Ich hatte nicht besonders viel und gut geschlafen. Oweins Worte hatten mir viel zum Nachdenken gegeben, aber ich war froh, dass mein Bruder über Nacht bei mir geblieben war.
Mich wirklich frei im Haus zu bewegen, wagte ich nicht. Wir durften es wohl, wie auch im gesamten restlichen Revier, wie man uns zu verstehen gegeben hatte, wirklich glauben konnte ich es allerdings nicht. Lediglich der Hunger trieb uns schließlich doch hinab in die tieferen Etagen. Ein paar neugierige Blicke der Rangniedrigen, die hier die Hausarbeit verrichteten, bekamen wir zwar, aber immerhin keine feindseligen.
,,Ihr habt bestimmt Hunger, nicht wahr?", eine junge Frau gesellte sich zu uns. Sie war klein und wie auch ich ein Omega. Viele hatte ich hier bisher zugegeben noch nicht gesehen. ,,Ja, es wäre wirklich nett, wenn wir vielleicht ein wenig zu Essen bekommen dürften!", tastete sich mein Bruder etwas an sie heran. Er wollte weder aufdringlich noch unhöflich werden, dass übernahm das Knurren seines Magens schon ganz von allein.
,,Folgt mir bitte!", davon unbeeindruckt, führte uns die junge Frau in den Speisebereich. Zwar hatten wir ihn bereits zuvor passiert, angenommen, dass wir dort einfach so Platz nehmen durften, hatten wir allerdings nicht. ,,Ihr seid bestimmt sehr hungrig!", die junge Frau lächelte vor allem Owein leicht zu, als sie uns die gut gefüllten Teller überreichte. ,,Danke, das stimmt!", lächelte mein Bruder ihr entgegen. Schnell schenkte er jedoch dem Essen deutlich mehr Beachtung als der hübschen Frau in seiner Gegenwart.Essen hatte mir selten so gut geschmeckt wir dieses. Allerdings war ich bisher auch noch nie so ausgehungert gewesen. Wir hatten nach knappen Austausch mit unserer Gesellschaft in Erfahrung gebracht, dass der Omega tatsächlich Ace Schwester war. Eine optische Ähnlichkeit der beiden bestand nicht und auch sonst, war da sicherlich wenig, dass sie verband.
,,Was hast du erwartet, wer der Mate deines Bruders wird?", wollte Owein interessehalber wissen, bedachte mich jedoch auch mit einem kurzen Blick. ,,Naja, seine Erfahrungen hat er definitiv bereits gemacht!", gestand die Dunkelhaarige, mir warf sie einen entschuldigenden Blick zu. Ich schluckte, doch wenn ich ehrlich war, überraschte es mich auch nicht. Er war ein Alpha, wer wenn nicht er fand jemanden zur Befriedigung seiner sexuellen Bedürfnisse?
,,Ich habe, um ehrlich zu sein nicht erwartet, dass sein Mate männlich ist...", Ace Schwester betrachtete mich kurz: ,,Oder ein Omega...". Meine Wangen verfärbten sich unweigerlich ein wenig, doch ich versuchte mich zusammen zu reißen. ,,Aber wenn Luna es so bestimmt hat, dann wird es wohl seine Richtigkeit haben. Es wird ihm gut tun, jemand beständigen und vernünftigen an seiner Seite zu haben!", ihre Lippen verzogen sich zu einem leichten Lächeln: ,,Vielleicht wird er dadurch auch ruhiger und anders als Adrik." Sie adressiert ihn nicht als ihren Vater.
Ich spürte Oweins Blick auf mir ruhen und entschied mich ihn zu erwidern. ,,Ist er immer so wie wir ihn erlebt haben?", mein Bruder sah zu der jungen Frau herüber. Sie erwiderte den Blick kurz, dann nickte sie: ,,Impulsiv ist er in jedem Fall... und nicht gerade zimperlich. Für einen Moment habe ich wirklich gedacht, er tötet auch dich!" Die letzten Worte waren an mich gerichtet, Owein blickte alles andere als begeistert drein.- Ace -
Berric war dem Tod um ein Haar von der Schippe gesprungen. Sein Bruder und unser ehemaliger Alpha hatten ihn schwer verletzt. Gebrochene Knoche und geschädigte Organe waren unausweichlich gewesen. Er war mir zur Hilfe geeilt. Berric hatte sich gegen seinen Alpha und auch gegen seinen Bruder gestellt, um mir beizustehen und dafür hatte er bezahlt.
Sein Körper war nicht in der Lage gewesen, sich allein zu regenerieren. Die Verletzungen waren teils kompliziert und schwerwiegend gewesen. Erst ein Eingriff von Heilern und Ärzten, hatte ihn wieder auf die richtige Spur gebracht. Noch jetzt war nicht klar, wann er wieder seine volle Stärke erreicht hatte und ob es jemals wieder dazu reichen würde. Die Heilung durch trennte Sehnen war nie eine simple Sache gewesen. Ich war meinem langjährigen Begleiter jedenfalls nicht von der Seite gewichen. Berric hatte meinen höchsten Respekt und meine Anerkennung verdient. Wie sonst sollte ich es ihm zeigen.
Aus der Narkose war er bereits erwacht, doch sein Körper begann nur langsam das Narkotikum zu verarbeiten. Er sprach nicht, aber sein Blick war wirr, als er durch die Räume wanderte. Ich hatte auf einem Sessel, den man extra für mich herbeigeschafft hatte, platzgenommen. Es missfiel mir den stehts starken Mann so zu sehen, aber ich würde alles daransetzen, seine bestmögliche Heilung herbeizuführen.
In der Zeit, die ich still in meinem Sessel verbracht hatte, waren ab und an Ärzte hereingeschneit. Ansonsten war es ruhig geblieben und so hatte ich Zeit zum Nachdenken gefunden. Mir war klar, was ich getan hatte, und mir war klar, dass ich es wieder tun würde. Meinen Vater hatte ich ja immerhin in Notwehr getötet. Ich hatte ihm viel durchgehen lassen, bei Vielem zugesehen, aber meinen Mate zu töten, gehörte definitiv nicht dazu. Er hatte gewusst mit wem er sich anlegte, aber offensichtlich war die seine Arroganz noch größer als die meine gewesen. Was Baraek anging, hatte ich längst nur noch auf einen geeigneten Moment gewartet, ihn endlich tot zu sehen. Zumindest dies und mein unbändiger Hass auf ihn, schockierten mich dann doch.
Mein Mate... Ja, meinen Mate hatte ich mir grundsätzlich anders vorgestellt. Lange Beine, pralle Brüste und ein runder Hintern. Über zweierlei ließ sich vielleicht noch streiten, aber die Tatsachen waren allgemein doch recht ernüchternd. Von allen Rängen und Veranlagungen ausgerechnet ein Omega... Eine schwache und hilfsbedürftige Kreatur, zum Herrschen grundsätzlich ungeeignet. Immer wieder sah ich den kleinen schmächtigen Jungen vor mir und wie die Angst in seinen Augen blitzte. Mir liefen immer wieder vereinzelte Schauer über den Rücken und in meinem Magen breitete sich ein warmes Gefühl aus, doch mein Kopf rebellierte. Mir wurde schlecht und zunehmend übler, je weiter ich mich in das Ganze hineinsteigerte. Nicht mal einen Stammhalter konnte ich mit diesem Versager zeugen.
Wütend und frustriet führte mich einer meiner ersten Amtswege hinüber zur Kloschüssel. Meine Laune verbesserte dies natürlich überhaupt nicht. Meinen Frust ließ ich an Kloschüssel und Fließen aus.
,,Du kannst dich nicht dagegen wehren...", vernahm ich leise eine vertraute Stimme. Ich hob den Kopf und drehte mich in Richtung des Bettes. Berric schien seine Stimme wieder gefunden zu haben. Er war der einzige, dem ich jetzt mein Vertrauen schenken würde.

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Territory [manxboy]
LobisomemAce kannte seinen Vater nicht anders... der Alpha war herrisch und rachsüchtig. Nicht selten ließ er seinen Unmut auch an ihm aus. Als es dann auch noch zu Konflikten im Rudel kommt, beginnt die Lage allmählich zu eskalieren. Was Adrik im Zuge desse...