Neuanfang

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Jiyans Perspektive

18:55

Als ich aus dem Haus trat, sah ich Jamal, wie er lässig an seinem Auto lehnte. Ein sanftes Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus, als ich ihn dort stehen sah. Trotz allem, was passiert war, ließ mich sein Anblick nicht kalt werden. Ich konnte nicht anders, als schnell auf ihn zuzugehen und ihm um den Hals zu fallen. Seine Nähe fühlte sich vertraut und tröstend an.

"Jamal, es tut mir alles so leid," flüsterte ich in sein Ohr, während ich ihn fest umarmte.
"Es tut mir leid, dass ich nicht für dich da war, als deine Mutter gestorben ist. Es tut mir leid, dass ich dich in deiner schwersten Zeit allein gelassen habe."

Er wirkte zunächst überfordert, als ob er nicht wusste, wie er reagieren sollte. Doch nach einem Moment erwiderte er die Umarmung, zog mich fest an sich und atmete meinen Duft ein. Wir blieben einfach so stehen, eingehüllt in die vertraute Wärme des anderen, für was sich wie eine Ewigkeit anfühlte.

Schließlich löste ich mich von ihm und schaute ihm in die Augen. Seine dunklen Augen suchten meinen Blick, und in diesem Moment schien die ganze Welt um uns herum zu verschwinden.

"Es tut mir so leid" wiederholte ich, und Tränen sammelten sich in meinen Augen. Jamal lächelte schwach und nickte.
"Schon gut," sagte er leise und zog mich wieder in eine Umarmung.

Ich konnte spüren, wie sehr er diese Nähe brauchte, und ich hielt ihn fest, als ob wir beide versuchten, die Zeit zurückzudrehen.

"Ich finde es so bewundernswert, wie stark du bist," flüsterte ich, während ich meinen Kopf an seine Brust legte.
"Du hast so viel durchgemacht und bist immer noch hier, immer noch du selbst."

Er hielt mich noch fester, und ich konnte die Anspannung in seinem Körper spüren.

"Es war nicht einfach," murmelte er.
"Aber ich hatte keine andere Wahl."

Wir standen noch einige Minuten so da, beide verloren in unseren Gedanken und Gefühlen. Es war ein Moment der Verbindung, trotz aller Schwierigkeiten und Schmerzen, die zwischen uns lagen. Schließlich ließ Jamal mich los, aber er hielt meine Hand fest.

"Lass uns irgendwohin fahren, wo wir reden können" sagte er.
"Es gibt so viel, was ich dir sagen muss."

Ich nickte, dankbar für die Chance, endlich alles auszusprechen, was uns belastete. Wir stiegen in sein Auto und fuhren los, beide in Gedanken versunken. Die Straße vor uns war wie ein Symbol für die Reise, die wir noch vor uns hatten - voller Hindernisse, aber auch voller Möglichkeiten.

Wir fuhren eine Weile schweigend, jeder in seine eigenen Gedanken vertieft. Die Nacht war klar, und die Lichter der Stadt flimmerten um uns herum, während wir durch die Straßen glitten. Schließlich bog Jamal in eine ruhige Seitenstraße ein und hielt vor einem kleinen Park. Wir stiegen aus dem Auto und setzten uns auf eine Bank, die im sanften Schein einer Straßenlaterne lag.

"Jiyan," begann er, seine Stimme ruhig, aber mit einem Hauch von Anspannung, "ich habe viel nachgedacht über das, was passiert ist. Über uns."
Ich nickte, meine Hände in meinem Schoß verkrampft.
"Ich auch, Jamal. Es war so schwer für mich, dich zu verlassen. Aber ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Deine Welt und meine... sie sind so unterschiedlich."
Er sah mich an, seine Augen suchend.
"Ich weiß, dass ich Fehler gemacht habe. Ich habe Dinge getan, auf die ich nicht stolz bin. Aber ich wollte immer nur das Beste für uns." Sagte er monoton.
"Ich weiß" sagte ich leise.
"Aber ich war nicht stark genug, um mit all dem klarzukommen. Die Lügen, die Angst... Es hat mich kaputt gemacht."
Jamal seufzte tief und nahm meine Hand in seine.
"Ich habe versucht, mich zu ändern, Jiyan. Aber irgendwann habe ich gemerkt, dass ich es nicht für mich selbst getan habe, sondern für dich. Und als du weg warst, hatte ich keinen Grund mehr, es durchzuziehen."

Seine Worte trafen mich tief. Er war so viel mehr, als das. Ich bewunderte Jamal immer für seine Stärke und Durchhaltevermögen. Auch dafür, dass er für das kämpft, was er liebt.

"Jamal, du musst es für dich selbst tun. Nicht für mich oder sonst jemanden. Du bist so viel mehr als das, was du tust."
Er nickte langsam.
"Ich verstehe das jetzt. Aber es hat lange gedauert, bis ich das begriffen habe." Er hielt inne und sah mir in die Augen.
"Aber es gibt noch etwas anderes, was ich dir sagen muss. Ich war wütend, verletzt... und ich habe einen Entschluss gefasst, der nicht fair ist."

Ich spürte, wie mein Herz schneller schlug. Bitte, sag nichts falsches.

"Was meinst du?"
"Ich wollte dich verletzen, Jiyan. Ich wollte mich rächen." Seine Stimme zitterte, und ich sah den Schmerz in seinen Augen.
"Aber als ich dich heute gesehen habe, wusste ich, dass ich das nicht tun kann. Ich kann dir nicht noch mehr weh tun. Dafür liebe ich dich zu sehr."
Tränen traten in meine Augen, und ich drückte seine Hand fester.
"Jamal, ich verstehe, warum du so fühlst. Aber bitte, lass uns einen Weg finden, das hinter uns zu lassen. Ich hab genauso gelitten wie du, glaub mir" ich flüsterte den letzten Satz. Er nickte, und ich konnte sehen, dass er mit sich kämpfte.
"Es ist schwer, Jiyan. Aber ich will es versuchen. Für uns beide."

Wir saßen dort, Hand in Hand, und für einen Moment schien es, als ob die Zeit stillstand. Die Vergangenheit war noch immer präsent, aber in diesem Augenblick fühlte es sich an, als ob wir einen Neuanfang wagen könnten.

"Du bist meine Schwachstelle, Jiyan," sagte Jamal leise.
"Aber vielleicht ist das nicht unbedingt schlecht. Vielleicht brauche ich jemanden, der mich daran erinnert, wer ich wirklich bin." Fügte er hinzu.
Ich legte meine Hand an seine Wange und sah ihm tief in die Augen.
"Und ich brauche jemanden, der mich daran erinnert, dass es okay ist, schwach zu sein. Dass es okay ist, zu kämpfen." Ich streichelte seine Wange.

Unsere Lippen kamen sich näher, und für einen Moment dachte ich, dass wir uns küssen würden. Mein Herz raste, wie noch nie. Doch dann zog sich Jamal langsam zurück und sah mich an, als ob er die Realität plötzlich wiedererkannt hätte.

"Wir müssen es langsam angehen lassen, Jiyan. Ich will das nicht wieder kaputt machen."
"Ja, du hast recht. Wir müssen vorsichtig sein." Ich nickte, obwohl ich enttäuscht war.
"Tut mir leid-"
"Nein, alles gut. Es ist einfach.." er schaute mich an und ich nickte verständnisvoll.
Er lächelte schwach und zog mich noch einmal in eine Umarmung.
"Aber ich bin bereit, es zu versuchen. Bist du es auch?" Fragte er und schaute mir tief in die Augen.
"Ja" flüsterte ich lächelnd
"ich bin bereit." Und in diesem Moment fühlte ich, dass wir vielleicht eine Chance hatten, die Dinge zu reparieren und neu zu beginnen.

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