Verschlossen

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20:45

Die Tage vergingen, und die Distanz zwischen Jamal und mir wuchs. Ich brauchte Zeit und Raum, und Jamal akzeptierte das, so schwer es ihm auch fiel. Während ich an einem Abend lernte und gleichzeitig mit meinen Freundinnen telefonierte, vibrierte mein Handy. Eine Nachricht von Yanis. Ich fand es total komisch und legte bei den Mädels auf, um zu sehen, was er wollte.

"Ich vermisse dich und möchte zurück," schrieb er.

Die Worte machten mich wütend und zugleich unsicher. Ohne zu antworten, schnappte ich mir meine Jacke und machte mich auf den Weg zu Jamal. Ich versuchte ihn anzurufen, aber er ging nicht ran. Mein nächster Gedanke war sein Musikstudio, wo er und die Jungs oft chillten.

Als ich das Gebäude erreichte, nahm ich den Fahrstuhl nach oben. Ein ungutes Gefühl breitete sich in meinem Bauch aus. Kaum hatte sich die Tür geöffnet, kam Jamal mir entgegen. Er wirkte überrascht und verwirrt, mich hier zu sehen.

"Was machst du hier?" fragte er.

Ich schaute mich um. Das Studio war in einem chaotischen Zustand, als hätte eine Razzia stattgefunden.

"Was ist hier passiert?" fragte ich besorgt.

Jamal nahm meine Hand und drückte mich wortlos in den Fahrstuhl zurück. Wir fuhren schweigend nach unten. Als wir das Gebäude verließen, begann ich, ihn mit Fragen zu bombardieren.

"Was ist los, Jamal? Was ist hier passiert? Warum sieht es so aus, als wäre ein Krieg ausgebrochen?"

Jamal blieb stumm und beschleunigte seine Schritte. Schließlich wurde ihm meine Fragerei zu viel. Er drehte sich zu mir um, seine Augen funkelten vor unterdrückter Wut.

"Halt den Mund, Jiyan!" schrie er.

Seine Worte trafen mich wie ein Schlag ins Gesicht. Tränen stiegen mir in die Augen, aber ich versuchte, sie zurückzuhalten.

"Jamal, bitte, ich mache mir Sorgen um dich. Was ist hier los?" flüsterte ich, die Angst in meiner Stimme unüberhörbar.

Er sah mich an, sein Gesicht verzerrt vor Zorn und Schmerz. Dann schloss er die Augen und atmete tief durch.

"Es ist nichts, was du verstehen würdest," sagte er schließlich, seine Stimme leiser, aber nicht weniger angespannt.
"Bitte, lass mich dir helfen," flehte ich.

Jamal schüttelte den Kopf.

"Ich will nicht, dass du in diesen Mist hineingezogen wirst," sagte er und zog mich weiter durch die Straßen, weg von dem Studio, weg von den Fragen, die in der Luft hingen.

Ich wusste, dass es keinen Sinn hatte, weiter zu fragen. Jamal war verschlossen und aufgewühlt. Trotzdem konnte ich die Sorgen und das Bedürfnis, ihm zu helfen, nicht einfach abschalten. Die Unsicherheit nagte an mir, und ich konnte nur hoffen, dass er irgendwann bereit sein würde, mich in seine Welt zu lassen. Jamal brachte mich in einen kleinen Dönerladen, der türkische Musik spielte und einen Hauch von Heimat vermittelte. Der Duft von gegrilltem Fleisch und Gewürzen lag in der Luft, und die Wände waren mit farbenfrohen Bildern und Ornamenten geschmückt. Die Atmosphäre war einladend, doch meine Nerven waren angespannt. Ich hatte Angst, dass jemand uns zusammen sehen könnte, denn unsere Beziehung sollte ein Geheimnis bleiben.

Jamal war ungewöhnlich ruhig, als wir uns an einen Tisch setzten. Er sagte kein Wort, sein Gesichtsausdruck blieb undurchdringlich. Ich wusste, dass er etwas verbarg, dass es ein Problem gab, über das er nicht sprechen wollte. Doch ich konnte nicht anders, als es zu versuchen.

Mach einigen Minuten, konnte ich es nicht mehr für mich behalten und erzählte ihm die Sache mit Yanis.

"Yanis hat mir geschrieben," sagte ich schließlich, um das Schweigen zu brechen.

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