Jamal's Perspektive
23:27
Die nächsten Tage vergingen wie im Nebel. Ich war mit den Jungs unterwegs, arbeitete an meinen eigenen Projekten und versuchte, mich abzulenken. Doch die Begegnung mit Jiyan im Café hatte etwas in mir ausgelöst, das ich nicht ignorieren konnte. Immer wieder schlichen sich ihre Gesichtszüge und ihr Lächeln in meine Gedanken. Selbst Sina, die normalerweise eine willkommene Ablenkung war, konnte meine Gedanken nicht von Jiyan fernhalten.
Eines Abends saß ich alleine in meinem Zimmer, starrte auf mein Handy und überlegte, ob ich Jiyan eine Nachricht schicken sollte. Doch der Schmerz und die Wut waren immer noch zu frisch. Stattdessen beschloss ich, mit den Jungs in den Club zu gehen. Vielleicht würde die Musik und das Gewusel der Menge meine Gedanken zerstreuen.
Im Club trafen wir uns in unserer üblichen Ecke. Die Musik war laut, der Bass dröhnte durch den Raum, und die Lichter flackerten im Takt. Mali, Alim, Safraoui, Veysel und Moussa waren bereits dabei, sich zu amüsieren.
"Jamal, komm her! Wir haben schon angefangen," rief Veysel und hielt mir ein Glas entgegen.
Ich nahm das Glas, prostete den Jungs zu und versuchte, mich auf den Moment zu konzentrieren. Doch es fiel mir schwer. Immer wieder dachte ich an Jiyan und die Begegnung im Café. Plötzlich sah ich eine bekannte Gestalt am Eingang des Clubs.
Es war Jiyan. Sie war mit zwei Freundinnen hier, und als sie mich sah, hielt sie kurz inne. Unsere Blicke trafen sich, und für einen Moment fühlte ich mich wieder wie der 17-jährige Junge, der sie zum ersten Mal gesehen hatte. Was macht sie aber um diese Uhrzeit draußen und dann noch im Club? Sie ist doch gar nicht so. Mali bemerkte meinen starren Blick und folgte meinem Blickfeld.
"Hey, ist das nicht Jiyan?" fragte er überrascht.
"Ja, das ist sie." antwortete ich knapp und wandte den Blick ab.Doch es war zu spät. Die Erinnerung an unser letztes Treffen und die unausgesprochenen Worte lasteten schwer auf mir.
Ich setzte mich hin und zog Lisa, eine Bekannte, die ich oft im Club traf, auf meinen Schoß. Sie lächelte und lehnte sich an mich. Ich hoffte, dass Jiyan das sah und dass es sie treffen würde. Doch innerlich fühlte ich mich schuldig und verletzt. Lisa lachte und legte ihre Arme um meinen Nacken.
"Hey, Süßer, wo warst du gerade mit deinen Gedanken?"
"Nur hier bei dir" log ich und versuchte, mich auf das Gespräch zu konzentrieren.
Aber ich spürte Jiyans Blick auf mir und es machte mich nervös.
"Ey, Jamal, siehst du, wer da ist?" fragte Safraoui und deutete unauffällig in Jiyans Richtung.
"Ja, ich hab sie gesehen," antwortete ich knapp.
"Ignoriert sie einfach."Meine Freunde tauschten skeptische Blicke aus, aber sie folgten meinem Wunsch. Doch Jiyan ließ sich nicht so leicht abschütteln. Ich sah, wie sie sich durch die Menge kämpfte und auf mich zukam. Mein Herz klopfte schneller, aber ich war entschlossen sie zu ignorieren.
"Jamal, können wir kurz reden?" fragte Jiyan, als sie vor mir stand.
"Ich habe nichts zu sagen." antwortete ich kalt und wandte mich ab.
"Bitte, es ist wichtig." beharrte sie.Die Jungs sahen mich mit großen Augen an. Mali grinste und Lisa wurde sichtlich genervt. Sie stand auf und ließ uns alleine. Veysel pfiff leise.
"Wow, Drama im Club" murmelte Moussa.
Ich hatte keine Wahl. Mit einem Seufzen erhob ich mich und folgte Jiyan aus dem Club. Draußen war es ruhiger, aber die Anspannung zwischen uns war greifbar.
"Was willst du, Jiyan?" fragte ich scharf.
"Ich will mit dir reden. Über uns" sagte sie und sah mich flehend an.
"Es gibt kein 'uns' mehr. Das hast du zerstört" entgegnete ich kalt.
"Ich weiß, und es tut mir leid. Aber ich bereue es, Jamal. Ich will dich zurück."
"Es ist zu spät. Wir haben keine Zukunft" sagte ich und spürte, wie die Wut in mir aufstieg.
"Du hast mir das Herz gebrochen und jetzt erwartest du, dass ich einfach so zurückkomme?"
"Ja, weil ich dich liebe! Und ich weiß, dass du mich auch noch liebst" sagte sie und trat näher.
"Es spielt keine Rolle mehr, Jiyan. Liebe allein reicht nicht" sagte ich und versuchte, ruhig zu bleiben.
"Doch, das tut es! Wir können es schaffen, wenn wir es wirklich wollen" widersprach sie heftig.
"Ich will es nicht mehr." sagte ich entschieden.
"Ich habe genug gelitten. Du hast dein Leben und ich habe meins."
"Bitte, Jamal. Gib uns noch eine Chance," flehte sie, Tränen in den Augen.
"Nein, Jiyan. Es ist vorbei. Du bist aus meinem Leben verschwunden und ich will dich nicht mehr zurück" sagte ich und wandte mich ab. Sie griff nach meinem Arm, verzweifelt.
"Ich werde nicht aufgeben, Jamal. Ich liebe dich."Ich schüttelte sie ab und machte ein paar Schritte weg von ihr. Doch dann blieb ich stehen. Meine Wut und mein Stolz kämpften gegen die tiefe Sehnsucht, die in mir aufstieg. In meinem Inneren tobte ein Kampf. Natürlich liebte ich sie noch. Doch mein Stolz stand im Weg. Ich wollte nicht wie ein Schwächling rüberkommen, nicht noch einmal verletzt werden. Jiyan war meine größte Schwachstelle, und das wusste sie.
Ich drehte mich langsam zu ihr um. Ihre Augen waren rot von den Tränen, und sie sah so zerbrechlich aus. Ein Teil von mir wollte sie einfach in die Arme nehmen und ihr sagen, dass alles gut wird. Aber ich konnte nicht. Mein Stolz war zu groß.
"Jamal, bitte" flüsterte sie.
"Ich weiß, dass wir es schaffen können."Ich zögerte, meine Hände zu Fäusten geballt.
"Es ist vorbei, Jiyan," sagte ich schließlich, obwohl es mir das Herz brach.
"Wir haben keine Zukunft."

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in meiner Welt
FanfictionJiyan und Jamal leben in zwei völlig unterschiedlichen Welten. Sie stammt aus einem guten Elternhaus und träumt von einer strahlenden Zukunft. Er hingegen kämpft ums Überleben auf den Straßen, verstrickt in Drogenhandel, um seine Familie über Wasser...