Kapitel L

3.8K 144 30
                                    

Anastasia

Der Stich in meinem Arm tat immer noch leicht weh, doch genauso wie der Rest meines Körpers, fing ich an auch ihn weniger zu spüren.
Fabio hielt mir immer noch die Waffe ab den Kopf und wartete auf die Entscheidung meines Mannes.
Meine Augen sahen ununterbrochen zu Dante und ich konnte sehen, dass er jede Sekunde in die Luft gehen wird. Seine Muskeln waren auf ein Maximum angespannt und ich konnte die Venen an seinem Hals erkennen. Den Blick hielt er aufmerksam auf Fabio gerichtet.
Ein kurzes Schweigen legte sich über uns und ein Funken des Zweifels setzte sich in meinem Herz ab.
Der Gedanke daran, dass er gerade abwog, ob er Pablos Mörder stellen oder mich retten soll schlich sich in meinen Kopf und raubte mir den Atem.
Würde er sich wirklich für die erste Variante entscheiden?

Bevor ich mich meinen grausamen Gedanken vollständig hingeben konnte, erklang Dantes Stimme.
"Denk nicht, dass du gewonnen hast. Ich werde dich finden und du wirst mit deinem Blut für alles bezahlen."
Erleichterung breitete sich in mir aus. Er hatte mich gewählt. Gerade als ich dachte, dass alles wieder gut werden würde, gaben meine Beine etwas nach. Ich verlor leicht das Gefühl in ihnen, doch das reichte bereits aus, damit meine Knie einknickten und ich anfing an zu schwanken.

Fabio nutzte diese Gelegenheit aus und warf mich förmlich nach vorne. Zum Glück regierte Dante augenblicklich und fing mich auf, ehe ich dem Boden berühren konnte.
"Ich hab dich, Amore." Mein Mann hob mich im Brautstil an und trug mich eilig in sein Auto.
Wir waren noch nicht einmal an dem Wagen angekommen, da raste Fabio schon in seinem Sportwagen an uns vorbei. Dieser Ehrenlose verwendete nicht einmal eine Sekunde seiner Flucht.
"Alles wird gut, ich bin hier." Dante setzte mich auf den Beifahrersitz und rannte dann zur Fahrerseite.
Ich legte meinen Kopf auf meiner Sitzlehne ab und versuchte meine Atmung ruhig zu halten.
Vor einiger Zeit hatte ich mal gelesen, dass ein erhöhter Blutdruck die Wirkung von Medikamenten verschnellern kann. Das Blut zirkuliert schneller und das Mittel breitet sich schneller aus. Wie ein Auto, welches statt auf einer normalen Straße auf der Autobahn fährt.
Ich wusste nicht, ob das stimmte, doch es war den Versuch währt es auszuprobieren.
Sollte es nicht funktionieren, dann half mir die Atemübung wenigstens dabei nicht durchzudrehen.

Dante startete den Wagen und fuhr mit einer Lichtgeschwindigkeit los. Doch es fiel mir bereits schwer die Augen auf zu halten. Ich wusste nicht was in der Spritze war, welche Fabio mir verabreichte, doch es zwang mich zum Schlafen.
"Amore bleib wach!" Panik hallte in seiner Stimme mit.
Er hatte Angst und die hatte ich auch. Aber nicht vor dem Tod, ich hatte Angst ihn alleine zu lassen. Ihn ohne mich in dieser Welt zu lassen.
Ich wollte nicht gehen ohne die Rätsel in meinem Leben gelöst zu haben.

Mühsam öffnete ich meine Augen und sah zu ihm herüber. Dantes Aufmerksamkeit lag auf mir, auch wenn er immer mal wieder zur Straße sehen musste. Er hupte und schimpfte mit den anderen Verkehrsteilnehmern, dass sie ihm aus dem Weg gehen sollen.
Dabei war mit Sicherheit er es, der die Verkehrsregeln nicht beachtete. Dante wählte auf seinem Handy eine Nummer und ließ den Anruf auf der Lautsprecherfunktion. Nach ein paar Sekunden erklang Lucas Stimme.
"Wo bist du Bruder?" Mein Schwager wirkte ebenfalls angespannt, zumindest ließ seine Stimme eine solche Einschätzung zu.
"Ich muss Anastasia zu Giovanni bringen! Dieser Bastard hat ihr irgend ein lähmendes Mittel gespritzt." Dantes Augen wechselten kurz prüfend zu mir herüber, ehe er weiter sprach.
"Wo seid ihr?"
Meine Augenlider fühlten sich schwer an, weshalb ich dem Drang nachkam und sie schloss.
"Mach die Augen auf, Amore. Bleib wach!" Dantes freie Hand fand meine Stirn und er strich liebevoll darüber.
Ich öffnete wieder meine Augen und nickte ihm schwach zu.
"Wir sind kurz vor Montreal."
"Gut, verfolgt ihr noch Fabios Tracker?" Bei Fabios Namen bekam ich Gänsehaut. Ich hätte nie gedacht, dass er mir so etwas antun könnte.
"Ja, mach dir keine Sorgen, wir verfolgen ihn."
Nach Lucas letztem Satz beendete Dante das Telefonat und fokussierte sich wieder auf die Straße.

Meine Augen brannten und ich konnte sie einfach nicht länger offen halten. Als Dante meinen Zustand bemerkte, fuhr er mir mit der Hand wieder durch das Haar.
"Du darfst nicht einschalten, hörst du! Rede mit mir Amore. Erzähl mir etwas." Seine Worte kamen ihm zitternd über die Lippen. Ich hatte meinen Mann noch nie so aufgewühlt erlebt. Für gewöhnlich kontrollierte er die Situation mit festem Griff. Einen solchen Strudel an Emotionen in seinen Augen zu sehen kam nicht oft vor. Und wenn dann war Hilflosigkeit keines dieser Gefühle. Er konnte wütend, zornig, ja sogar traurig werden, doch Hilflos war er nie. Dies zeigte mir, wie ernst meine Lage war.

"Bitte Amore, sag etwas."
Ich konzentrierte mich darauf, in meinem Kopf etwas zu finden, was ich ihm erzählen könnte.
Irgendwas, doch meine Gedanken waren leer.
Auch machte mich die Anstrengung noch müder.
Stattdessen sah ich mir meinen Ehemann an. Ich prägte mir sein Gesicht genau ein. Jede Linie, Kante welche ich von meiner Position aus sehen konnte, speichert ich in meinem Gedächtnis ab.
Zum Schluss waren seine Augen dran. Jedes Mal, wenn er mich mit dieser kristallblauen Farbe ansah erwärmte sich mein Herz.
Ich erinnerte mich an die Zeit, am Anfang unserer Beziehung, als ich sie als kalt und emotionslos bezeichnete, doch jetzt war es meine Lieblingsfarbe.

"Deine Augen.." Die Schwäche in meinem Körper ließ mich nicht weiter sprechen. Ich fühlte mich wie als hätte ich Wochen nicht geschlafen.
"Was ist mit ihnen?" Dante ließ nicht locker und versuchte mein Bewusstsein wach zu halten. Doch alles was ich wollte war schlafen.
"Komm schon, mia cara. Rede weiter. Was ist mit meinen Augen?"
Mit letzter Kraft öffnete ich meine und blickte zu ihm.
"Die Farbe...ich liebe ihre Farbe." Meine Stimme war leise, fast ein Flüstern.
Dante haute gegen das Lenkrad und fluchte erneut lautstark, diesmal auf italienisch.

Ich lockerte langsam den Griff in meinem Inneren, mit welchem ich versucht hatte wach zu bleiben und ließ los.
"Amore öffne seine Augen. Komm schon mein Engel, bleib wach."
Ich konnte ihn noch hören, doch meine Kraft reichte nicht aus, um seiner Bitte nach zukommen.
"Amore! Verdammt!"

Danach verlief alles weiter in Abschnitten. Ich spürte wie der Wagen abrupt zum Stehen kam und ich aus meinem Sitz gehoben wurde. Ich war zwar wach, doch meine Augen blieben geschlossen.
Mein Gehirn spielte mir einen Streich. In dem einen Augenblick war ich da und ihm nächsten schon nicht mehr. Wie als würde jemand den Lichtschalter in meinem Kopf an und aus machen. Auch konnte ich mich mittlerweile nicht mehr bewegen. Mein Körper war wie gelähmt und hörte einfach nicht mehr auf mich.

Das nächste was ich mitbekam war Dantes schreiende Stimme. Es klang so, als würde er sich mit jemandem Streiten, doch ehe ich heraushören konnte wer es war wurde wieder alles schwarz.
Ich wusste nicht, ob eine Minute oder eine Stunden zwischen meinen Bewusstseinssprüngen lag, da ich immer noch nicht in der Lage war meine Augen zu öffnen. Das einzige was mir bleib, war mein Gehör und auch nur dann, wenn mein Gehirn es zuließ.

Das letzte was ich höre, bevor ich in einen tiefen Schlaf fiel, war Beatrice lauter Schrei darüber, dass ich ihre Verlobung zerstört hatte.

Danach wurde wieder alles schwarz!

Ace of Hearts IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt