8. Kapitel

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Ich war absolut unausstehlich, dem war ich mir bewusst. Den Frust über mein eigenes Zögern und die erfahrene Missgunst durch meinen Vater ließ ich gnadenlos an jedem aus, der mir in die Quere kam, Rang und Name waren mir dabei gänzlich egal. Jeder dem es irgendwie möglich war, ging mir so gut wie möglich aus dem Weg. Für Baraek war meine Laune natürlich das gefundene Fressen, er genoss es sie zusätzlich zu strapazieren.

Nach einer Nacht mit herzlich wenig Schlaf und mehr als Genug Alkohol, fand ich mich im Versammlungsraum ein. Die Tür fiel Krachend hinter mir ins Schloss, alles Unterhaltungen verstummten augenblicklich. Ich ließ mich, von Baraek möglichst weit entfernt auf einem Stuhl nieder, sein dämliches Grinsen entging mir dennoch nicht. Berric trat an den Tisch heran und schob die darauf ausgebreitete Karte mehr in meine Richtung. Ich erkannte gleich die Gegend, die gekennzeichneten Reviere und die Grenzstreifen, die neutrale Zone, zwischen den Gebieten. Farblich hervorgehoben war jener Bereich, den wir am Vortag mit der Verfolgungsaktion bereits durchbrochen hatten. Genau dort landete nun auch Berrics Finger: ,,Sie werden die Grenzposten erneuert haben und regelmäßig Patrouillen halten. Hier und in allen weiteren Teilen, ihres Revieres, die dem unseren Gegenüber stehen!" Das Ironfur und das unsere Pack, teilten sich einen Großteil ihres Territoriums, als gemeinsames Grenzgebiet. Uns war es bisher immer recht gewesen, zu befürchten hatten wir nichts, für sie würde sich dies nun jedoch ändern.

,,Es ist nicht sinnvoll entlang dieser Grenzen vorzugehen. Sie werden uns früh genug bemerken und rechtzeitig gegen uns vorgehen können. Wir brauchen jedoch den Überraschungsmoment, wenn wir uns kurzhalten wollen. Schnell und unbemerkt, so wenig Tote wie nötig", fuhr Berric weiter fort. ,,Du meinst so viele Tote wie nötig, nicht wahr?", harkte Baraek an dieser Stelle ein. Ich sah den Blick, den die beiden Brüder tauschten und ich wusste, was sich jeder von ihnen dachte. Berric hatte sich in seiner Wortwahl nicht geirrt und Baraek hatte seinen Standpunkt zum Vorgehen klar gemacht. Er würde es sich sicherlich nicht nehmen lassen, so viel Blut wie möglich fließen zu lassen.

Berric fuhr selten steif mit seiner Strategie fort: ,,Außerdem ist es nicht ratsam, wenn wir uns durch zusätzliche Territorien bewegen. Sicherlich haben wir die Kapazität es auch mit mehreren Rudeln aufzunehmen, zeitgleich sollten wir es allerdings vermeiden." Mit dem Finger tippte er auf einen Punkt der Karte: ,,Daher erachte ich es als sinnvoll, wenn wir diese Route nehmen und den See passieren. So werden sie uns auf die Distanz nicht riechen und der Überraschungsmoment ist uns sicher. Noch dazu ist der See neutrales Gebiet, so verursachen wir keine zusätzliche Konfrontation." Berrics Plan erschien mir schlüssig, den anderen erschien es ähnlich zu gehen. ,,Wenn wir durch den See schwimmen, verschwenden wir viel zu viel Energie. Ich halte es für sinnvoller, wenn wir ihre Blockade durchbrechen und die Wachen töten, bevor sie Alarm schlagen!", wand Baraek ein. Mein Blick schweifte zu ihm, nichts an seinem Vorschlag wunderte mich. Berric suchte für einen Moment meinen Blick, ehe er erwiderte: ,,Sollten wir uns entscheiden eine der Grenzen zu durchbrechen, halte ich es für sinnig es an mindestens einer zusätzlichen Stelle ebenfalls zu tun. Haben wir mehrere Fronten, können sie ihre Kräfte nicht auf die eine fokussieren. Durch ihre Truppenbewegung könnten wir Zeit gewinnen." Mein Blick fiel wieder auf die Karte, mir wurde klar, die finale Entscheidung über das Vorgehen lag bei mir.

,,Wir greifen von dort drüben und hier an!", ich tippte auf zwei Punkte der Karte. Zahlenmäßig waren wir verdammt gut aufgestellt, wir würden den Gegner schlicht weg überrennen. Sicherlich würden genug sterben, aber auch das musste nicht zwangsläufig sein. ,,Ein weiterer Trupp durchquert den See und greift im Herzen an. Ihr Ziel ist Martyn und seine Familie!", fügte ich hinzu. Fiel der Alpha und jener der in seinem Todesfall an seine Stelle trat, würde das Rudel nicht bestehen. Sie würden sich geschlagen geben und wer es nicht tat, den würde ich Baraek überlassen. Berric nickte leicht und verzeichnete die von mir bedeuteten Punkte. ,,Ihr Alpha, ist in etwa hier angesiedelt!", er zirkelte einen Teil des gegnerischen Territoriums ein. ,,Gut, dann ist es beschlossene Sache. Konzentriert die Kraft auf die Flanken, der Trupp im Zentrum hat nur ein Ziel!", stellte ich klar und erhob mich. ,,Sofern mir bekannt, hat Martyn drei Söhne. Seine Tochter dürfen wir dennoch nicht außer Acht lassen.", mischte sich nun Grey ein. Auch er zeugte sicherlich von mit der meisten kriegerischen Erfahrung. Nichts zu dem, was uns bevorstand.

Mit einem kurzen Nicken segnete ich es ab. ,,Das Töten des Alphas obliegt einzig dem Alpha. Martyn fällt nicht im Kampf, sondern durch seine Hand. Das gleiche gilt für seine Söhne!", wand Baraek ein. Natürlich schwebte meinem Vater nicht mehr als eine würdelose Hinrichtung vor. Aber mich sollte es nicht interessieren, sollte er doch haben, was er wollte. Die Strategie stand fest, einzig die Verteilung der einzelnen Krieger, musste noch geregelt werden.

Hatte ich zuvor vorgehabt zu gehen, wuchs in mir nun doch das Bedürfnis mich mit Berric unter vier Augen zu unterhalten. Ich blieb, bis auch der letzte den Raum verlassen hatte und verschloss die Tür. Berric wirkte nicht überrascht: ,,Dein Vater hat all das hier schon jahrelang geplant!", meinte er, während er die Karte auf dem Tisch zusammenrollte. ,,Von was redest du?", wollte ich wissen, so hatte ich mir unser Gespräch nun doch nicht vorgestellt. ,,Den Krieg, Ace. Es scheint als hätte er in den letzten Jahren nichts anderes gemacht, als sich Strategien zu überlegen, wie wir jedes Rudel in unserer unmittelbaren Umgebung vernichten können!", er bedeutete mir ihm zu folgen. Tatsächlich konnte er mir einige Karten und Schriftstücke vorlegen, die schlicht weg von eben genau dieser Kriegsplanung zeugten. ,,Sogar Monddeuter scheint er längst involviert zu haben. Genau dieser Zeitpunkt, steht seit Jahren fest!", Berric tippt auf das Datum in einer der Schriften: ,,Dein Vater weiß genau, was er da tut!" Er verstaute das Schriftstück wieder sicher: ,,Aber ich verstehe nicht, warum es genau jetzt sein muss? Warum nicht zu einem anderen Zeitpunkt?" Nein, beim besten Willen, fiel mir darauf keine Antwort ein.

Territory [manxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt