Kapitel 49 - Bedeute ich dir denn gar nichts mehr?

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Kapitel 49 - Bedeute ich dir denn gar nichts mehr?
Justin's POV:
Es war wie in einem Film. Von Minute zu Minute änderte sich die Handlung in meinem persönlichen Film rapide, sodass man fast glauben konnte, dass nach 10 Minuten Monate vergangen wären. Da war die angst, Faith zu verlieren, weil ich an Kira hing, dann urplötzlicher dieser Kuss, der immer leidenschaftlicher und inniger wurde, in dem ich fast ertrank. Dann, diese Wende, diese Worte von Faith, die mein zerbrochenes Herz drohten erneut zu zersplittern. So viel Handlung in so kurzer Zeit. Ihre Worte zerstörten mein rationales Denken, ließen mich aussetzen und während mein Kopf verzweifelt versuchte die einzelnen Scherben meines Herzens erneut zusammenzusetzen, musste ich feststellen, dass es mir jedoch immer wieder entglitt. Neu zerbrach. Ich war gar nicht in der Lage etwas produktives zu sagen, stattdessen stammelte ich den größten Mist von mir,der mir sicher nicht half, eine Antwort auf diese plötzliche Wende zu finden, die Faith mir schuldete.

"Faith? Wer braucht die schon? Du hast mich."Kira lachte und ich drehte mich überrascht in jede Richtung um, doch sie war nicht zu sehen. " Ich brauche sie.", flüsterte ich und meine Worte verebbten in Tränen.

"Was?", Faith sah mich erschrocken an. "Wen brauchst du?" Jetzt erst wurde mir bewusst, dass ich mein ich brauche sie laut ausgesprochen hatte. Das sie musste sie verwirrt haben. Ich nahm meine linke Hand von ihrem Schoß, stellte mich wieder aufrecht hin und drehte mich von ihr weg. Verlegen kratzte ich mir am Hinerkopf. Wie waren wir hier bloß gelandet? Wie waren wir zu dem Punkt gelangt, unser kurzes Glück so schnell aufzugeben? Bisher hatte mir Faith keiner ihrer Fragen beantwortet, weshalb ich mich nicht in der Position sah, auch nur eine von ihren zu beantworten. Stattdessen schüttlete ich den Kopf und schwieg. Betretenes Schweigen trat ein. Die Stille schien mich einzuengen, schien mich zu erdrücken. Wie so oft heute raufte ich mir durch die Haare und weil ich diese Stille zwischen uns nicht mochte, wandte ich mich ihr doch wieder zu. Mit zusammengepressten Lippen hockte ich mich neben sie auf ihr Bett.

"Mach jetzt bloß keinen Scheiß, Bieber!", schrie Kira nervös. "Ich wusste zwar, dass ich dich mit ihr teilen muss,das hast du mir nach mehreren Abweisungen deutlich gemacht, aber siehst du nicht, dass sie dich nicht will?" Sauer schüttelte ich den Kopf. "Als ich eben zu dir sagte, dass es okay ist, wenn du zweigleisig fährst, meinte ich nicht, dass du gleich zu ihr rennen und sie vögeln sollst!", aufgebracht hörte ich ihre Stimme in meinem Kopf, ich antwortete nicht.

Das eben in meinem Zimmer war kein Traum. Kira war tatsächlich real. Doch jetzt musste ich sie erstmal auf Seite schieben, mich um meine Beziehung mit Faith kümmern. Mein schlechtes Gewissen nagte an mir, sagte, dass ich einen von den Beiden jetzt gehenlassen müsste, weil ich nicht fair spielte. Aber ich konnte nicht. Ich brauchte Faith, weil ich mich verdammt nochmal in sie verliebt hatte. Ich mochte es, wie ich bei ihr war, wie sie mir Kraft spendete, wie sie mich zu dem Menschen machte, der ich langsam zu werden schien. Aber ich brauchte auch Kira, weil sie mich Schwächling immer stark gemacht hatte und ich vermutlich nur sie lieben würde, wenn sie nicht so sprunghaft wäre und mal da wäre und dann wieder plötzlich weg. Ich mochte nicht den Menschen, den ich bei Kira war, aber ich hatte das Gefühl, Kira trotzdem zu brauchen, mein altes Leben zu brauchen. Würde ich Kirs ziehenlassen, wäre ich nicht dieser Mensch, der ich bei Faith war, weil Kira andauernd dazwischenfunkte. Ließ ich Kira ziehen, dann wäre es so, als hätte es meine Vergangenheit nie gegeben. All die Tage... Ich brauchte beide und ich wollte mich nicht entscheiden, wen ich mehr brauchte, denn beide bedeuteten mir die Welt. Also würde ich weiterhin unfair spielen.
Ich schüttelte mich aus meinen Gedanken und starrte zu Faith, die bedrückt zu Boden schaute. "Du hast mir meine Frage noch nicht beantwortet.", flüsterte ich leise. "Welche?", piepste sie und als sie sprach, war Kira wie verschwunden. "Wieso du - also du weist schon. Wieso das mit uns nicht mehr geht.", die Worte verließen nur mügselig meinen Mund. Mit hatte unser Rumgemache eben gefallen und mittlerweile bereute ich diesen Moment der Schwäche, den ich hatte. Ich hatte sie mit sicherheit bedrängt, aber Kiras Besuch bei mir im Zimmer hatte mir angst gemacht, Faith zu vergessen, nur weil Kira so derart anwesend war. Ich musste sie küssen, ihr zeigen, dass ich sie liebte,mir beweisen, dass ich beide gleichzeitig lieben konnte. "Ich", bevor sie weitersprechen konnte, unterbrach ich sie und ging auf die Barrikaden. Mit einem Ruck packte ich sie an einem ihrer dünnen Handgelenke und zog sie hoch. Mit einem Mal stand sie überrascht vor mir und ich öffnete meine Beine, sodass ich sie dazwischen schieben konnte. Ich ließ ihr Handgelenk los und sah einen roten Abdruck, der von mir zu stammen schien. Perplex und Reuevoll zog ich ihre Hand zu mir hinunter, sodass sie es jetzt war, die sich bücken musste. Desto mehr ich überlegte, desto mehr wurde mir bewusst, dass ich Faith nicht kampflos aufgeben würde. Keine von Beiden, dafür war ich zu selbstsüchtig.
Vorsichtig küsste ich die roten Stellen und sah ihr in die grünen Augen. "Dir ist bewusst, dass ich dich nicht einfach gehen lasse, oder?", sie gab mir keine Antwort. "Faith, ich will, dass du weißt, dass ich dich wirklich liebe und niemals irgendwie unter Druck setzen wollte. Ich weiß nicht, woher dein Sinneswandel auf einmal kommt, aber ich lasse dich ohne eine Erklärung nicht einfach gehen.", ich atmete tief aus:" Verdammt, ich liebe dich. Ich liebe dich nicht, weil ich mich bei dir entfalten kann, ich liebe den Menschen, der ich bin, wenn du bei mir bist. Dieses Glück und dieses Gefühl, dass ich alles schaffen kann, wenn du bei mir bist. Seit so langer Zeit habe ich in dir jemanden gesehen, dem ich all meine Probleme ausschütten kann. Ich spiele wieder Musik und ich habe das Gefühl, endlich wieder zu leben. Du bedeutest mir die Welt, Faith und ich sehe nicht tatenlos dabei zu, wie du mit entgleitest. Also sprich mit mir." Sie weinte. Krampfhaft hielt ich ihre Hände fest, sodass sie sich die Tränen nicht wegwischen konnte. Sie sollte mir ihre Gefühle offenbaren, nicht verstecken. "Bedeute ich dir denn gar nichts mehr?", meine Frage klang schwach und ich konnte ein räuspern nicht vermeiden. Faith blinzelte, ich ließ schwermütig eine ihrer Hände los und wischte ihr mit dem Daumen ihre Träne von der Wange weg. Die andere Hand hielt ich weiter fest umklammert."Rein gar nichts?", jetzt war ich derjenige, der eine Träne verlor, als sie nichts sagte.

Faith's POV:
"Falls das der Fall sein sollte, dann frage ich mich, woher das kommt. Also brich bitte endlich dein Schweigen.", flehte er und die Tränen, die darauf folgten waren schrecklich. Mein Magen schien sich umzudrehen. Und wie viel er mir einfach bedeutete. Er hat mich gerettet, hat mich gestärkt, hat mir das erste Mal ein Gefühl von Freundschaft, Familie und Liebe gegeben. Ich musste immer für mich alleine kämpfen. Hatte mich nur nach mir gerichtet. Ich blinzelte schwer:"Doch, Justin,doch." Ich schluchzte erneut. "Was doch?". Er griff nach meinen Händen, umklammerte sie, als würde er, sobald er loslassen würde, fallen. "Du bedeutest mir was." Ich konnte das nicht weiter tun, ich konnte nicht. Natürlich war ich nicht gut genug, aber ich war zu selbstsüchtig, als dass ich ihn verlassen würde. Ich zog ihn mit mir den Abgrund hinunter, aber vielleicht würden wir fallen und dann gemeinsam fliegen. "Was bedeute ich dir?", er sah mich an, durchforschte mich. Ich wusste, dass er es hören musste und weil ich diesen Kampf nicht weiterführen wollte, gestand ich es ihm:" Du bist die einzige Konstante in meinem Leben. Ich liebe dich, Justin." Er nickte als Zeichen für seine Registration. "Wo liegt dann das Problem?" "Dass ich nicht genug bin, dass ich dir nicht das geben kann, was sie dir gab.", meine Tränen rannten heiß die Wange herunter. Das Gefühl nicht genug zu sein war schlimer als alles, was ich je zuvor durchmachen musste. Ich hatte es ertragen, nicht genug für meine Eltern zu sein, nicht genug zu sein um Freunde zu haben, nicht genug für meine Tante zu sein, aber das wollte ich auch nie. Aber nicht genug für Justin zu sein, was ich so sehr wollte, weil ich ihn unbedingt wollte,das schmerzte heftig. "Als wer mir gab?". Ich stöhnte: "Kira.". Er sah mich an, schloss die Augen und ließ das erste Mal seit diesem ernsten Gespräch meine Hände los, als ob er mich aufgeben würde.
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Zwei Tage hintereinander, ist ja fast rekordverdächtig :) LG

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