nach langem

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09:22

Am nächsten Tag saßen wir schweigend am Frühstückstisch im Hotel. Die Nacht war für uns beide lang und unruhig gewesen. Ich hatte Jiyan die ganze Nacht versucht zu beruhigen, aber die Wunden unserer letzten Auseinandersetzung waren noch frisch. Sie sah müde und erschöpft aus, während sie in ihrem Kaffee rührte, ohne wirklich einen Schluck zu nehmen.

Ich wollte etwas sagen, irgendetwas, um die Stille zwischen uns zu brechen, aber die Worte blieben mir im Hals stecken. Jiyan sah aus dem Fenster, ihr Blick war leer und distanziert. Ich konnte förmlich spüren, wie weit weg sie von mir war, obwohl sie direkt vor mir saß.

"Jiyan..." begann ich leise, doch sie reagierte nicht.

Ihr Schweigen war schwerer als jedes Wort, das sie hätte sagen können. Gerade als ich einen neuen Versuch starten wollte, uns ins Gespräch zu bringen, kam der Barkeeper vom Vorabend an unserem Tisch vorbei. Er lächelte Jiyan an und grüßte sie freundlich. Für einen Moment hellte sich ihr Gesicht auf, ein schwaches Lächeln huschte über ihre Lippen. Doch als sie meinen Blick bemerkte, verschwand das Lächeln sofort und sie senkte den Kopf.

Eifersucht stieg in mir auf, heiß und unkontrollierbar. Ich konnte nicht anders, als daran zu denken, dass sie mit diesem Typen durch die Straßen Madrids gezogen war, während ich mich hier verrückt vor Sorge gemacht hatte.

"Jiyan, wir müssen reden," sagte ich schließlich, meine Stimme schärfer, als ich beabsichtigt hatte.

Sie sah auf, ihre Augen müde und voller Schmerz.

"Jamal, ich kann jetzt nicht, nicht schon wieder" antwortete sie leise.
"Ich bin einfach zu erschöpft."

Ich seufzte und rieb mir die Schläfen.

"Ich verstehe, aber wir können das nicht einfach ignorieren. Was gestern passiert ist... es war falsch von mir, so zu reagieren. Aber ich kann nicht einfach so tun, als wäre nichts passiert."

Jiyan nickte langsam, aber sie sagte nichts. Ihre Augen flackerten kurz zu mir, bevor sie wieder in ihre Tasse blickte.

"Ich liebe dich, Jiyan" sagte ich und meine Stimme brach fast.
"Und ich will das wieder gut machen. Aber du musst mir auch helfen, zu verstehen, was du brauchst."

Sie sah mich an, und ich konnte die Tränen in ihren Augen sehen.

"Ich brauche Zeit, Jamal. Zeit, um zu heilen und wieder zu vertrauen. Kannst du mir das geben?" Fragte sie mit zittrigen Lippen.

Ich nickte, obwohl ich innerlich zerrissen war. Das hatte sie so oft jetzt gesagt. Bin ich wirklich so grausam, dass ich sie nicht verstehe?

"Ja, Jiyan. Ich werde dir die Zeit geben, die du brauchst. Aber wir müssen das gemeinsam durchstehen. Ich will nicht, dass du alleine damit kämpfst."

Sie lächelte schwach und legte ihre Hand auf meine.

"Danke, mein Herz."

Mein Herz erwärmte sich, als sie mich wieder so nannte. Sie hatte es so lange nicht mehr getan. Ich lächelte leicht. Wir saßen da, unsere Hände ineinander verschlungen, und versuchten, die Bruchstücke unserer Beziehung wieder zusammenzusetzen.

[...]

Als wir wieder im Zimmer waren, legte sich Jiyan sofort ins Bett. Sie zog die Decke über sich und schloss die Augen, während ich still neben ihr stand. Mein Herz schmerzte, als ich sie so erschöpft und verletzlich sah.

Ich griff nach meiner Zigarettenschachtel und ging auf den Balkon, um etwas frische Luft zu schnappen. Die kühle Brise Madrids beruhigte mich ein wenig, aber meine Gedanken rasten immer noch. Ich zündete mir eine Zigarette an und inhalierte tief. Für einen Moment dachte ich daran, Gras zu rauchen, aber ich hatte keine Ahnung, wo ich welches herbekommen sollte.

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