36. Kapitel

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- Weylyn -

,,Du tust ihm wirklich gut!", schenkte mein Vater mir ein Lächeln. Ace hatte sich nur widerwillig mit Berric zurückgezogen und uns allein gelassen. Er schien noch immer der Überzeugung zu sein, dass mein eigener Vater kein guter Umgang für mich sei und hielt diesen nach wie vor für einen Manipulator. Mir allerdings schien er insoweit zu vertrauen, dass er uns schließlich allein ließ.
,,Es ist manchmal wirklich nicht leicht, aber ich denke wir haben uns mit der Art des anderen gut arrangiert!", musste ich unweigerlich lächeln: ,,Ace ist bei weitem nicht so, wie ich es anfangs befürchtet hatte." Natürlich mangelte es ihm an Empathie und seine grobe Art, war nicht immer angenehm. Das ich bereits jetzt und ganz abgesehen von unserer Mate bedingten Verbindung sehr an ihm hing, war für den Moment vermutlich zu viel Input und brauchte meinen Vater nicht zu interessieren. Abgesehen davon kannte er mich allerdings selbst gut genug, um mal wieder seine eigenen Schlüsse zu ziehen.
,,Er ist kein schlechter Junge, er hat nur eben Schlechtes erlebt", überlegte mein Vater. Verschwiegen wie Ace war, hatten wir uns bisher wenig, im Grunde gar nicht, über seine Vergangenheit unterhalten. Wann immer ich jedoch seinen Vater aufgriff, spürte ich deutlich, dass er sich verspannte. Adrik war kein guter Alpha gewesen und vermutlich ein noch bedeutend schlechterer Vater. Was auch immer zwischen den beiden vorgefallen war, hatte Ace geprägt und tiefen Einfluss auf die Entwicklung seiner selbst genommen. Es fiel ihm nicht leicht sich Neuem zu öffnen oder zu vertrauen.

,,Ich würde ihm gern eine heile Familie bieten, aber dafür muss er mir vertrauen!", hing der Alpha an. ,,Ich weiß und das wird er bestimmt eines Tages", zeigte ich mich zuversichtlich. Eine wirkliche Familie hatte mein Mate nicht gehabt und vermutlich waren ihm auch deshalb einige Werte fremd, die für mich selbstverständlich waren. Ich war in einer glücklichen Familie aufgewachsen, mit zwei mich liebenden Elternteilen und meinen Geschwistern. Der einzige Schmerz, den ich aus meiner Kindheit kannte, war jener, wenn ich beim Spielen gestürzt war und mir das Knie aufschlug. Ein im Nachhinein lachhafter Schmerz, der mir damals die Tränen in die Augen trieb. Die einzigen Konflikte, die ich in meiner heilen Welt erlebt hatte, waren Streit mit meinen Geschwistern über Banalität, der auch schnell wieder geschlichtet war. Ich war in einer heilen Welt aufgewachsen, die meinen Charakter geformt hatte. Ace hatte früh andere Dinge erfahren, eine wirkliche Kindheit hatte er sicherlich nicht gehabt.
,,Ich bin dir wirklich dankbar, dass du dich so um uns bemühst!", meinte ich ehrlich. Es war sicherlich nicht leicht einem anderen Alpha das Feld zu überlassen, wie mir vor allem das Verhalten meines Bruders deutlich machte. ,,Ich möchte das du glücklich bist und dazu gehört es wohl auch deinen Mate glücklich zu stellen.", zwinkerte er mir zu. Um für meine und die Sicherheit aller zu sorgen, die er liebte, war es für meinen Vater das sinnigste zu kooperieren. Ace ließ ihm als Dank für die Kooperation seine Freiheiten und so standen sich beide nicht schlecht. Sollte mein Mate wirklich auf das Angebot meines Vaters eingehen, würden sich seine Bedingungen vielleicht noch optimieren. Vielleicht verlieh er Ace wilder Natur den fehlenden Schliff.

Ich war mir nicht sicher warum, ich meinem Vater davon erzählte, aber offenbar brauchte ich jemandem, dem ich davon erzählen konnte. Und wem, wenn nicht meinem Vater hatte ich bisher noch alles anvertraut? ,,Meinst du Ace hat noch eine andere?", sprach ich meine Befürchtung aus. Mein Vater sah mich überrascht an: ,,Wie kommst du denn darauf?" ,,Naja, wir hatten noch so gut wie keinen Sex und von ihm kommt auch gar nichts in diese Richtung, er blockt total ab...", war mir das Thema ein wenig unangenehm: ,,Nachdem was seine Schwester über ihn erzählt hat, ist das total untypisch..." ,,Ich denke nicht, dass du dir dahingehend Gedanken machen musst. Um ehrlich zu sein, ist es gar nicht so überraschend, dass er ruhiger geworden ist!", schenkte mir mein Vater ein zuversichtliches Lächeln: ,,Wirklich, mach dir darum keinen Kopf, er wird schon merken, was er an dir hat!"

Ich hatte mich von meinem Vater verabschiedet, ehe ich mich auf den Weg zurück zu meinem Mate machte, dort sollte ich allerdings nicht ankommen.

,,Hast du dich bei Ace entschuldigt?", wollte ich wissen, als ich meinem Bruder über den Weg lief, er für seinen Teil schien nach mir gesucht zu haben. ,,Warum sollte ich mich entschuldigen?", reagierte Owein augenblicklich ziemlich gereizt. ,,Die Aktion war wirklich unüberlegt von dir!", warf ich ihm vor: ,,Es ist doch alles auf einem guten Weg, ich verstehe nicht, warum..." Ich kam nicht dazu meinem Satz zu vollenden, als mich der Ältere am Kragen packte. ,,Du verstehst eine ganze Menge nicht!", knurrte mir Owein entgegen, es war das zweite Mal in meinem Leben, in dem er mich wirklich Angst machte. Seine Augen waren nicht weich oder verständnisvoll, wie ich sie gewohnt war, sie blitzten bedrohlich und dann war da auch noch diese Art mit mir umzugehen, die mir fremd war.
Ich war automatisch vor dem Alpha zurückgewichen und spürte nun die Wand eines Gebäudes in meinem Rücken.
,,Du bist so unglaublich naiv und lässt dich von ihm benutzen", schnaufte Owein: ,,Aber ich werde nicht zusehen, dass man aus meinem Bruder eine Sexpuppe macht und du zum Spielball seines Wahnsinns wirst!" In dem Moment, in dem mir Owein nun auch noch die Hand auf den Mund presste, begann ich wirklich zu zweifeln, wer denn nun des Wahnsinns war. ,,Du hattest Zeit genug dir zu überlegen, auf welcher Seite du stehst!", übte er Druck auf meinen Mund und Kiefer aus, ehe er mich von der Wand wegschob. ,,Helfen wirst du uns allerdings so oder so...", schmunzelte mein Gegenüber. Ich konnte noch nicht recht fassen und verstehen, was hier vor sich ging, als ich es realisierte, war es zu spät. Es war einer von Oweins Freunden, der mir schließlich einen Knebel in den Mund presste. Meine Gegenwehr kam zu spät und scheiterte nun kläglich. Gegen die älteren und kräftigeren Rudelmitglieder hatte ich keine Chance. In Panik geriet ich allerdings erst, als man mir auch Sicht und Geruch nahm.

Territory [manxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt