Kapitel XLII

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Wie ein hungriges Raubtier sah er mich an.
Der Blick war voller Wut und auch sein Körper strahlte diese Emotion mit jedem Muskel aus.
Mit der Hand immer noch hinter mir gegen der Badezimmertür gedrückt, kam er näher.
Mein Körper reagierte augenblicklich und ich schreckte zurück, so weit bis ich die Tür in meinem Rücken spüren konnte. Seine Augen spiegelten einen Wirbelsturm an Gefühlen wieder, welcher widersprüchlicher nicht hätte sein können.

Unmut, Verärgerung und deutlich erkennbarer Zorn, wechselten sich mit Verwirrung, Enttäuschung und Unglauben ab.
Wieso herrscht in ihm ein solches Durcheinander?
Das seltsamste an dem Ganzen war, dass ich keine dieses Emotionen nachvollziehen konnte, weder seine Wut noch sein Misstrauen.
Wieso empfand er diese Gefühle?
Moment mal, richtete er sie etwa gegen mich?
Bevor ich diesen angsteinflößenden Gedanken zu Ende führen konnte, ertönte seine dunkle Stimme.
"Pack deine Sachen." In seinem Gesicht zuckte nicht ein Muskel, während diese Worte über seine Lippen kamen.
Ich soll meine Sachen packen? Aber wieso?
Meine Augen huschten verwirrt zu seinen, doch die kristallklare Farbe in ihnen war kalt und emotionslos, wie bei unserem ersten Aufeinandertreffen.

Wie eine Statur stand ich da, kaum in der Lage mich zu bewegen, meinte er das ernst?
Was war nur los mit ihm?
Ich zweifelte keine Sekunde daran, dass sein seltsames Verhalten mit dem Besuch beim Arzt zusammenhing. Was um alles in der Welt war dort passiert, dass er mich kurz danach auffordert meine Sachen zu packen?
Immer noch den Blickkontakt aufrecht erhaltend, räusperte ich meine verlorenen geglaubte Stimme und zwang mich dazu, die Frage aller Fragen zu stellen.
"Wieso?" Ich klang leise, ja fast kleinlaut, doch unter den gegebenen Umständen war ich überhaupt froh einen Ton herausbringen zu können. Die Spannung in der Luft und sein eindringlicher Blick raubten mir den Atem.
"Pack deine Sachen. Wenn du Hilfe brauchst, dann ruf nach einem Dienstmädchen. Ich bin in einer Stunde wieder hier."
Er entfernte seine Hand von der Tür, stieß sich ab und ging ohne ein weiteres Wort aus dem Zimmer.
Wie als hätte seine Anwesenheit mir die Luft abgeschnürt, konnte ich erst nach dem Klang der zufallenden Tür, wieder einatmen. Auch die Starre meines Körpers löste sich und ich fiel erschöpft auf den Boden.

Eine Stunde, wir waren nur eine Stunde bei diesem Möchtegern Arzt und dass hatte gereicht, damit er mich zum Packen aufforderte.
Schmiss er mich jetzt raus? War es das?
Aber wieso? Aus welchem Grund hatte ich seinen Zorn auf mich gezogen?
All diese Fragen waren nicht ohne die Informationen über die Sitzung zu beantworten, doch an die käme ich so schnell nicht heran.
Für den Moment würde ich mich seinem Willen beugen und tun was er wollte, doch ich würde meine Antworten schon bekommen.
Die Wut, welche in mir aufstieg, verdrängte die Zweifel und auch meinen verletzten Scholz und gab mir genügend Kraft, um aufzustehen.
Ohne die Hilfe des Personals suchte ich meine Kleidung und persönlichen Gegenstände zusammen und verstaute alles ordentlich in zwei Koffern. Abschließend schaute ich mich nochmal im Raum um, damit ich nicht übersehen hatte und setze mich dann wartend auf den Rand des Bettes.

Die Minuten vergingen schleichend und ich bemühte mich angestrengt keinen weiteren Gedanken an all das hier zu vergeuden. Es machte einfach keinen Sinn zu grübeln, wenn ich nicht einmal einem das Bild kennt, für das man die Puzzleteile zusammensetzen soll.
Pünktlich auf die Minuten öffnete sich die Schlafzimmertür und Dante trat wieder herein.
Es sah nicht so aus, als hätte sich seine Laune verbessert, weshalb ich meinen Blick stur auf meine Koffer gerichtet hielt.
Wenn er mir die kalte Schulter zeigte, dann erwidere ich es mit der selben Geste.
Stille breitete sich aus und es dauerte weitere Minuten, bis Dante das Wort ergriff.
"Was ist das?" Sein Ton klang aufrichtig verwirrt und ich hob meinen Blick, um seinem zu folgen. Mein Ehemann sah meine Koffer mit zusammengezogenen Augenbrauen an.
Was passte ihm denn jetzt wieder nicht?
"Meine Sachen, so wie du es wolltest." Dank seiner kurzen Abwesenheit, hatte ich es geschafft mein Selbstvertrauen neu aufzubauen und konnte ihm mit strenger Stimme und mit erhobenem Haupt antworten.
"Das sehe ich, Amore. Aber wieso hast du alles eingepackt?"
Jetzt reicht es! Wütend sprang ich von Bett und stellte mich vor ihn.
"Du sagtest pack Deine Sachen. Das hab ich getan! Was gefällt dir daran nicht!" Unkontrolliert laut sprudelten die Anschuldigungen aus meinem Mund.
"Ich sagte, pack deine Sachen." Ruhig und vollkommen gefasst kam er mir näher. "..nicht, pack all deine Sachen."
Meine Augen trafen seine und sie waren weicher als zuvor, fast schon verzweifelt traurig.

Mein Kopf brodelte und ich spürte eine Welle an Kopfschmerzen, welche nach dieser Unterhaltung über mich einfallen würde.
Was in Gottes Namen wollte dieser Mann von mir.
"Ich verstehe es nicht Dante!"
All diese Spielchen, die Doppeldeutungen, ich hatte genug davon.
Was auch immer hier los war, was auch immer ihn so wütend machte, ich wollte, dass er es mir sagt.
"Das musste du auch nicht, Amore. Wähl einen Koffer und lass uns endlich fahren."
Hatte er gerade uns gesagt? Warf er mich also doch nicht raus? Oder würde er mich selbst zum Flughafen fahren und sagte deshalb uns?
Dann würde ich doch aber beide Koffer mitnehmen können, oder etwa nicht?
Anstatt mich weiter mit Ungereimtheiten auseinander zu setzten, suchte ich mir einen der beiden Koffer aus und reichte ihn Dante.
Wenn ich das Spiel mitspielen muss, um zu erfahren was vor sich geht, dann tue ich das.
Hauptsache er rückt mit dem Grund heraus.

Dante nahm meinen Koffer und drehte sich zum Gehen um. Schweigend folgte ich ihm durch das Haus, bis zur Garage. Dort stand bereits ein Wagen bereit, in dessen Kofferraum mein Mann mein Gepäck verstaute.
Ich ging zur Beifahrertür herüber und ließ mich auf den Sitz fallen. Was auch immer sein Plan war, bald würde ich es erfahren.
Dante setzte sich auf den Fahrersitz und startete den Wagen. Er steuerte in Richtung der Hauptstraße und wir verließen nach kürzester Zeit Palermo.
Keiner von uns hatte auch nur ein Wort gesagt und alles was wir während der Fahrt hören konnten, waren die Motorgeräusche der vorbeifahrenden Autos.
Bei einer Sache war ich mir jetzt jedoch sicher, es ging nicht zum Flughafen.

Stunden vergingen und wir fuhren immer noch ins Landesinnere. Brachte er mich jetzt etwa ins Exil?
Vorsichtig blickte ich in einen der Rückspiegel, doch nach meiner Einschätzung waren wir alleine. Kein anderer Martinelli Wagen folgte uns und ich ging nicht davon aus, dass Dante mich ohne Schutz irgendwo abladen würde. Selbst, wenn er das Interesse an mir verloren hätte, könnte er mich aufgrund des Vertrages nicht einfach fallen lassen. Das dumme Stück Papier, welches mich erst zu dieser Ehe zwang, war nun meine einzige Rettung.
Da wir also nur zu zweit unterwegs waren, würde er ebenfalls an dem Ort bleiben, an welchen er mich brachte.
Der Tag forderte seinen Tribut und ich schloss müde meine Augen. Etwas Schlaf wird mir gut tun und meine Kräfte könnten eine Aufladung ebenfalls gebrauchen, besonders da ich nicht wusste, was mich noch erwartete.

Als ich meine Augen wieder öffnete, bogen wir gerade in die Einfahrt eines Hauses. Es war ein kleine kleine Holzhütte, welche trotz ihrer einfachen Bauart prunkvoll wirkte. Sie ähnelte den Skihütten in luxuriösen Urlaubsorten, nur das es ein toskanischen Stil war.
Dante parte den Wagen und stieg aus, was ich ihm ohne zu zögern nach tat.
Gerade als er meinen Koffer heraus holte, klingt sein Telefon. Er kramte in seiner Hosentasche herum und warf mir danach einen Schlüssel zu.
"Geh schon rein Amore, ich komm gleich nach!"
Ohne zu antworten ging ich, mit dem Schlüssel in der Hand, zum Haus und öffnete die Tür.
Bevor ich die Tür schloss, hörte ich noch wie Dante an Telefon ging.

Das Innere des Hauses war wirklich schön dekoriert. Die Möbel waren aus dunklem Holz und der Teppich auf dem Boden verlieh dem Ganzen eine gewisse Wärme.
Meine Augen suchte weiter die Innenausstattung ab, als die Haustür sich öffnete.
"Ja! Und Christiano, du kannst aufhören nach Hiroto Nakamura zu suchen!"
Danach beendete er das Telefonat und stellte meinen Koffer in der Mitte des Raumes ab.
Hiroto Nakamura? Wie hat dieser Name es erneut in unser Leben geschafft?
Ich hatte doch alles getan, damit dies nicht passiert!
Momentmal, er sagte, dass Christiano nicht mehr nach dem Japaner suchen soll, heißt das etwas, dass er ihn gefunden hat?
Verdammt!

Dante ging zurück zur Tür und schloss sie lautstark, bevor er den Schluss darin drehte.
Er kam zu mir zurück und blieb nur ein paar Meter weiter stehen.
"Und jetzt wirst du mir alles erzählen, Amore."

In meinem Kopf herrschte nur ein Gedanke.
Er wusste es!

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