35. Kapitel

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Noch bevor ich über Martyns Vorschlag gleich wieder in Rage geriet, spürte ich Weylyns Hand auf meinem Arm, die meine Aufmerksamkeit verlangte. ,,Das ist doch gar keine schlechte Idee?", meinte der Kleinere und sah zu mir herab, er hatte dicht neben mir, auf der Armlehne meines Stuhles Platz genommen: ,,Du könntest wirklich davon profitieren. Wenn jemand diesen Teil deines Rudels kennt, dann ist es mein Vater. Nach all den Jahren, in denen er hier regiert hat! Er versteht sie und sie vertrauen ihm, also werden sie früher oder später auch dir vertrauen."
Nur allmählich löste ich meinen Blick von Weylyn und betrachtete Martyn. ,,Und was willst du dafür haben?", traute ich der Sache nach wie vor nicht. ,,Mir genügt die Gewissheit, meinen Jüngsten in guten Händen und die Chance ihn zu sehen zu haben!", merkte Martyn an. Ich verachtet die Rolle, des großzügigen Gönners, die er zu spielen Vorgabe, aber das Angebot, welches er mir unterbreitet hatte, war keines, dass es leichtfertig auszuschlagen galt. ,,Ich werde es mir durch den Kopf gehen lassen!", entschied ich zunächst die Entscheidung vorerst aufzuschieben. Es wäre schwach und fahrlässig mich gleich darauf einzulassen, bzw. den Vorschlag des anderen anzunehmen. Ganz sicher würde ich Berric dazu befragen, um einer Manipulation durch Martyn zu entgehen. Das Weylyn sich nicht gegen seinen Vater aussprach, war absehbar gewesen, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass man hierbei nicht weitere Hintergedanken pflegte, in welcher Hinsicht auch immer.

,,Ace!", war es mein Mate, der mir eine Hand auf den Arm legte: ,,Eine Bitte habe ich." Ich war mir nicht sicher, was jetzt kam, nickte ihm jedoch zu, damit er fortfuhr. ,,Egal wie du dich entscheidest..., ich würde mir wünschen meine Familie regelmäßig sehen zu dürfen!", seine Augen trafen, die meinen: ,,Es wäre wirklich schön und natürlich darfst du mich gern begleiten." Sachte strich seine Hand über meinen Unterarm, während er mir weiterhin in die Augen sah. Es war unmöglich gewesen zu übersehen, wie wichtig Weylyn seine Familie war und welch ein enges und vertrautes Verhältnis sie zueinander pflegten. Mit seiner Familie hatte Weylyn gehabt, was mir immer fehlte und ich sah ein, dass es nicht an mir war, ihm dies zu nehmen.
,,In Ordnung, aber nur nach Absprache!", gestand ich Weylyn also zu und seine Augen schienen für einen Moment zu leuchten, ehe er sich in meine Arme warf. Hatte ich diese plötzliche Reaktion zunächst als Angriff aufgefasst, strich ich ihm im nächsten sachte durch die Haare. Weylyns positive Art und die Zuneigung, die er mir bot, taten mir gut, aber sie machten mich verletzlich. Für diesen einen Moment beendete ich jedoch aus, was Martyn, mein Rudel oder andere von mir denken mochten.
Weylyn blieb noch eine Weile bei seinem Vater, wo er, zumindest nach seiner eigenen Auffassung ganz gut aufgehoben war. Dafür begab ich mich zeitnah in Berrics vertraute Gesellschaft, um ihn natürlich an den jüngsten Überlegungen teilhaben zu lassen.

,,Das ist ein unglaublich gutes Angebot!", zeigte sich der langjährige Beta meines Vaters überrascht: ,,Ich hoffe du hast es angenommen!" Ich schüttelte den Kopf: ,,Ich hab Martyn gesagt, dass ich mir darüber Gedanken machen werde. Was wenn er plant mich zu hintergehen?" Berric schüttelte den Kopf: ,,Ich glaube nicht, dass er das Wagen würde, dafür steht für ihn zu viel auf dem Spiel." ,,Ihm liegt viel am Leben seiner Söhne, daher denke ich nicht, dass er Weylyn Sicherheit für die Umsetzung seine eigenen Herrschaftspläne opfern würde!", merkte der Beta an: ,,Du solltest es dir wirklich durch den Kopf gehen lassen. Martyn hat sein Rudel über Jahre geführt, ohne dass irgendwelche Konflikte anfielen. Er ist ein erfahrener und weiser Alpha und ich denke ihr könntet wirklich voneinander profitieren, Feinheiten lassen sich schließlich immer noch regeln."
,,Ich bin nicht bereit ihm seine Macht zu lassen!", stellte ich klar, ich tolerierte keinen einflussreichen Nebenbuhler. Berric nickte: ,,Das meine ich auch nicht, aber wenn er dir wirklich beratend zur Seite stehen würde, wäre das ein großer Gewinn für uns alle und vor allem für dich!", ließ er mich weiter an seinen Gedanken teilhaben: ,,Die Leute respektieren deine Stärke, Martyn überzeugt durch Erfahrung und Weisheit. Bis die beiden Rudel wirklich Eins sind, wird viel Zeit vergehen. Es muss Annäherung auf beiden Seiten geschehen, es wird sicherlich keine leichte Zeit. Aber wer könnte dir in der Zeit besser zur Seite stehen als der Vater deines Mates?" Tatsächlich gab ich ihm recht, es würde keinesfalls eine leichte Sache werden, auch in den Randgebieten von Martyns altem Herrschaftsgebiet mich als würdigen Alpha zu repräsentieren. Allein geographisch war das Territorium nun einfach zu groß, um überall gleichzeitig sein zu können und mit Sicherheit, galt es auch sich um einen zentraleren Wohnsitz zu bemühen.
,,Es ist unglaublich gut angekommen, dass du gemeinsam mit deinem Mate, den viele der Leute hier haben aufwachsen sehen, hierhergekommen bist. Ich glaube der Empfang wäre nicht annähernd so verlaufen und du wärest nicht auf so viel guten Willen gestoßen, wenn du ihn schlicht weg vor der Welt verschließen würdest!", führte Berric weiter an: ,,Du bekommst die Leute am ehesten auf deine Seite, wenn du ihnen zeigst, dass du nicht wie dein Vater regierst und alles und jeden unterdrückst, sondern ihnen zeigt, dass du dankbar für Lunas Geschenk bist. Es ist doch eine unglaublich gute Grundlage für eine Zusammenführung, wenn sich zwei Erben miteinander vereinen, findest du nicht?" Es war mir schwergefallen, Berric bei seinem vollständigen Redefluss zu folgen, doch ich nickte. Eins hatte ich verstanden, um ein guter Alpha zu sein, musste ich vor allem in der Anfangsphase Kompromisse eingehen und mich von dem loseisen, was mein Vater mir vorgelebt hatte.

Territory [manxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt