Kapitel 28 -Ich möchte mich an dich erinnern

1K 46 10
                                    

Kapitel 28 -Ich möchte mich an dich erinnern

Faith's POV: Nach unserem Klärungsgespräch verflog die Zeit wie im Flug. Justin hatte es sich neben mir auf der Bank gemütlich gemacht. Ihn musste wirklich ein schlechtes Gewissen plagen,denn er ließ mich nicht mehr aus den Augen. Ich hatte ihm versprochen,dass die Sache so gut wie vergessen war,jedoch bestand er regelrecht darauf neben mir zu sitzen und mir minutenlang zu sagen wie toll ich doch war. Irgendwann hatte auch mal er endlich aufgehört zu quatschen und schien weggetreten zu sein.Er hatte seinen Kopf gegen meine Schulter gelehnt und die Augen geschlossen. Dasselbe tat ich auch und wir dösten ein wenig. Aber so sehr ich mich auch anstrengte,ich kam nicht zur Ruhe.Justin beschäftigte mich. Der Streit mit ihm hatte mir ganz schön zugesetzt und ich wollte einfach nicht nachvollziehen,weshalb Justin mir sein Herz nicht ausschütten konnte. Außerdem würde ich in wenigen Minuten seine Mutter kennenlernen. Die Frau,die ich anlügen musste. Mir kam es falsch vor und ich wusste,dass das irgendwann in die Hose gehen würde. Mir war nicht wohl dabei eine Frau kennenzulernen und diese anlügen zu müssen,obwohl mir diese doch Unterschlupf gewährte.Es war mir eh schon so unangenehm,dass sie über mich bescheid wusste. Justin hatte mich damas nicht gefragt und es einfach als Voraussetzung gesehen es ihr zu sagen,weshalb ich wirklich hätte sauer sein können. Jedoch konnte ich Justin vertrauen und wenn er meinte es seiner Mutter zu erzählen,dann war das vermutlich auch richtig so.

Aus den Lautsprechern des Zuges wurde auf die nächste Station hingewiesen und ich seufzte. Meine Augen flogen auf und ich sah kurz einige Menschen aus dem Zug steigen. Hundemüde schloss ich meine Augen wieder und genoss Justins leisen Atem,der gegen meinen Hals hauchte. Es war ein angenehmes Kitzeln.Mit einem Mal aber war Justin hellwach,stand auf und griff häcktisch nach unseren Sachen. "Wir sind da,Faith,wir sind da!",schrie er und sein Gesicht strahlte vor Freude. Müde rieb ich mir den Schlaf aus den Augen. Man konnte einfach nie zur Ruhe kommen."Wir sehen jetzt meine Mutter,meine Mama!",er bekam wieder diesen kindischen Gesichtsausdruck wie zuvor beim Abschied im Internat. Alles von eben war wie vergessen,so wie ich es mir gewünscht hatte. Auch ich stand auf und schnappte mir meinen Koffer. Als wir den Zug verließen,blies mir der Wind unangenehm ins Gesicht und eine leichte Kälte überkam mich. Dabei war mir nicht bewusst,ob ich nur aufgeregt war oder es wirklich so fror,wie ich dachte.Meine Augen mussten sich erst an die Sonne gewöhnen,die hell am Himmel stand. "Willkommen am anderen Ende von Toronto.",lächelte Justin aufgeregt und sah sich dann um. Suchend ließ er seine Augen auf die uns gebotene Sicht gleiten und als er etwas entdeckte,ließ er seinen Blick haften. Ich folgte diesem Blick und nahm eine kleine,schlanke Frau wahr. Sie hatte lange,braune Haare,helle Haut und schon vom Weiten konnte man ihre blauen Augen erkennen. Wenn das seine Mutter war,dann brauchte man sich nicht um Justins Aussehen wundern. Die Schönheit lag in den Genen. Die Frau war wunderschön. Gebannt sah ich sie langsam einige Schritte auf uns zulaufen. "Ist das-",ich wollte ihn gerade nach der Dame fragen,da ließ er seine Koffer fallen. Sie prallten auf den harten Steinboden und er rannte auf die Frau zu. "Mama!",jubelte er wie ein Kind und auch die Frau beschleunigte ihr Tempo. Ich sah den Beiden dabei zu,wie sie sich gegenseitig in die Arme warfen und eng umschlungen ihre Köpfe aneinader reibten und sich Dinge ins Ohr flüsterten. Meine Wangen erhitzten sich und ich kämpfte dagegen an zu weinen. Noch nie hatte ich sowas Schönes gesehen. Auch Justin sah ich noch nie zuvor so glücklich. Grübelnd sah ich diese kleine Familie an,die mich anscheinend nicht mehr zu registrieren schien. Sie waren zu vertieft in sich selber und in ihr Wiedersehen.Familie ist der wichtigste,elementarste Bestandteil unseres Lebens und mir kam der Gedanke,dass Familie der Sinn des Lebens war. Die Familie sollte immer hinter einem stehen,selbst wenn es sonst keiner tat. Diese Menschen liebten dich bedingungslos. Unbehaglich kaute ich auf meiner Unterlippe. Familie besaß ich nicht. Dieses Gefühl hatte ich noch nie. Ein Schauer lief mir über den Rücken und mit einem Mal fühlte ich mich fehl am Platz und alleine auf dieser Welt. Ich zog meine Lippen zu einer Schnute und versuchte mir meinen Neid nicht anmerken zu lassen. Es dauerte eine Weile,ehe Justin sich umdrehte und mit einem Finger auf mich zeigte,während er seiner Mutter etwas erklärte. Justin fasste seine Mutter bei seiner Hand und dann kamen sie schnellen Schrittes auf mich zu. "Faith!",rief Justin mir zu. Mein Herz schlug schneller und ich hoffte inständig,dass ich präsentabel aussah. Als die Beiden vor mir standen,verschlug es mir die Sprache. Diese Ähnlichkeit zwischen den Beiden war verblüffend.Beide kennzeichneten dieselben Gesichtszüge und die Wangen waren dieselben. "Das ist meine Mutter.",sagte Justin stolz und zeigte auf die Frau neben ihm. "Mama,das ist Faith,eine gute Freundin.",erklärte er ihr. Sie sah mich an und hatte ein herzliches,weiches Lächeln im Gesicht. Ihre Augen funkelten. "Hallo,ich bin Patricia,nenn mich doch Pattie.",trällerte sie und als ich ihr schüchtern die Hand ausstreckte,schloss sie mich schon in eine innige Umarmung. "Faith.",nuschelte ich überrascht:"Es ist schön sie kennenzulernen." Sie ließ mich wieder los,nachdem ich ihre Umarmung waghaft erwiedert hatte. So alleine war ich doch nicht. "Ganz meinerseits. Ich habe schon Einiges von dir gehört.",piepste sie und griff nach meinem Koffer. Justin stand schon Abfahrbereit. Seine Augen glühten. "Es ist wirklich sehr nett und gütig von Ihnen,mich für eine Woche aufzunehmen.",murmelte ich verlegen. "Du.",kicherte sie. Verständnislos sah ich sie an. Wir liefen zu einem Auto,welches anscheinend Pattie gehörte. "Du brauchst mich nicht Siezen. Da fühle ich mich alt. Ich bin Pattie.",wiederholte sie ihren Namen von eben. "Pattie.",korrigierte ich mich. "Es ist kein Problem,ich bin froh,ein neues Gesicht von Justins vielen Freunden kennenzulernen. Besonders jemanden so entzückendes wie dich.",sie öffnete mir die Tür. Mein Magen verkrampfte bei den Worten viele Freunde. Ich erwiederte nichts und eine kurze Autofahrt begann,in der Justin aufgeregt mit seiner Mutter über seine Pläne in den Ferien sprach. "Wie läuft es denn in der Schule? Hat Mr. Dale nochmal etwas gesagt,wegen der Gitarre?",unterbrach Pattie ihn irgendwann. Mit zusammengekniffenen Augen schaute ich zu Justin,der neben mir auf dem Rücksitz saß. "Nein,eigentlich nicht.",murmelte Justin kurz angebunden. "Und Cody und Tracy? Sind sie immer noch ein Paar?", fragte sie weiter. Pattie kannte seine Peiniger. "Ja,ich denke schon. Hab ich recht Faith?",seine Augen richteten sich auf mich und er warf mir einen verzeihenden Blick zu. "Ach du kennst die Beiden auch? Seit ihr in einem gemeinsamen Freundeskreis?",vom Rückspiegel aus sah mich Pattie an. Ich schluckte hart. Ich konnte das nicht tun. "Natürlich,Faith und ich sind untrennbar.",übernahm Justin das Kommando. Seine Mutter konzentrierte sich wieder auf die Straße und Justin nutzte die Gelegenheit,um sich zu mir rüber zu beugen. Seine Lippen kitzelten mein Ohrläppchen,als er mir ein:"Ich erkläre die alles,wie versprochen.",zuflüsterte.

VictimsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt