Kapitel 45 - Jagen und gejagt werden

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Kapitel 45 - Jagen und gejagt werden

Justin's POV:

Die Worte von Mr. Dale hatten mich tief getroffen, aber ich wollte nach vorne sehen. Generell verstand ich nicht, was er sich einmischen musste. Als Musiklehrer genügte es, mich in der Musik zu unterstützen und sich nicht ungefragt in mein Privatleben einzumischen. Mir ging es gut, das war nicht gelogen. Ich hatte vor, Faith als das Mädchen an meiner Seite anzunehmen und Kira konnte ich nachts lieben. In meinen Träumen. Tagsüber musste ich Kira einfach ausblenden, selbst wenn sie mich den ganzen Tag über verfolgte, aber das würde mir sowieso keiner glauben. So konnte mein Leben erstmals auf geraden Linien verlaufen, zumindest für eine kurze Zeit. Was bringt es einem Menschen immer weiter rückwärts zu laufen? Ich musste die Zukunft fokussieren, das Rückwärtslaufen stoppen. Denn so würde kein Sportler der Welt im Ziel ankommen. Ich war mir sicher, dass ich Beide lieben könnte.

Müde gähnte ich und wartete darauf, dass der Aufzug kam, sodass ich endlich ins Bett gehen konnte. Lange ließ der Aufzug nicht auf sich warten und ich sah gelangweilt den Schiebetüren zu, die sich öffneten. Die Automatik verlief so schleppend. Ein paar neue Geräte würden dem Internat nicht schaden.

Meine Miene verfinsterte sich, als ich in Codys Angesicht sah. "Na sieh mal einer an, wen haben wir denn da?", spottete mein früherer bester Freund und grinste belustigt. Heute war ein schöner Tag gewesen. Ich hatte meine Leidenschaft wieder für mich entdeckt und diesen Triumph würde ich mir für heute nicht mehr nehmen lassen. Daher beschloss ich, mich nicht provozieren zu lassen. "Cody.", begrüßte ich ihn anstandshalber. Die beste Weise seine Feinde zu provozieren ist, nett zu ihnen zu sein. Ohne ihn weiter zu beachten versuchte ich mich an ihm vorbei zu drängen, sodass ich endlich in die Etage meines Zimmers fahren konnte. Dennoch, wie nicht anders zu erwarten versperrte mir Cody den Weg. Seufzend machte ich einen Schritt zurück, um wieder Abstand zwischen uns zu bewahren. Heute wollte ich wirklich keine Prügel mehr kassieren. "Da hat es aber jemand eilig. Den ganzen Tag scheiß Lärm machen, sodass jedem hier auf den Gängen die Ohren abfallen und jetzt nicht mal eine Konversation unter guten, alten Kumpels führen wollen.", Cody lachte verbittert. Genervt fuhr ich mir durch die Haare und schaute ihm ins Gesicht. Seine Wangenknochen waren härter und markanter geworden. Generell, er sah nicht mehr so lebensfroh aus, wie vor einem Jahr. Aber wer von uns war denn auch wirklich froh? " Ganz im Ernst, was willst du jetzt von mir?", zischte ich, machte aber keine Anstalten weiterzugehen. Cody stemmte seine Hände gegen die Hüften und machte sich noch größer, als er eh schon war. " Ich weiß nicht, Bieber. Aber ich hatte so das Gefühl, dass ich dich heute noch viel früher antreffen hätte sollen.", ich verstand nicht wirklich, was er von mir wollte. "Ich habe viel eher mit dir gerechnet, aber du bist ja nicht aufgetaucht.", er hob die Arme und ließ sie locker wieder fallen. Amüsiert über meine Unwissenheit lachte er. " Was für ein abgefucktes Spiel treibst du?", wütend trat ich einen Schritt vor, um bedrohlicher zu wirken. Damit bezweckte ich genau das Gegenteil. Er räusperte sich lachend und hielt sich demonstrativ den Bauch. "Ich sehe schon, mit deiner kleinen, neuen Liebe hast du noch nicht gesprochen.". Meine Alarmglocken läuteten und meine Hände ballten sich zu Fäusten. "Was hast du mit ihr gemacht?", meine Stimme bekam einen warnenden Unterton und ich musste mich im Zaum halten, meine Prinzipien nicht über Board zu werfen und Cody das zu geben, was er verdiente. Cody hob abwährend die Hände: " Ho, ho, mach mal Halblang, Kleiner. Ich habe der hübschen Miss Heather rein gar nichts getan.", aus seinen Lippen klang das wie eine glatte Lüge. Nach all dem Leid, was Faith wiederfahren ist, traute ich Cody alles zu."Ich schwöre bei Gott, wenn ich herausfinde, dass du -", er unterbrach mich:" Frag sie doch einfach. Frag das kleine Miststück, das Kira ersetzt hat, als ob es sie nie gegeben hätte." Ich schloss die Augen, regulierte meinen Atem und versuchte mich an meine gute Erziehung zu erinnern, um nichts Unüberlegtes zu tun. "Ich habe Sie nicht vergessen.", quetschte ich aus meinen Zähnen hervor und versuchte das Beben meines Körpers zu kontrollieren. "Ich beleidige die süße Faith und alles woran du denken kannst ist, dass ich dir einen Vorwurf bezüglich Kira gemacht habe?", er lachte:"Respekt, vielleicht habe ich dich doch falsch eingeschätzt." Kopfschüttelnd ignorierte ich seine Worte. "Ich muss dann auch mal, Bieber. Bettruhe, daran sollte man sich halten.", ihm kamen die Worte ironisch, fast schon zynisch, über die Lippen: "Und falls ich der kleinen Heather, deiner neuen, großen Liebe, vermutlich größer als die zu Kira, die ja damals schon ach so groß war, etwas angetan haben sollte, dann kannst du dich gerne bei mir melden. Ich würde mich ernsthaft auf einen Besuch deinerseits freuen.", lässig hob er die Hand,als Signal, dass er nun verschwand. "Ich warne dich, Simpson. Solltest du es zu weit treiben, dann jage ich dich. Denn der depressive Junge von vor einem Jahr ist gegangen."Stur sah ich ihm in die Augen, verlieh meinen Worten auf diese Weise Nachdruck und hoffte innerlich, dass ich niemals meine Hand erheben müsste. Aber wenn es um Faith ging, wenn es um Kira ging, wenn es um meine Mädchen ging, dann würde ich zum Tier werden. "Justin, mein Lieber, jagen und gejagt werden, darin liegt ein Unterschied. Und wenn es um uns Beide geht, dann bin ich der Jäger.", er zwinkerte mir zu und verließ die Gemächer. Irgendwas musste vorgefallen sein. Etwas zwischen Faith und Cody war während meiner Abwesenheit passiert. Ich musste der Sache auf den Grund gehen. Ich musste sichergehen, dass er ihr nichts getan hatte und bei einer Sache war ich mir nicht ganz sicher: Hatte er mich absichtlich provoziert und wollte, dass ich aus meiner Haut fahre oder war ich heute einfach nur besonders sensibel? Beide Optionen mussten in Betracht gezogen werden und wenn Cody wirklich wollte, dass ich ausraste und er Faith wirklich etwas getan hatte, dann lag es an mir, die Kontrolle zu bewahren und ihm nicht die Reaktion zu schenken, die er von mir wollte. Nicht, weil ich ihm nicht auf den Leim gehen wollte, sondern, um einfach nicht in alte Muster zu verfallen. In die Muster eines Schlägers.


Cody's POV: Der Bastard wusste es noch nicht. Faith hatte noch nicht mit ihm gesprochen. Grimmig verließ ich das Victim und leckte mir über die Lippen. Selbst wenn er sich nicht so leicht provozieren ließ, wie ich dachte, bald würde ich ihn so weit haben und dann würde meine Zeit kommen. Dann konnte ich Justin fertigmachen. Am Liebsten hätte ich ihn heute schon so weit gehabt. Wenn Faith ihm erstmal alles erzählt hat, rastet er aus und ich kann diese Chance ergreifen, um ihn zu zerstören. Endgültig. Eine Sache störte mich. Bieber war stärker geworden. Das Miststück hatte irgendeinen beknackten Hebel bei Justin umgedreht, weshalb der Kleine jetzt auf ganz Groß machte. Aber das würde vergehen, spätestens wenn ich mit ihm fertig war.


Justin's POV: Ohne Faith in meinem Zimmer fühlte ich mich leer. Es war irgendwie nicht dasselbe die Räume zu betreten, wenn sie nicht dabei war. Alles hier war so verfremdet, so ohne Bedeutung ohne sie. Das war ein komisches Gefühl, vor allem, wenn man bedachte, dass ich hier schon lange ohne sie gelebt hatte. Erschöpft ließ ich mich auf mein Bett plumpsen und starrte gedankenverloren Löcher in die Luft. Das leichte Vibrieren meines Handys holte mich aber direkt wieder in die Realität zurück, ehe ich überhaupt richtig in meine Gedanken driften konnte. Ein kurzer Blick auf den Display verriet mir, dass es sich um Ryan handelte. "So spät noch telefonieren?", begrüßte ich ihn mit einem halben Grinsen. "Ja, Mann, ich-", er klang besorgt und misstrauisch hob ich eine Braue. "Ist alles in Ordnung bei dir?". Es blieb für eine kurze Zeit still, ehe er endlich mit der Sprache rausrückte: "Ja, Mann. Ich hab mir nur-", er seufzte:" Ja, Mann ich habe mir halt Sorgen gemacht.". In dem Moment wusste ich nicht was ich fühlen sollte. Auf einer Seite war ich unendlich froh reinen Tisch gemacht zu haben, aber ich wusste, dass die Konsequenzen darin bestanden, unter ständigen Kontrollwahn von den Menschen zu leiden, die mich liebten. Ich wusste, dass das passieren würde und genau davor hatte ich angst. Angst davor, anders behandelt zu werden. "Ryan, ich habe mich auch so manchmal nicht gemeldet. Ich wusste nicht, dass sich das jetzt urplötzlich als Problem rausstellen sollte." Auch wenn er es nicht sah, zuckte ich mit den Achseln. "Ja, ich weiß. Nur, ich wollte halt wissen wie es dir geht und so. Ob es dir gut geht." Ich räusperte mich laut, um meine miese Laune diesbezüglich zu verdeutlichen: "Wenn du es genau wissen willst, ja, ich bin glücklich. Heute habe ich den ganzen Tag im Musikraum verbracht und ein paar Songs geschrieben." Ich wusste, dass ich gleich endlich Ruhe hatte. "Dein Ernst?", seine Stimme klang gleich viel enthusiastischer. "Sonst würde ich es dir ja nicht erzählen." "Na,na, Justin, vorher hast du mich auch belogen.", murrte er und versetzte mir einen Stich ins Herz. "Wirst du mir das jetzt ewig vorhalten?", meine Miene verfinsterte sich. "Nein, mich freut das alles. Aber wenn was ist, dann-", ich fiel ihm ins Wort:" Melde ich mich." Ich wusste nicht weshalb er fragte. Vermutlich aus Interesse, vielleicht auch, um vom Thema abzulenken, aber er fragte:" Und was ist mit dieser süßen Maus, die du dir geklärt hast?", ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. "Die süße Maus ist jetzt meine Süße.", ich grinste wie ein Honigkuchenpferd. "Ich wusste es! Ich hab es gewusst!", schrie er und es fiel mir einfach, mir sein breites Gesicht vorzustellen. "Ich bekomm' jetzt zehn Dollar von dir!", hörte ich ihn rufen und schmunzelnd starrte ich meine Wand an. "Wofür?". "Ach, quatsch, nein, ich habe nicht mir dir geredet. Das war Chaz. Wir haben gewettet." Ungläubig verdrehte ich die Augen: "Da hast du nicht getan." "Ich bin vielleicht dein bester Kumpel, aber auch ein Arsch.", wir lachten Beide. "Du, ich bin müde, ich gehe schlafen.", versuchte ich dem Gespräch ein Ende zu setzen. "Gut, ich freue mich für dich Justin. Ich erwarte von dir, dass du dich meldest. Hast du verstanden?", er klang wieder besorgt. "Habe ich.", damit legte ich auf. Mit solchen Freunden wie Ryan war ich echt gesegnet worden. Vorsichtig lehnte ich mich zurück und versuchte die Augen zu schließen. Gerade als ich meinen müden Punkt erreicht hatte, vibrierte mein Handy erneut. Genervt schaute ich auf das Display. "Mom.", begrüßte ich sie und versuchte freundlich zu klingen. Ich wollte einfach nur noch schlafen. "Ryan hat angerufen! Oh mein Gott, Justin, ich freue mich ja so!", schrie sie überschwänglich und ein Teil meines Herzens machte Luftsprünge. Es gibt nichts Schöneres im Leben als deine Liebsten glücklich zu wissen. "Ja, Mom, alles ist Bestens. Ich hätte dich anrufen sollen, wie abgesprochen. Ab jetzt werden ich es täglich machen, okay?" "Ja, ja, alles in Ordnung. Aber erzähl mal, mein Sohn. Wie ist sie?" Natürlich wusste ich wen sie meinte. "Mom, du kennst sie. Faith ist perfekt. Du hattest Recht, es ist in Ordnung sich neu zu verlieben. Es ist okay, zwei Menschen zu lieben." Sie stockte: "Zwei Menschen?". Achselzuckend nuschelte ich ein "Vergiss es.", denn es würde sowieso keiner verstehen.

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Woah, tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. Ich hatte echt viel Stress. I knooow, das ist keine Entschuldigung. Danke, falls ihr noch vorhabt weiterzulesen.

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