Überrascht betrachtete mein Vater die kleine Gestalt, die sich hinter mir in den Schatten drängte. Sicherlich hatte der Alpha mit einigem gerechnet, dass hier entzog sich allerdings seiner Vorstellungskraft.
,,Sie heißt Rose!", verstand ich den Blick meines Vaters auch ohne Worte. Rose hinter mir hielt den Stoff meiner Jeans fest umklammert. ,,Wir haben sie im Wald gefunden, etwas abseits vom...", ich brach ab und sparte mir weitere Ausführungen. Mein Vater verstand auch so, wovon ich sprach. ,,Kümmer dich bitte zunächst darum, dass sie etwas zu Essen und Trinken bekommt. Vielleicht findest du jemanden, der sich ihr annimmt", entschied mein Vater: ,,Reden können wir später noch. Ich nickte ihm zu, löste Rose Hand von meiner Jeans und verließ mit ihr im Arm den Raum.Mit Essen und Trinken bekam ich sie schnell versorgt. Jemanden zu finden, der sich weiter um sie kümmern wollte, stellte sich ebenfalls als überraschend leicht heraus. Ganz offensichtlich hatte meine Mutter bereits Wind davon bekommen und schlug, neugierig wie sie den war, natürlich auch gleich in der Küche auf. ,,Sie ist ja wirklich bezaubernd!", stellte meine Mutter fest. Rose schien bereits ein wenig mehr Vertrauen gefasst zu haben, auf meine Mutter reagierte sie jedenfalls weniger zurückhaltend. ,,Sie heißt Rose!", lächelte ich. Meine Mutter liebte Kinder und wäre es nach ihr gegangen, dann hätte ich sicherlich noch das ein oder andere Geschwisterchen mehr. Doch die Nachfolge war mit zwei gezeugten Alphas bereits gesichert und Junge gab es im Rudel auch so meist reichlich. Auch ihren Aufgaben als Luna des Rudels, wollte sie mit Bedacht nachkommen. Vier Nachkommen zu haben war allerdings auch keine schlechte Zahl.
Auch wenn ich es versuchte, viele Informationen gewann ich Rose noch nicht ab. Andere Dinge sprach ich erst gar nicht an, das vorherige Geschehen, hatte sie sicherlich noch längst nicht verdaut. Entsprechend zeitig, schlug ich dann allerdings den Weg zurück zu meinem Vater ein.
,,Du wolltest mich sprechen!", meinte ich, als ich mich wieder im Büro des Alphas einfand. Owein und Randon leisteten ihm bereits Gesellschaft, drei Köpfe drehten sich in meine Richtung. ,,Ja, komm rein und setz dich!", bat mich mein Vater, ich tat es.
,,Ich denke dir ist bewusst, dass mit dieser Grenzüberschreitung Rechte verletzt wurden. Ich werde die Sache so nicht stehen lassen können, das Rudel wird eine Erklärung verlangen, was vorgefallen ist. So etwas spricht sich schnell genug herum", hatte mein Vater recht. ,,Deshalb wäre es wichtig, wenn du versuchen könntest, dem Mädchen vielleicht die ein oder andere Information zu entlocken, was vorgefallen ist und was immer sie weiß!", fügte er hinzu. Ich verstand seinen Gedankengang, bezweifle jedoch, dass er sonderlich zielführend war. Aber mein Vater würde auch nichts verlangen, was über die Strenge schlug. Viel mehr hoffte er vermutlich auch auf ihr Vertrauen und Gedankenfetzen. Auf Wachposten und regelmäßige Patrouillen entlang der Grenze dürfen wir in nächster Zeit wohl allerdings nicht mehr verzichten.
- Ace -
Baraek hatte sich noch nicht wieder beruhigt. Er war wütend, dass uns das Mädchen entwischt war und diesen Aspekt teilte ich. Was ich allerdings nicht teilte, war, dass es wohl ihren sicheren Tod bedeutet hätte. Meine Entscheidung war richtig gewesen, sie war unschuldig und hatte ihr Leben verdient. Womit Baraek allerdings wiederum recht hatte, war, dass ihr Entkommen für mich wohl Konsequenzen haben würde. Erfreut war mein Vater garantiert nicht. Ihm die Sache zu verheimlichen, kam natürlich nicht in Frage. Spätestens von Baraek erfuhr er früher oder später sowieso. Was mir Hoffnung gab, war die Annahme, dass eine Dreijährige dem Feind wohl nicht die gewünschten Informationen preisgeben konnte. Sie hatte sicherlich überhaupt nicht verstanden, was hier vor sich ging und vor allem was uns noch bevorstand.
Das meine Aussichten auf einen entspannten Ausgang der Dinge ziemlich verhangen waren, begriff ich sofort, als wir die Siedlung gerade erreichten. Der Geruch von Tod und Blut stieg mir gleich in die Nase. Weckte eben dieser in mir nicht selten Appetit, war dies nun doch etwas gänzlich anderes. Der Geruch ging nicht etwa von frischer Beute, sondern von unseren eigenen Rudelmitgliedern aus.
Je näher ich meinem zu Hause kam, desto deutlicher wurde der Geruch. Aufgereiht vor dem Haus befanden sich zu beiden Seiten Speere, Speere die Köpfe zierten. Das also, hatte mein Vater mit den Flüchtigen gemacht, die wir zu ihm zurückgeschickt hatten. Über Baraek Lippen schlich sich ein Lächeln, mir wurde lediglich etwas flau im Magen. Das also war es auch, was er mit dem kleinen Mädchen hätte machen lassen.
Ich setzte meinen Weg hinüber zu seinem Büro fort, der Beta folgte mir. Als die Tür schließ hinter mir ins Schloss fiel, wusste ich, nun gab es kein Zurück mehr.
,,Habt ihr sie alle getötet?", wollte der Alpha wissen. Er stand wie so oft mit dem Rücken zu uns vor der Fensterfront, nun aber betrachtete er die Sperre und Reaktionen der Leute, die sich ihnen näherte. ,,Ja, alle bis auf eine...", gestand ich. Sofort fuhr der große schwarzhaarige Mann zu uns herum: ,,Wer? Wer ist dir entkommen?" Er blieb dicht vor mir stehen. Wir waren in etwa gleich groß, doch gegen ihn fühlte ich mich unfassbar klein. ,,Ein kleines Mädchen, sie kann kaum sprechen. Sie wird nicht wissen was los ist, ich denke nicht, dass sie...!", ich brach unweigerlich ab, als mich seine Faust im Gesicht traf. Ich brauchte zunächst einen Moment, um wieder ein wenig klarzukommen. Baraek konnte sich sein selbstgefälliges Grinsen sonst wo hinstecken. ,,Mir ist egal was du denkst, du hast klare Anweisungen und die hast du zu befolgen!", knurrte mein Vater mir wütend entgegen: ,,Hab ich das nicht oft genug klargestellt?" Seine Stimme hallte von den Wänden wider, er hielt mein Kinn mit einer Hand. ,,Ja!", meinte ich deutlich, für mehr reichte meine Stimme nicht. ,,Gut!", er ließ wieder von mir ab: ,,Wir haben bereits mehr als genug Zeit verloren. Noch mehr solcher Lappalien können wir uns nicht leisten." Der Alpha nahm an seinem Schreibtisch Platz: ,,Uns bleiben nur noch wenige Tage, wir müssen sofort handeln." Sein Blick konzentrierte sich nun auf mich: ,,Ich muss mich voll auf dich verlassen können. Du als zukünftiger Alpha dieses Rudels wirst es mir ebenbürtig führen. Keine Gnade, mit niemandem! Es sei denn auch dein Kopf soll meinen Vorgarten zieren."

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Territory [manxboy]
Loup-garouAce kannte seinen Vater nicht anders... der Alpha war herrisch und rachsüchtig. Nicht selten ließ er seinen Unmut auch an ihm aus. Als es dann auch noch zu Konflikten im Rudel kommt, beginnt die Lage allmählich zu eskalieren. Was Adrik im Zuge desse...