Kapitel 15

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Alayne's POV

Wir fahren und fahren und fahren und fahren...

"Wann sind wir da?" Ich breche das peinliche Schweigen.

"Nicht mehr lange."

Ich hasse diesen Satz. Ich erinnere mich daran, dass mein Vater das früher auch immer gesagt hat, als wir weggefahren sind. Kann man nicht wenigstens eine ungenaue Zeit ansagen. Mir wäre es lieber "Noch 34 Minuten." oder "In zwei Jahren" zu hören, aber nicht das.
Ich bin mir aber sicher, dass wir schon in einer Art Vorstadt sind.

"Das Haus da vorne." Zeigt er mit seiner Hand, während er mit der anderen aufmerksam lenkt.

"Welches? Da sind viele." Frage ich verwundert.

Jey fängt an zu lachen und meint:
"Nein, nein. Das ist unser Haus."

Haus? Das ist riesig! Es sieht aus wie ein Schloss und ist von jeder Seite dicht umzäunt. Ein großer Balkon schmückt die Vorderseite mit unterschiedlichen Mustern und Figuren. Der Vorgarten ist meisterlich hergerichtet. An den Seiten stehen verschiedene bunte Blumen, zurechtgeschnittene Büsche, die die Formen von Löwen, Schwänen und Wölfen annehmen. Es ist traumhaft! Ein Märchen!

Sobald wir vor dem Zaun stehenbleiben, kommen drei Wachen zu uns, nicken ihm zu und öffnen das Tor. Wir fahren dann herein.

Kurz fühle ich mich wie eine Prinzessin. Dies könnte auch ein guter Drehort sein.

"Für einen Erben sehr groß. Wie alt ist es?" Frage ich interessiert.

"Um die 400 Jahre alt." Antwortet er.

Man kann mir mein Staunen sicher vom Gesicht ablesen.

"Was ist eigentlich deine Familie, wenn ich fragen darf?" Ich hoffe, dass das nicht peinlich war. Wahrscheinlich weiß es jeder außer mir, ich fahre mit einer Art Sohn Michael Jacksons herum und werde von jedem für meine Dummheit ausgelacht.

"Mein Vater ist Graf. Genau wie seine Vorgänger, aber er führt mittlerweile auch eine Firma mit jemandem in Singapur."

Mit denen will ich keinen Stress anfangen. Die Familie ist bestimmt stinkreich.

"Und du bist... der Erbe?"

Er nickt kurz.
"Lass uns bitte das Thema wechseln."
Sagt er lächelnd, aber dieses Lächeln scheint mir nicht ganz echt zu sein.

Eine Garage öffnet sich von selbst. Der Raum ist hochmodern ausgestattet  und es passen schätzungsweise 15 Autos rein, aber ich sehe, außer unserem, nur ein weiteres Auto stehen. Ein weißer BMW i8.

"Du wohnst hier doch sicher nicht alleine, oder?" Ich sollte aufhören, so viel zu fragen.

"Nein, ich wohne hier eigentlich garnicht. Ich bin mit 18 Jahren ausgezogen. Ich wohne in London, aber ich komme hier oft her, weil ich meine Schwester sehen möchte."

"Wird dein Vater nicht sauer, wenn er mich sieht?" Frage ich während ich mit meinen Haaren nervös herumspiele.

Sein Vater hat eine ungeheure Ausstrahlung. Mich hat sie zumindest sehr eingeschüchtert.

"Keine Sorge. Meine Eltern kommen erst morgen Abend." Und er zwinkert mir zu. 
"Die Nacht gehört also uns."

Ich erröte und tue so als würde ich etwas in meiner Hosentasche suchen, obwohl dort nur ein benutztes Taschentuch liegt.

"Komme ni- nicht auf du- dumme Gedanken."

Er lacht.
"Woran denkst du denn?"

"Ni-nichts."
Alayne, nicht stottern! Ich Holzkopf.

"Wirklich? Schade. Ich dachte, du hättest eine Idee."

Daraufhin gibt er mir ein Zeichen, dass ich ihm folgen soll und das tue ich auch. Er führt mich zu einem großen Saal mit einem langen Tisch in der Mitte. Dort essen wir was zu Abend. Die Bediensteten haben für uns eine Suppe mit Hähnchen und Tomaten gekocht. Dazu gibt es Salat, Reis mit Rosinen, Wein (natürlich nur für Jey und für mich Tee), zehn verschiedene Arten von hausgemachtem Brot, Falafel und, weil ich es wollte, ein Stück Vanillekuchen welches mit Blattgold verziert wurde. Nach dem Essen war ich vollkommen voll. Ich glaube, ich kann die nächsten Monate auf Essen verzichten.

"Das Essen hat mir sehr geschmeckt!"
Die Bediensteten freuen sich über meine Worte und verschwinden in die Küche.

"Mr. Ronni!" Ruft nun Jey.
Da taucht dann ein älterer Mann in einem schicken Anzug auf und fragt, was Jey brauche.
"Bereite ein Zimmer für sie vor."

Mr. Ronni antwortet mit "Ja, Sir." und geht weg.
In der Zwischenzeit sitzen wir in einem anderen Raum auf einem schwarzen Sofa aus Leder. Ich betrachte den Raum während Jey auf seinem Smartphone schreibt und zwischendurch auch telefoniert.

"Sir."

Jey blickt von seinem Handy auf ihn.

"Wir haben keinen freien Raum mehr."

"Hm? Das kann nicht sein." Sagt Jey.

"Die anderen Räume werden für die Versammlung morgen vorbereitet und zwei weitere werden renoviert, Sir. Es tut mir Leid."

Jey hebt genervt eine Braue und steht auf.
"Na gut. Alayne, komm mit."

Ich stehe schweigend auf und folge ihm.
Wir laufen einen Flur entlang, dann eine Treppe hoch, wieder einen Flur entlang und dann biegen wir nach rechts, wieder eine Treppe hoch, dann nach links und dann verliere ich meinen Orientierungssinn.
Wie kann es nur sein, dass es Menschen gibt, die so leben dürfen, während einige nicht mal einen Dach über ihren Köpfen haben?

Er öffnet mir die Tür und ich betrete den Raum. Ein gemütliches Schlafzimmer blicke ich vor mir.
Passend zum Schloss in einem traditionellen Stil in den Farben schwarz, weinrot und grau.

"Du schläfst hier." Befiehlt er mir.
Müde lasse ich mich auf das riesige Bett fallen. Das ist ein Traum. Die Matratze scheint federweich zu sein. Man liegt wie auf einer Wolke.

Es ist ja mittlerweile schon nach Mitternacht.
"Zahnbürste, Duschgel und den Rest findest du dort im Bad."

"Danke." Sage ich lächelnd und mache mich auf dem Weg.
Ich dusche mich, wasche mein Gesicht und putze meine Zähne.
Einerseits bin ich Dank ihm in diese Gefahr gekommen, aber andererseits hat er mir geholfen, mich beschützt und mir eine Unterkunft angeboten. Er wollte ja nicht, dass das passiert.

Umgewinkelt in einem Tuch gehe ich raus. Immerhin habe ich kein Pyjama. Jetzt kann ich aber erstmal schlafen gehen.
Doch als ich rausgehe, sehe ich Jey oberkörperfrei vor dem Schrank steht und sich umziehen will. Ich sehe alle seine Muskeln und halte vor Staunen die Luft an. Wie versteinert stehe ich da ohne einen einzigen Laut von mir zu geben. Doch dann dreht sich Jey um und grinst.

"Was ist los, Alayne?"
Ich erwache aus meiner Starre und antworte ihm.

"Also... ich brauche etwas zum Anziehen. Und was machst du noch... hier?"

"Das hier..." Jey zeigt mit dem Finger durch den Raum. "...Ist mein Zimmer." Und dann wirft er mir ein weißes T-Shirt und eine blaue Boxershorts her.
Jetzt erst sehe ich das Bild von ihm und einem Mädchen, welches die gleiche Augen hat wie er, über dem Schreibtisch. Vielleicht seine Schwester?

" Oh." Gebe ich von mir. Sein Zimmer also.

"Ja, oh." Sagt er lachend.

"Hey, woher sollte ich das denn wissen?"

"Ist ja gut. Geh schlafen."
Mein Herz schlägt schnell. Schläft er mit mir in einem Bett? Mein Herz pocht immer noch so stark, das merke ich. Kann man das 'verliebt sein' nennen? Ich fühle mich in seiner Nähe so schwach und mein Bauch kribbelt wie verrückt.

Das schlimme ist, dass ich innerlich irgendwie hoffe, dass er mit mir in diesem Bett schlafen wird. Ich vermisse seine Wärme und träume davon, mich an ihn zu kuscheln.
Oh, was ist nur aus meinen reinen, jungfräulichen Gedanken geworden? Vor wenigen Tagen, war alles an das ich gedacht habe, mein Abitur.

Ich lege mich in das kuschelige Bett und versuche mich zu beruhigen. Doch das klappt nicht, da ich wieder an seinen Oberkörper denken muss.

Oh je! Geh schlafen Alayne!
Schließe deine verdammten Augen!

Royal BadboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt