Kapitel 66

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Jakob POV

Harry lag in meinen Armen und mir tat es schon wieder unendlich leid, wie hart ich ihm gegenüber geworden war, aber er hatte erneut diese Linie überschritten, die einfach das Schlimmste in mir zum Vorschein brachte. Er triggerte damit Dinge, die ich ganz tief in mir vergraben hatte und nie wieder fühlen wollte und leider war mir in dem Moment die Kontrolle entglitten.

"Es tut mir leid.", murmelte ich bestimmt schon zum dritten Mal in sein Ohr, streichelte über seine nackten Arme, während Louis zurückkam.

"Ich mache das schon.", sagte ich, schenkte ihm ein unsicheres Lächeln, denn in Louis Augen sah ich, dass auch er noch immer erschrocken schien, über den Jakob, den er da hatte sehen müssen.

"Leg dich bitte auf den Bauch.", forderte ich Harry sanft auf, der sofort gehorchte, sein Gesicht in das Kissen unter ihm drückte.

So vorsichtig wie möglich verteilte ich die Creme an seiner empfindlichsten Stelle. Zum Glück war er weder verletzt, noch hatte ich sein altes Trauma durch mein unkontrolliertes Verhalten wieder hoch geholt.

"Fertig.", sagte ich leise und drehte ihn zurück, sah dann die Tränen auf seinen Wangen.

"Scheiße.", war alles, was ich herausbrachte, als ich diese grünen Augen sah.

"Es ist o.k.", kam es von Harry, leise, doch die Worte kamen bei mir nicht an und ich sprang aus dem Bett.

"Kümmert euch. Bitte.", sagte ich gehetzt zu Louis und Luca, die nur nickten, bevor ich mich schnell anzog und dann aus der Tür verschwand.

XXX

Harry POV

Während Jakob mich eingecremt hatte, begriff ich erst, welch gravierenden Fehler ich gemacht hatte. Ich hatte ihn bedrängt, hatte ihn versucht zu zwingen über seinen Schatten zu springen. Das Gewissen in mir schrie mich an, wie ich mich so kindisch hatte verhalten können. Unbedingt meinen Willen durchsetzen wollte, gegen alle Widerstände.

Mir traten die Tränen in die Augen. All die Jahre war Jakob mit mir so unendlich geduldig gewesen, hatte mich nie zu etwas gedrängt, versucht über Grenzen zu schubsen, sondern hatte ganz sanft gewartet, bis ich immer zum nächsten Step bereit war. Und ich?

Jakob verließ nahezu fluchtartig den Raum und ich fühlte mich sofort noch viel schlechter als vorher.

"Harry.", Luca und Louis krabbelten zu mir, legten ihre Arme um mich, doch ich schüttelte sie ab.

"Er muss getröstet werden, nicht ich. Ich war der Arsch. Ich habe ihn versucht zu etwas zu bekommen, was er nicht wollte.", ich schluchzte, aber mehr vor Wut und Enttäuschung auf mich selbst.

"Er war zu hart zu dir.", Louis strich mir über den Kopf, doch ich schüttelte den Kopf.

"Er hätte mich verhauen sollen, für das was ich getan habe.", gab ich zurück und wischte mir die Tränen aus den Augen. "Wie konnte ich nur? Ich habe versucht ihn zu Dingen zu zwingen, zu denen er nicht bereit ist. Wer weiß, was da dahinter steckt. Ich, ich hasse mich dafür!", meine Stimme überschlug sich und es dauerte eine Weile, ehe ich mich wieder so beruhigte, dass wir aufstehen konnten.

"Hoffentlich ist er nicht weggefahren.", sagte ich und hatte schon so eine Ahnung.

"Wenn höchstens zu uns heim.", kam es von Luca, der sich mit Kommentaren komplett zurückgehalten hatte.

"Dann schauen wir da nach. Ich muss mich entschuldigen.", unruhig fuhr ich mir durch die Haare, wollte schon nach dem Autoschlüssel greifen, doch da packte Louis meine Hand.

"Ich fahre. Du baust nachher noch einen Unfall, so aufgeregt, wie du bist.", sagte er ruhig und abgeklärt, nahm den Schlüssel und öffnete die Tür.

Die Fahrt zum Haus der zwei dauerte die gewohnte halbe Stunde, aber als vor der Tür nicht das Auto der beiden zu sehen war, wurde mir schlecht.

Extraordinary Ways - LS 5. Teil der HeptalogieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt