Kapitel XX

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Ich hielt mir mit einer Hand den Mund zu.
Die Stimmen der beiden verstummten und es waren Schritte zu hören. Auch wenn ich jetzt fliehen würde, ich wäre in meinem Zustand niemals schnell genug. Das sicherste wäre erstmal abzuwarten.
Die Schritte kamen näher und mein Herzschlag beschleunigte sich. Immer noch mit der Hand auf dem Mund, versuchte ich meine Panik zu unterdrücken.

Scheiß! Was mach ich jetzt.
Der Adrenalinspiegel in meinem Blut stieg enorm und ich machte mich schon darauf gefasst gleich in die Gesichter der beiden zu sehen. Leonoras Worte spielten sich in meinem Kopf, wie am Laufband, immer und immer wieder ab. Doch im Augenblick hatte ich mich auf etwas anderes zu konzentrieren, wieso ich meine Innere Stimme, so gut es ging, verdrängte.

Gerade als ich dachte, dass mein Herz gleich aus meiner Brust springt, wurden die Schritte wieder leiser.
Ich überwand die Angst in mir und sah vorsichtig wieder um die Ecke. Diesmal war keine Menschen Seele zu sehen, was mich für eine kurze Sekunde nur noch mehr erschreckte, da ich nun keine Ahnung hatte, wo die beiden waren, doch dann vernahm ich Schritte von der anderen Seite des Pfades. Die beiden müssen sich zum passieren die andere Seite des Hauses ausgesucht haben und waren mir deshalb nicht begegnet.
Erst jetzt nahm ich die Hand von meinem Mund weg und atmete erleichtert aus. Das hätte verdammt schief gehen können, besonders, da ich mir jetzt sicher war, dass die beiden etwas ausheckten.
Leonoras Visage war mir schon immer ein Dorn im Auge gewesen, aber Fabio neben ihr stehen zu sehen überraschte mich.
Natürlich war er nicht Dantes Lieblingscousin und die beiden hatten ihre Probleme und auch bei mir wurde er in letzter Zeit ziemlich aufdringlich, aber dass er mit der Schlage im Garten geheime Treffen abhält, hätte ich nie gedacht.

Meine Vernunft meldete sich zum Wort und versuchte das gesehene aus einem anderen Winkel zu betrachten. Vielleicht waren die beiden nur befreundet und machten gemeinsam einen Spaziergang durch unseren Garten? Oder vielleicht bahnt sich ja eine Liebesbeziehung zwischen den beiden an? Doch sobald ich diesen Gedanken zu ende geführt hatte, tauchten auch schon wieder die Gesprächsfetzten ihrer Unterhaltung wieder in meinem Kopf auf.
Ich war mir zu hundert Prozent sicher, dass ich Leonora sagen hörte, dass sie hier alles tat, was Fabio von ihr wollte.

"Anastasia!" Eine laute Stimme schrie meinen Namen und allein an dem autoritären Ton wusste ich, dass sie meinem Mann gehörte.
Anstatt zu antworten ging ich in seine Richtung und grübelte darüber nach, ob ich es ihm sagen sollte. Aber was genau sag ich Dante? Ich hab deine Ex und deinen verhassten Cousin im Garten zusammen gesehen und ich glaube die beiden stecken unter einer Decke, auch und übrigens, sie tut alles was er will.

Jetzt wo ich es nochmal gedanklich aussprach fiel mir auf, wie wenig das war. Ich meine sie arbeitet in diesem Haus. Sie könnten auch über ein Glas Wasser gesprochen haben, welches sie ihm gebracht hatte. Er bittet darum und sie bringt es, so hätte sie auch getan was er wollte. Und die Sache, dass sie mich auf seine bitte hin in Ruhe ließ war auch kein wirklicher Beweis, den jeder in der Familie würde das von ihr verlangen. Die Tatsache, dass sie mich dabei seine geliebte Anastasia nannte konnte ich ebenfalls nicht erwähnen, wenn ich keinen Familienmord sehen wollte.
Was bleibt dann noch über? Genau nichts!
Mal wieder hatte ich nichts und das kotzte mich an.

Ich traf Dante auf halben Weg und als ich seinen Gesichtsausdruck sah, wünschte ich mir, dass ich noch langsamer gegangen wäre. Mit eiskalter Miene und zusammen gezogenen Augen begrüßte er mich.
"Hab ich gesagt, dass du raus darfst?" Donnerte er mir seine theoretische Frage entgegen. Grob, aber immer noch vorsichtig umfasste er meinen Amr und zog mich hinter sich zurück ins Haus.

Jetzt reicht es mir aber! Was war sein verdammtes Problem?
Wütend riss ich meinen Arm los und unterdrückte den Schmerz in meiner Brust, welcher durch meine ruckartige Bewegung erwachte. Dante drehte sich ebenso schnell zu mir um und ich könnte schwören, dass er gleich explodiert, doch diesmal kam ich ihm zuvor.
"Was ist nur los mit dir?" Meine Augen feuerten Giftpfeile in seine Richtung und auch mein Kiefer spannte sich vor Wut an.
"Die Frage sollte ich lieber dir stellen? Wie kann man nur so leichtgültig mit seiner Gesundheit umgehen? Zuerst sprichst du eine Stunde nachdem wir zu Hause ankamen dein Versprechens und verlässt das Bett und jetzt weitest du deinen Spaziergang auch noch nach Draußen aus." Dantes Kreuz spannte sich an. Er hob seine Hände an, in die Höhe seiner Brust, als würde er die große von etwas zeigen.
"Aber wenn du dich unbedingt umbringen willst, dann bitte! Mach nur. Ich hab die Schnauze voll hinter dir her zu laufen und aufzupassen, dass du dich nicht selbst gefährdest."
Mir stockte der Atem, als wäre ein Apfelgroßer Kloß in meinem Hals, der mir die Luft abschnürte und egal wie stark ich schluckte, er ging nicht weg.
Mit aufgerissenen Augen sah ich ihn an. Hatte er das gerade wirklich gesagt?
Das kann er doch nicht ernst meinen.
"Arschloch!" War alles, was ich über meine Lippen bringen konnte. Ich spuckte es ihm förmlich ins Gesicht und wandte mich ab zum Gehen, doch blieb ich dann wie erstarrt stehen.
Der Türrahmen, durch welchen ich gerade ins Haus gehen wollte, war bereits besetzt.
Kalte dunkelblaue Augen sahen mich an und ich könnte schwören, das alleine dieser Blick mich kälter fühlen ließ. Die Gänsehaut auf meinen Armen war der Beweis dafür.

"Und wieso sollte ein Spaziergang deine Frau umbringen?" Letizias Stimme schnitt mir ins Trommelfell und ich zuckte sogar leicht zusammen. Ich spürte, wie Dante sich hinter mir schnell umdrehte und zu seiner Großmutter sah.
Ich schätzte unsere vorgetäuschte Show war hiermit offizielle aufgeflogen.
Aber damit konnte er sich jetzt herumschlagen. Ohne ihn anzusehen ging ich an der ältesten Seniora Martinelli vorbei und ließ meinen Mann mit ihr alleine.

So schnell wie mein Körper es erlaubte, ging ich die Treppe hinauf in unser Zimmer.
Alles andere war gerade vergessen. Keine Leonora, kein Fabio und auch keine giftige Großmutter spielten gerade die Hauptrolle in meinen Gedanken. Alles woran ich denken konnte waren Dantes Worte.
Aber wenn du dich unbedingt umbringen willst, dann bitte!
Wie kann es das nur so gleichgültig sagen und dann auch noch so, als wäre ich Selbstmord gefährdet.
"Ahhh!"
Ich machte meiner Wut Raum und ließ alles raus.

Der kann was erleben. Ohne eine Sekunde mehr zu vergeuden ging ich zum Ankleidezimmer hoch und griff nach einem Nachtkleid, Unterwäsche und ein paar Shirts und Hosen. Danach schritt ich zurück nach unten und sammelte den Rest meiner wichtigen Sachen zusammen. Die Kleidung, mein Handy, Laptop, sowie ein paar Bücher packte ich alles zusammen und steckte es in eine meiner großen Gucci Taschen.

Ich warf sie mir über und ging aus dem Zimmer. Meine Füße trugen mich den Flur entlang, bis ich in meinem alten Zimmer ankam. Ich öffnete die Tür und schmiss meine Tasche aufs Bett. Meine Finger legten sich um das kalte Metall des Schlüssel und ich drehte ihn einmal um, sodass die Tür abgeschlossen war.

Danach ließ ich mich erschöpft an der Tür herunter rutschen und legte mein Kinn auf meinen angewinkelten Beinen ab. Das Brennen in meiner Brust war nichts gegen den Schmerz, welchen ich weiter links verspürte.
Ich schloss meine Augen und atmete zittern aus.
Das war der Moment, an dem ich meine Tränen nicht mehr zurück halten konnte.
Sie rollten meine Wangen herunter und ich verbrachte den Rest des Abends damit still vor mich her zu weinen.

Wie zum Teufel konnte es so weit kommen?

Ace of Hearts IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt