56. Kapitel

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„Ich weiß nicht, was zwischen euch passiert ist, aber Weylyn wirkte ziemlich aufgelöst...", merkte Berric an, als er nach der Handschelle auch meinen Hals befreite. Die Haut war nach wie vor sehr gereizt und ich wusste inzwischen nicht einmal mehr, wie viel Zeit ich hier verbracht hatte. Die Tage, die ich hier ohne Wasser und Essen verbracht hatte, merkte ich inzwischen deutlich.
„Möchtest du drüber reden?", wollte Berric wissen und ich sah ihn ein wenig irritiert an. Nach Reden war mir nicht zumute, vielmehr sehnte ich mich nach Nahrung oder auch einer erfrischenden Dusche.
„Ace, ich weiß, dass dir sowas nicht leichtfallen kann, du warst lange...", ich gab dem Beta keine Chance weiter fortzufahren. „Du weißt gar nichts!", zischte ich ihn an, schließlich wusste ich genau, worauf er beabsichtigte anzuspielen. Ich wollte nichts der Gleichen hören und wies ihn an zu gehen. Etwas zu Essen würde ich mir selbst besorgen und ich tat etwas, was ich schon eine Weile nicht mehr getan hatte, ich ging auf die Jagd.

Gestärkt und geduscht schritt ich wieder in den Keller hinein. Ich hatte hier viel Zeit meines Lebens verbracht und man könnte meinen, dass ich mich inzwischen hier auskannte, doch dem war bei weitem nicht so.
Es gab Räume, die ich noch nie zuvor gesehen hatte und Räume, in denen ich selbst nicht mehr als eine Laborratte gewesen war. Aber warum sollte ich mir nicht genau das endlich auch einmal zu Nutze machen?

Die Spannung zwischen mir und Weylyn war deutlich zu spüren, als ich ihm das nächste Mal entgegentrat. Seine Haltung war distanziert und er war bedeutend ruhiger als üblich. Die Tatsache, dass ich ein halbes BDSM-Sortiment mit mir herumschleppte, machte die Sache keinesfalls besser.
„Komm mit!", forderte ich den Jüngeren auf, welcher sich daraufhin nur zögerlich daranmachte, mir zu folgen. In der Tür blieb er stehen und machte keine Anstalten noch einen Schritt weiterzugehen.
Es störte mich, also machte ich einige Schritte in seine Richtung, woraufhin er jedoch weiter zurückwich. Als ich ihn erreichte und die Tür schloss und er so nicht weiter fliehen konnte, sah er mich angespannt an.
„Und jetzt, hast du vor es gleich wieder zu tun?", mit derartiger Konfrontation hatte ich nicht gerechnet. Für einen Moment brachte ich mal wieder gar nichts zustande, aber das würde in dieser Situation nicht genügen.

„Es tut mir leid!", fand ich irgendwann tatsächlich meine Stimme wieder: „Es tut mir wirklich leid und ich möchte nicht, dass es wieder passiert!" Weylyn wich meinem Blick aus, als ich versuchte ihn anzusehen. „Ich habe mir überlegt, wie wir es in Zukunft versuchen könnten..., wenn du überhaupt noch willst...", meinte ich.
Nun sah Weylyn mich tatsächlich an, sein Blick ließ sich für mich allerdings nicht klar definieren. „Es ist okay, wenn du es nicht willst!", fügte ich entsprechend hinzu.
Eine ganze Weile schwiegen wir uns an, bis Weylyn sich zu einer Antwort durchrang: „Ich denke ich brauche Zeit..." Tatsächlich konnte ich ihn dahingehend verstehen und das wusste ich ihm auch zu signalisieren.

Es dauerte Tage, bis sich Weylyn neben mir im Bett wieder wohlzufühlen begann. Die ersten Nächte, in denen wir wieder vereint waren, hatte er mit Jace in einem anderen Zimmer verbracht. Meinen Umgang mit Jace betrachte er mehr besorgt als glücklich, so sehr ich mich auch um Vorsicht bemühte.
Nun war eine der ersten Nächte, die wir wieder gemeinsam im Bett verbrachten. Weylyn lag mit dem Rücken zu mir und irgendwann rutschte ich einfach dichter an ihn heran. Ihm war zunächst nicht ganz wohl dabei, als ich meinen Arm um ihn schlang, nach einer Weile schien er sich allerdings damit arrangiert zu haben.
„Es tut mir wirklich leid!", hauchte ich leise hervor, eine Antwort bekam ich nicht, aber das Weylyn mich nicht gleich wieder wegstieß, genügte mir fürs erste.

Den nächsten Morgen war es endlich so weit, dass wir gemeinsam in unser neues Heim ziehen konnten. Weylyns verhaltene Freude darüber und dass er vorerst von seinen Eltern getrennt sein würde, die ihm nun so viel Rückhalt gaben, schienen ihm ordentlich auf den Magen zu schlagen.
„Wir können es auch noch rauszögern, wenn dir das lieber ist oder ich gehe zunächst allein, das wäre auch in Ordnung!", meinte ich, um ihn ein wenig zu beschwichtigen. „Nein, ist schon in Ordnung!", meinte Weylyn, er hatte Jace auf dem Arm, wirkte jedoch keinesfalls euphorischer. Er hatte sich wirklich darauf gefreut, endlich mit mir gemeinsam in ein neues Leben zu starten, aber nun schien davon nicht mehr viel übrig zu sein.

Ein wenig Begeisterung kehrte allmählich zurück, als Weylyn erkannte, dass so gut wie all seine Vorstellungen in Einrichtung und Gestaltung berücksichtigt worden waren. Auch mir gefiel es wirklich gut und es hatte ein ganz anderes Gefühl hier zu stehen, statt dort wo ich aufgewachsen war. Es war fast befreiend hier zu sein und ich hoffte, dass auch Weylyn es bald so empfinden würde.
„Ich würde die erste Nacht gern bei Jace verbringen!", merkte der Omega stattdessen an. „Ich denke er wird sich zunächst an die ungewohnte Umgebung gewöhnen müssen und er fühlt sich bestimmt wohler, wenn ich bei ihm bleibe!", das war mit ziemlicher Gewissheit nicht der einzige Grund, aber einer den ich meinem Mate unmöglich ausschlagen konnte. Natürlich hätte ich die erste Nacht hier gern gebührend mit ihm verbracht, aber wir waren eben nicht mehr nur zu zweit.
„Ist in Ordnung!", merkte ich an: „Soll ich euch vielleicht Gesellschaft leisten?" „Das musst du nicht, wenn du nicht möchtest, außerdem ist auf dem Sofa auch nicht so viel Platz, ... das wäre dir bestimmt zu eng!", meinte Weylyn, darauf gab es im Grunde nur eine richtige Antwort.
„Ich fände es wirklich schön, die Nacht mit euch zu verbringen!", meinte ich: „Wenn nicht in seinem, warum nicht in unserem Zimmer? Wir haben genug Platz und sowieso ein Beistellbett, aber er darf auch gern in unserem Bett schlafen." Weylyn sah mich für einen Moment an, als würde er überlegen, dann aber willigte er ein.

Territory [manxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt