Kapitel 52 - Du bist in das ganze verwickelt,ich muss nur noch herausfinden wie

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Kapitel 52 - Du bist in das Ganze verwickelt, ich muss nur noch herausfinden wie

Tracy's POV: Total übermüdet und nach einer schlaflosen, kurzen Nacht öffnete ich die Augen und sammelte meine Gedanken. Ich starrte zu der anderen Seite des Zimmers rüber, in dem Faith noch schlief. Ihr Oberkörper bewegte sich sachte auf- und ab. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich noch Zeit zu schlafen hätte, aber mein Körper fühlte sich nicht so an, als ob dieser dazu bereit wäre. Schwerlastig hob ich mich auf meine Füße und ging träge zu Faith rüber. Wenn ich nicht schlafen durfte, dann sie erst Recht nicht. Gerade wollte ich meine Hände um ihre Schultern legen, um sie zu wecken, da fiel mir wieder ein, dass ich nett zu ihr sein musste, um ihr Vertrauen zu gewinnen. Ich wollte Faith wirklich nichts Böses. Manchmal musste ich mich einfach nur daran erinnern. Also zog ich mich ruhig und unauffällig um. Bei dem Gedanken, was ich jetzt tun könnte, dachte ich an Faiths Worte, dass Justin niemals etwas von Codys Verhalten gestern erfahren durfte. Ich wollte mein Versprechen halten und mit Cody reden, ich hatte keine angst vor ihm. Er war sicherlich schon wach, heimlich eine auf dem Schulgelände rauchen oder er hatte irgendein Mädchen bei sich. Kurzerhand beschloss ich, meine Seele von all den Worten zu befreien, die in mir ruhten und mit Cody ein ernstes Wörtchen zu reden. Vorsichtig schloss ich die Tür hinter mir, sodass Faith weiter ihren verdienten Schlaf bekam. 

Ein ungutes und mulmiges Gefühl begleitete mich auf den Weg zu Codys Zimmer. Mein vorheriger Anflug von Selbstbewusstsein schwand mit jedem Schritt, den ich ihm näher kam, ein winziges Stückchen mehr. Mein Kopf wurde mit Wellen von Erinnerungen durchflutet. Erinnerungen, die nicht mehr fortgeführt würden. Mein Herz klopfte wie wild und ich machte mir Gedanken darüber, ob ich mir die Zeit mit der Liebe meines Lebens zurückwünschen sollte, obwohl sie nur ein Meer voll Lügen war und nie wirklich existiert hatte oder ich glücklich darüber sein sollte, ihn und seine Sippe losgeworden zu sein. Ein Teil von mir wusste, dass ich nur durch diese Trennung die verschleierten Dinge endlich klarer erfassen konnte, mich von den Fängen der Vergangenheit lösen konnte und jetzt die Chance hatte, dieses Disaster, in das Justin, Cody und ich verstrickt waren oder sind, aufklären und ergreifen konnte. Nur dadurch hatte ich die Möglichkeit, uns - sofern es nicht zu spät war - zu retten. Aber was war leichter? Der harten Realität des Lebens gegenüber zu stehen und ins Auge zu blicken oder weiter in seiner Traumwelt leben? So sehr ich Cody vermisste, manchmal war es wichtig, die Schwerere von zwei Möglichkeiten auszuwählen und ich war bereit genau dies zu tun. Ich war mir - uns- eine Antwort auf all das schuldig, was hier die letzten Jahre ablief. Codys Tür wirkte, als ich davor stand, mit einem mal riesiger als sonst. Die massive Tür schien mich zu erdrücken und der einst so vertraute Ort ließ mich erschaudern. Benommen schüttelte ich den Kopf, versuchte die schrecklichen Gedanken zu unterdrücken und kompensierte mein ganzes Denken auf meine Mission. Flink, bevor ich überhaupt die Möglichkeit hatte zu zögern, klopfte ich an der Tür. Mit einem lauten Quietschen sprang die Tür auf, ich hatte gar nicht festgestellt, dass sie nur angelehnt war. Zögerlich trat ich einen Schritt vor und lugte in das vertraute Zimmer. Es war Menschenleer und unaufgeräumt - wie immer. In meinem Kopf fluchte der Gedanke, auch ohne Codys Zustimmung einzutreten und ein kleiner Teil von mir, der Cody noch immer über alles liebte, wollte einfach an eines seiner Shirts kommen und daran riechen, diesen vertrauten Cody-Duft einatmen und sich darin versinken. Der andere Teil war klüger, wollte das Zimmer verlassen, denn falls Cody kommen würde, wäre ich am Ende. Der dümmere Teil meiner selbst gewann. Auch wenn es unsinn war, schloss ich die Tür, als ob mich Cody dann nicht entdecken würde, was er eh täte, wenn er das Zimmer betrat. Ich ertappte mich dabei, wie ich ungefragt seinen Schrank öffnete. Nie hatte er mir das erlaubt, als ob er Schätze in seinem Schrank bewahren würde. Sein Schrank war komischerweise von Innen aufgeräumt. Untypisch. Gierig griff ich nach einem Shirt und vergrub meinen Kopf darin. Er hatte mich nie geliebt, dennoch wollte ich all die Gedanken von vor den Ferien zurück. Ich spielte mit dem Gedanken, dass ich die Vergangenheit auf sich beruhen lassen sollte, nicht weiter versuchen sollte, die Wahrheit zu ergründen, von der niemand außer mir dachte, dass es diese gäbe. Ich sollte aufhören die Dinge zu erforschen, das Handeln der Leute in meinem Umfeld nicht weiter analysieren, sondern als selbstverständlich empfinden und schließlich Cody anbetteln, mich zurückzunehmen. All das ging mir durch den Kopf, so leichtsinnig, so einfach. Besser, als der schwere Weg. Aber dann schüttelte ich den Kopf und kam zur Vernunft. Ruckartig ließ ich das Shirt fallen und besinnte mich, weiter mein Ziel zu verfolgen. Alles was bisher geschehen war, war ein Spiel, wir alle waren manipuliert und nur weil ich die einzige war, die dies glaubte, sollte ich meinen Verstand nicht benebeln lassen. Gerade weil alle die Vergangenheit als normal und richtig angesehen hatten, musste ich sie vom Gegenteil überzeugen. Ich wollte das Shirt wieder aufheben, als mit ein pinkes Buch unten im Schrank ins Auge stach. Er verstaute also im Schrank keine Schätze, sondern Geheimnisse. Ich hängte das Shirt an seinen Platz zurück, griff nach dem Büchlein und schloss den Schrank. An dem Buch war ein Schloss und irgendwie kam mir das Buch bekannt vor. 

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