits einen Tag her, dass ich Anastasias Stimme gehört hatte und ich konnte nur hoffen, dass alles gut war. Sobald wir zum Handeln übergehen werden, rufe ich sie an und hebe die Funkstille für einige Minuten auf. Es juckte mich in den Finger das Telefon zu nehmen und sie anzurufen, doch die Regeln, die ich für alle aufstelle, gelten auch für mich.
Jedoch benötigte ich all meine Willenskraft um diese einzuhalten. Ich hatte das ungute Gefühl, dass sie ohne meine Kontrolle irgendetwas anstellt. Diese Frau kann nicht ruhig sitzen bleiben. Jedes Problem, welches sich innerhalb von fünf Meilen aufhielt, zog sie auf magische Art an, wie ein Magnet.
Ich ließ meinen Kopf wieder auf das Kissen fallen und schloss meine Augen, vielleicht schaffe ich es so etwas zu schlafen.

Ace of Hearts IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt