Kapitel 34

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Es vergehen einige Tage, um genau zu sein eine Woche, in denen Jeremy und Alayne sich nicht mehr gesehen haben.

Jey's POV

Mit meiner grauen Adidas Jogginghose und einer schwarzen Kapuzenjacke laufe ich durch unseren Vorgarten trotz starkem Regen. Ich versuche meinen Atem auszugleichen und konzentriere mich voll und ganz auf meine Strecke. Nur noch wenige hundert Meter. Über meinem Zähler sagt mir die Uhr, dass es noch nicht 8 Uhr in der Früh ist. Die Sonne strahlt nur schwach, denn der Dezember hat angefangen.
"PIEEEEP"
Ich höre auf zu joggen und trinke einen kleinen Schluck von meiner Wasserflasche. Ich bin ganz nass. Der Regen wird immer schlimmer und trotzdem setze ich mich auf die Bank nebenan und schaue in den Himmel. Bitte lieber Gott, hilf mir. Nur noch eine Woche.
"Willst du etwa krank werden?" Höre ich eine tiefe Stimme plötzlich hinter mir. Ganz unerwartet steht dort mein Vater mit einem Regenschirm, den er über mir hält, sodass ihn der Regen nass macht.
Manchmal träume ich von der Zeit bevor meine Großmutter gestorben ist. Eine Zeit, in der Dad immer so viel Zeit mit uns verbracht hat. Obwohl wir alle drei Kinder ziemlich nervig und laut waren, hat er uns immer in den Garten getragen und uns ertragen. Uns geschaukelt, uns Geschichten erzählt...
"Wie viel bist du heute gerannt?"
Mit immer noch geweiteten Augen überlege ich, ob das etwa Mom's Werk ist, aber...
Dieser Blick... wie vor 12 Jahren.
"20 Kilometer." Antworte ich kalt.
Er nickt.
"Können wir kurz eine Runde um das Haus gehen?" Fragt er ernst.
Ich nicke.
Stumm spazieren wir im Regen unter einem Schirm einen schmalen Pfad entlang.
"Als ich in deinem Alter war, habe ich nie mehr als 15 km geschafft. Mit 24 erreichte ich meinen Rekord von 45 km. Was für ein Moment das war."
Das Gespräch mit ihm fühlt sich so unecht an und dennoch habe ich innerlich nach der väterlichen Zuneigung gesucht, die ich als Kind hatte. Ich würde mich selbst anlügen, wenn ich das dementiere.
2002 Maggy Howles von der Zeitschrift "Cassy Times":
"Jeremy, spielst du mehr mit deiner Mama oder mit Papa?"
"Mit Mama, aber nur weil Papa immer arbeitet. Aber das ist okay, weil er für uns am Sonntag immer den ganzen Tag Zeit hat! Papa ruft jeden Tag an. Ich liebe Papa! Jeder liebt Papa!"
"Nun ja, außer die anderen Geschäftspartner." *lach*
Da habe ich den Witz noch nicht gecheckt. Er war immer nett zu uns, aber beruflich war er schon immer kalt.
"Aha." Antworte ich auf sein Kommentar.
"Du bist erwachsener geworden."
"Ist das nicht das, was du wolltest?" Füge ich ernst hinzu.
"Unter anderem. Diese Welt ist..."
"Kalt, verräterisch, ungerecht, von Kriegen umrundet, von korrupten Einwohner bevölkert, von bösen Vätern, die die Leben ihrer Kinder kontrollieren wollen, beheimatet? Meinst du das?"
Ich habe einen bösen Blick erwartet, doch was ich bekomme, ist mehr als unerwartet. Ein Lachen. Ein lautes Gelächter von meinem Vater höchstpersönlich.
"Das letzte ist wahrscheinlich sogar das schlimmste, oder?" Fragt er sarkastisch.
"Nach dem Klimawandel, ja."
Plötzlich klingelt sein Handy.
"Mist, der Finanzbeamte wieder. Das ist wichtig, wir sehen uns zum Abendessen."
War ja klar, dass er dem seinem Kind bevorzugt.
Schnippisch drehe ich mich um, um zu
anderen Flügel des Hauses zu gehen. Doch noch bevor ich mich in Gang setze, und während das Handy immer noch klingelt, da er immer noch nicht rangegangen ist, höre ich von ihm:
"Ich muss wahrscheinlich der schlimmste Vater sein, den es gibt. Du scheinst mich unermesslich zu hassen." In einer traurigen und monotonen Stimme. Und er verschwindet. Ich kann selber nicht erklären weshalb, doch ich laufe nun Richtung Mom, die im Wohnzimmer sitzt und spüre, wie sich meine Augen mit Wasser füllen, als hätte mich jemand in meine Kindheitserinnerungen gesteckt.

Es ist ein regnerischer Tag.

Am Abend frage ich mich, was Ale macht. Ob sie sich langweilt? Ich schreibe eine Sms:

Ale, mein baby...
Ich konnte dich letztlich nicht erreichen. Hoffe, dass alles gut ist (?)
Ich vermisse dich nämlich sehr. Bald bin ich wieder bei dir. Versprochen.

Ich liebe dich.❤️

Nach 40 Minuten erhalte ich endlich eine Antwort. Ich bin schon die ganze Zeit ungeduldig gewesen, da sie nicht antwortete. Deswegen folgen erst noch 3 Sms'e:

Alayne? Ale? Baby?

Alles ok? Antworte bitte.

Ally, ich mache mir sonst Sorgen.

Jey❤️
Ja, ja, ja und ja: Alles prima hier. 😂Ich hab mir paar deiner Shirts und Boxershorts geliehen. 😊 Ich vermisse dich auch, aber deine Kleidung trägt deinen Geruch. 😍 Du bist mit den Spitznamen ja schon wie May.
Gute Nacht :*

P.S.: Denkst du, ich merke nicht, dass mich 24/7 zwei deiner Bodyguards bewachen?? Das sind die, die du dabei hattest, als ich mit dem Kopf gegen deine Brust gestoßen bin und mein Apfel herausfiel. Unsere erste Begegnung. ❤️ Ich dachte, die verprügeln mich gleich.

P.S.S.: Allyyy vermisst nicht nur Jey's unglaublichen Charakter. ;)Ok, jetzt muss ich aber schlafen gehen. Träum schön... von mir ;*

"Warum grinst du so?" Erschrocken sehe ich, wie Lill in mein Zimmer hineintretet.
"Ah nur so."
Verwirrt schaut sie mich an und setzt sich neben mich auf das Bett.
"Darf ich heute hier schlafen? So wie früher?"
"Klar, Schwesterherz."
Fröhlich deckt sie sich zu.
"Du hast heute mit Daddy gesprochen." Sagt sie neugierig.
"Ein bisschen."
"Hmm..." Gibt sie dazu und schließt dann die Augen.
"Mom, hat letzte Nacht ziemlich heftig mit ihm diskutiert."
Mom, hat was? Und ich blicke erschrocken auf Lillian. Ich hoffe, sie hat es nicht übertrieben. Mom soll keine Folgen tragen...

Royal BadboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt