15. Kapitel

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- Ace -

Er roch anders..., anders als zuvor und ganz sicher anders als alle anderen, die sich hier versammelt hatten. Es war ein intensiver Geruch, der von ihm ausging, obwohl der Rauch sicherlich über allem lag. Mein Gegenüber betrachtete mich aus großen Augen, offenbar hatte er einen Schluss gezogen, der mir jedoch verwehrt blieb. Sein Blick allerdings hatte mich gänzlich aus dem Konzept gebracht und in seinen Bann gezogen.

,,Ace!", vernahm ich die harsche Stimme meines Vaters. Nach wie vor betrachte ich den Jungen, der vor mir auf dem Boden kniete. Seine Augen waren geweitet, nicht aber mehr vor Angst. ,,Ace!", wieder erklang die Stimme meines Vaters, dieses Mal noch durchaus eindringlicher. Starr drehte ich den Kopf in seine Richtung. Der Alpha war wütend, wenn nicht gar aufgebracht, beinahe nervös. Dennoch hielt er meine Aufmerksamkeit nicht allzu lange. Mein Blick traf schnell wieder den des Omegas, irgendetwas an ihm zog mich in seinen Bann.

,,Er ist dein Mate?", es war nur ein leises Röcheln, ich schenkte ihm kaum Beachtung. Die beiden Alpha und der Beta neben dem Omega waren mir völlig egal. ,,Ich... ich glaube schon...", die Worte des Jungen rissen mich aus meiner Starre. Moment mal... was? Ich sein Mate?

,,Ace!", dröhnte die Stimme meines Vaters durch die Nacht. Er war aufgebracht, vermutlich mehr als das. Auf den Lippen Martyns hatte sich ein selbstsicheres Lächeln abgezeichnet. Mein Vater kochte vor Wut und ich stand irgendwo zwischen den Fronten. Einen Mate galt es, um jeden Preis zu beschützen, dass wusste auch ich. Wirklich viel war mir über diese Bindung allerdings nicht geläufig. Mein Vater hatte mit mir nie über seinen Mate gesprochen. Ich wusste nicht, ob er ihn überhaupt je gefunden hatte, ein Wort hatte er darüber nicht verloren. Allerdings war er auch mit anderen Rudelmitglieder oft genug tätig geworden. Wie viele Geschwister ich exakt hatte, wusste ich nicht. Kaum jedoch welche hatten dieselbe Mutter. Meine hatte ich nicht kennengelernt. Aufgezogen hatten mich mein Vater und seine Beta, alles andere hätte mich wohl auch nur verweichlicht.

,,Ace tu was ich von dir verlangen!", knurrte mir mein Vater entgegen. Abgelenkt wie ich war, hatte ich nicht bemerkt, dass er mir nähergekommen war. Nun jedoch sträubte sich mein Nackenfell ein wenig. ,,Töte ihn!", sein Knurren ließ mein Fell erzittern. So gern ich meinem Vater allein mir zuliebe auch gehorchen wollte, alles in mir schien sich dagegen zu sträuben. Knurrend richtete ich meinen Blick hinüber zu dem kleinen Omega, mein Magen zog sich zusammen.
,,Ich kann nicht!", meine Pfoten hatten sich starr in den Waldboden gestemmt. ,,Dann werde ich es eben tun!", knurrte der Alpha kehlig weiter. Drohend baute ich mich vor ihm auf: ,,Das kann ich nicht zulassen!" Ich war entsetzt von mir selbst und wusste nicht, was mich da ritt. Meine Worte schienen meinen Vater lediglich zu amüsieren. Zwei drei Schritte weiter nach vorn und ich starrte seinem mächtigen Wolf in die feurig rotglühenden Augen.

Adrik war groß und kräftig, mich mit ihm zu messen hatte ich nie gewagt. ,,Tritt zur Seite und mach dich nicht lächerlich!", grollte er kehlig. ,,Überleg dir, was du tust!", ich stellte mich ihm wieder in die Quere. ,,Versager!", damit schnappte er wie erwartet in meine Richtung. Er tuschierte mich leicht, wirklich fest erwischte er mich nicht. Das Adrenalin, das sich durch meinen Körper pumpte, überspielte den Schmerz. Sollte er haben, was er wollte. Kampflos würde ich mich nicht geschlagen geben, das war schlicht weg gegen meine Natur.

Sein Kiefer traf auf meinen Nacken, meiner auf seinen Vorderlauf. Mit geballter Kraft grub ich meine Zähne in sein Fleisch. Glücklicherweise hatte ich ihn treffender erwischt als er mich. Während er nun versuchte seinen Biss zu korrigieren und mehr als nur meinen muskulösen Hals und das dicke Fell zu packen zu bekommen, riss ich ihn von den Beinen. Ihn unten zu halten, gelang mir allerdings nicht für besonders lange. Immerhin sein Vorderbein hatte ich gut mitgenommen.

- Weylyn -

Das Bild, das sich mir bot, war gewaltig und erschreckend zu gleich. Die beiden Giganten hatten sich fest ineinander verbissen. Ihr Bild wäre vor meinen Augen nahezu verschwommen, aber da war dieser unverkennbar süße Duft, der nur dem einen von ihnen anhaftete. Schauer um Schauer schob sich über meine Haut. Mal war es Angst, mal Entsetzen und ein anderes Mal das plötzliche Verlangen nach meinem Mate. Ich hatte viel von dieser Bindung gehört, aber was es wirklich bedeutete seinen Mate gefunden zu haben, konnte ich auch jetzt noch kaum erahnen.

Es spritzen Blut und Speichel und das kaum drei Meter von mir entfernt. Wer unterlag war schwer zu sagen. Beide Wölfe schien an Kraft und Masse gleich. Es faszinierte mich, dass keiner der Umstehenden es wagte einzugreifen. Seit ewiger Zeit schon war Adrik von niemandem mehr herausgefordert worden. Natürlich gehorchte das Rudel seinem Alpha, aber konnten sie wirklich wollen, dass der eine den anderen vor ihren Augen zerfleischte? Nachgeben würde keiner der beiden, das war gewiss.

Ich hatte den Gedanken noch nicht ganz zu Ende geführt, als tatsächlich genau in diesem Moment einer von ihnen eingriff. Ich kannte ihn, es war jener rauchbraune Wolf, dem ich im Wald letztlich zum Opfer gefallen war. Hinterrücks packte er sich den jungen Alpha. Dann jedoch erschien ein weiterer, der sich dem Älteren in die Quere stellte. Adrik packte sich den deutlich kleineren Beta als wäre er ein Spielzeug. So sehr es dieser auch versuchte sich dem anderen zu entziehen, so gelang es ihm doch nicht. Knochen knirschten und brachen, Winseln, Knurren... Für einen Moment hatte ich die Augen geschlossen, derart barbarisches hatte ich nie zuvor gesehen und mehr wollte ich auch erst gar nicht sehen. Es war ruhig, als ich meine Augen wieder öffnete.

Direkt vor mir der leblose Körper des rauchbraunen Wolfes, weiter entfernt der des anderen Betas. Ich konnte mich vor Aufregung nicht gut genug konzentrieren, um in Erfahrung zu bringen, ob er noch lebte. Ich brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass der Alpha, der den anderen an der Kehle gepackt hatte, der meine war. Adrik lebte, nun erklang auch wieder das dumpfe Grollen seiner Kehle. Doch auch der Jüngere stand ihm in kaum etwas nach. Es überraschte mich, dass er dennoch von seinem Vater abließ und einen Schritt zurücktat. Es war eine Geste der Güte, die Akzeptanz dieser eine der Schwäche.
Adrik schien dies ebenso zu sehen. Kaum einen Moment später stürzte er sich wieder auf sein Gegenüber. Zu blöd nur, dass dieser dies bereits mit einkalkuliert hatte und seine letzte Chance als nun verstrichen sah.

Territory [manxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt