Kapitel LI

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Ich spürte, wie sich ein Druck an meiner Hüfte entfaltete. Ich war immer noch unglaublich müde, weshalb ich meine Augen geschlossen hielt und mich tiefer in mein Bett kuschelte. Der Duft meines Kissens beruhigte meine Sinne und ein Gefühl von Sicherheit breitete sich in mir aus. Es war so stark, dass ich selbst im Halbschlaf wusste, dass ich Zuhause war, sicher in unserem Bett lag. Ein leichter Druck an meinem Scheitel verabschiedete mich wieder in den Traum und ich fiel in meine zweite Schlafphase.

Als ich erneut aufwachte, öffnete ich diesmal meine Augen. Ich lag immer noch in derselben Position, nur dass ich jetzt meine Umgebung wahrnehmen konnte. Das, was ich für mein Kissen hielt, war in Wirklichkeit mein Mann. Ich lag auf Dantes Brust, das Gesicht in seinem T-Shirt vergraben und genoss den süßen Duft seines Parfums.
Er selbst schlief noch, weshalb ich mich nur vorsichtig bewegte. Ohne ihn zu wecken, rutschte ich einige Zentimeter nach oben und sah ihn mir aufmerksamer an. Obwohl er schlief, konnte ich die Anspannung in seiner Miene erkennen. Er hatte eine leichte Falte auf der Stirn und auch seine Augenbrauen waren zusammen gezogen. Ich strich mit meinen Fingerspitzen sanft an seinem Haaransatz entlang.
Danach platzierte ich meinen Kopf neben seiner Schulter und versteckte mein Gesicht in seiner Halsbeuge.

Ich genoss die Nähe zu ihm, während ich seinem gleichmäßigem Atem lauschte. Mein Kopf dröhnte noch etwas und die Bilder des Vortages prasselten auf mich ein.
Doch diesmal ließ ich mich nicht von den Erinnerungen übermannen. Ich hielt die Flut zurück, soweit, dass ich mich auf einzelne Bilder konzentrieren konnte. Ich erinnerte mich an Fabio, Dantes Büro, an das Gefühl seiner Waffe in meinem Rücken und auch an den Schmerz in meinem Arm, als er mir die Spritze setzte.
Ruhig und chronologisch ordnete ich die Ereignisse in meinem Gedächtnis an und fuhr dabei rhythmisch mit den Fingern über Dantes Brust.

Die Zeit war wie stehen geblieben und fast wäre ich ein weiteres Mal in den Schlaf abgedriftet, hätte mich das leise Klopfen an der Tür nicht davon abgehalten.
Achtsam kletterte ich aus dem Bett und machte mich mit langsamen Schritten auf den Weg zur Zimmertür.
Ich wusste nicht wie spät wir es hatten, oder welcher Tag heute war, sodass ich mich gar nicht erst daran machte zu erraten wer es sein könnte.

Verschlafen öffnete ich die Tür, doch die Person, welche ich dort stehen sah, war definitiv eine der wenigen mit denen ich gerechnet hätte.
Letizia Martinelli stand im ihrem üblichen oldmoney Zweiteiler vor mir. Ihre Haare waren voluminös aufgekämmt und auch ihr Makeup wurde tadellos ausgetragen. Diese Frau überließ aber auch nichts dem Zufall.
Komplett geschockt sah ich sie an. Soll ich die Tür einfach wieder zumachen? Wäre das unhöflich?
"Ähm? Dante schläft noch, soll ich ihn rufen?" Am besten ich schieb die Verantwortung einfach an ihn ab. Auch schätzte ich, dass sie wegen ihm hier war.
"Nein, lass ihn schlafen. Er hatte einen ansprengenden Tag und braucht jetzt Ruhe." Ihre Miene verzog sich kein Stück und ich konnte nicht abschätzen mit welcher Laune sie diese Anmerkung von sich geben hatte. War da ein Klang von Vorwurf drinnen? Oder war es ihr normaler kalter Ton?
Ich wurde einfach nicht schlau bei dieser Frau.
Moment mal, wenn sie nicht wegen Dante hergekommen war, wieso dann?
Oh Gott, bitte lass sie nicht wegen mir hier sein.

Immer noch wartend sah ich sie an, doch Letizia machte nicht den Anschein, als wollte sie mir den Grund für ihr kommen in nächster Zeit mittteilen.
Lieber ließ sie ihren Blick über mich leiten.
Ich folgte ihren Augen und erstarrte ein weiteres mal. Ich trug Dantes Hemd, nur sein Hemd.
Zum Glück war es zugeknöpft, sodass man nur meine nackten Beine sehen konnte, aber da ich gerade vor der Großmutter meines Mannes stand, war es trotzdem mehr als nur peinlich.
Wie bin ich überhaupt in dieses Hemd gekommen? Wenn ich mich recht erinnerte, dann trug ich auf der Verlobung ein babyblaues Kleid.
Dante muss mich umgezogen haben.
Mit roten Wagen zog ich die Tür ein Stück zurück und versteckte mich hinter dem Holz.
"Wenn du dich gesund genug fühlst, dann wäre ich dir sehr dankbar, wenn du dir etwas passendes Anziehen würdest und mich dann im Garten triffst."
Ohne meine Antwort abzuwarten, machte die eiskalte Lady auf dem Platz kehrt und ging den Flur entlang, Richtung Treppe.

Mit verwirrtem Gesichtsausdruck schloss ich die Tür ganz und machte mich auf den Weg ins Ankleidezimmer.
Was wollte sie von mir?
Seid ihrer Ankunft von vor ein paar Wochen hatte sie noch nicht einmal das Gespräch mit mir gesucht.
Bei dem Wort Gespräch musste ich gedanklich auflachen, diese Frau hat noch nicht einmal ein Wort mit mir gewechselt und jetzt wollte sie sich mit mir treffen.
Das verhieß nichts gutes.
Mit Sicherheit werde ich mir einiges Anhören müssen und ich weiß nicht, ob ich eine solche Unterhaltung gerade ertragen würde.

In meinem Kopf spielten sich weitere Szenarien des angekündigten Gespräches ab, während ich mir eine schwarze High-waist Jeans und einen weißen oversized Pullover anzog.
Meine Haare band ich zu einem hohen Pferdeschwanz zusammen und riskierte einen Blick in den Spiegel.
Meine Haut war blass und hatte jeglichen Glanz verloren. Ich sah krank aus, fast ungesund, aber das was nach dem was vorgefallen war auch zu erwarten.
Zudem kamen auch noch die tiefen Augenringe, welche meinen neuen Look vervollständigten.

Nachdem ich mir im Bad noch die Zähne geputzt und das Gesicht gewaschen hatte, machte ich mich auf den Weg in den Garten. Auch wenn mein Äußeres eine solche Vermutung wahrscheinlich nicht zulassen würde, fühlte ich mich gut. Meine Kopfschmerzen hatten nachgelassen und auch sonst schien das Mittel keine Nachwirkungen in meinem Körper zurückgelassen zu haben.
Wenigsten eine positive Sache.

Als ich durch die Terassentür hinaus trat, bemerkte ich, dass die Sonne bereits dabei war unter zugehen. Die Abendröte bot noch genügend Licht um die Umgebung ausreichen wahrzunehmen, doch man hatte die Gartenbeleuchtung bereits eingeschaltet.
Es war bereits Abend, oder war es noch Abend?
Mein Zeitgefühl war vollkommen durcheinander.
Wann war die Verlobung? Gestern oder heute?
Wie lange hab ich geschlafen?
Während meine Gedanken mit diesen Fragen beschäftigt waren, trat ich weiter ins Innere des Gartens.
Letizia saß an einem Tisch, einige Meter von mir entfernt. Der Tisch war mit zwei Tassen und einer Teekanne gedeckt.
Hatte sich mich jetzt ernsthaft zum Tee trinken herunter gebeten?
Diese Situation wird von mal zu mal seltsamer.

Ohne ein Wort zu sagen ging ich zu ihr herüber und setzte mich auf den freien Stuhl.
Meinen Blick hielt ich dabei zum Garten gerichtet, um Letizia nicht direkt ansehen zu müssen.
Im Augenwinkel konnte ich jedoch sehen, wie sie uns beiden etwas Tee einschenkte und dann ebenfalls in die Ferne sah.
Danach vergingen einige Minuten des Schweigens. Keiner von uns beiden sagte auch nur ein Wort.
Stattdessen genossen wir die Stille und die Abendluft.

"Du fragst dich bestimmt, wieso ich dich hierher gebeten habe."
Damit traf sie eindeutig ins Schwarze. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ich wäre nicht neugierig. Diese Frau ignorierte mich bei jeder Gelegenheit. Nicht nur das, sie versuchte auch noch Dante auf ihre Seite zu ziehen.
Also ja, ich wollte unbedingt wissen, wieso ich hier war, doch anstatt zu antworten, nickte ich bloß.

"Es geht um deine Ehe mit meinem Enkel!"

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