Kapitel 43

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Alayne's POV

Es ist dunkel draußen, aber die Straßenlaternen erleuchten den gesamten Weg.
Das bisschen Schnee, welches auf dem Boden liegt, schimmert gräulich am Straßenrand. Das erinnert mich daran, dass bald Weihnachten ist. So sehe ich eine Familie vor einem Block, die einen Tannenbaum herein transportiert.
Meine Augen gleiten über die ganzen Blöcke während Jey Richtung Autobahn fährt.

Was ich wohl Jey zu Weihnachten kaufen soll?
Er scheint ja mit allem gut versorgt zu sein. Ich glaube aber, das genau das mein Problem ist.
Für mich galten solche Feste als Möglichkeit, das zu kaufen, was man benötigt oder dringend braucht.
Doch geht es mehr darum einer Person symbolisch zu zeigen, dass man sie gern hat.

Zumindest glaube ich das.

Als ich klein war, hat mir meine Mutter einen Puppenhaus zu Weihnachten geschenkt. Es war aus Pappe, aber ich habe es dennoch geliebt. Ich habe in diesem Moment so eine innige Bindung zu meiner Mutter gefühlt, dass ich angefangen habe, zu weinen. Ma war keine Hexe, so ist es nicht. Man kann sie nicht mit der bösen Stiefmutter von Schneewittchen vergleichen, aber ihr Verhalten hat meine Erziehung geprägt. Sie war launisch, selbstsüchtig und geizig. Gut, wir hatten nicht viel Geld. Zumindest hatte ich dieses Gefühl.
Sie war die Art von Mutter, die ihr Kind zwar gerne zum Spielplatz genommen hat, aber dann nicht bemerkte, dass ihre Tochter neben der Rutsche von drei älteren Kindern herumgeschubst wird.
Mein Vater war selten zuhause. Und wenn er da war, dann schlecht gelaunt. Meistens saß er im Wohnzimmer vor dem kleinen Kastenfernseher und schaute sich die Nachrichten an. Er war auf sie so konzentriert, als ob er dort etwas bestimmtes erwartet hätte.
"Alayne! Hol mir ein Bier!"
Rief er immer, obwohl es bereits 22 Uhr war und ich für die Schule schlafen wollte.
Widerwillig tapste ich zu meiner Mutter, die sich dann meist im Bad abgeschminkt hat und fragte sie, ob ich Vater wirklich immer das Bier geben soll und das ich doch schlafen will.
"Tue lieber, was dein Vater sagt. Verärgere ihn nicht, ja?"
Lautete dann immer ihre desinteressierte Antwort.

Wenn ich mittlerweile darüber nachdenke, fällt mir auf, dass Mutters Verhaltensmuster tatsächlich so gewesen sein könnte, weil sie mit Vater ein unzufriedenes Leben führte. Vielleicht war sie deswegen immer so launisch und gestresst.

"Ale? Wir sind da."

Ich drehe mich zu Jey.
"Das ging ja schnell."

"Du wohnst ja auch nicht weit weg von May."

"Ich?"

Verwundert steige ich aus und erkenne die Gegend. Ich stehe vor meinem Wohnblock. Der graue, hässliche, alte Zementblock mit den gelb-blauen Graffitis nebenan.

"Warum sind wir hier?" Frage ich.

"Du hast die ganze Fahrt wahrscheinlich geträumt." Antwortet er lachend und schließt das Auto ab.

"Oh, ja, das ist gut möglich. Sorry."

"Nicht schlimm. Ich dachte mir, dass du vielleicht deine Gegenstände mitnehmen willst. Die Wohnung haben wir doch vor ein paar Wochen abgemeldet und morgen wird sie dann an den neuen Vermieter weitergeleitet..."

Seine Hand auf meinem Rücken macht mir Gänsehaut, aber vielleicht liegt es auch an der Atmosphäre, die diese Gegend zu später Zeit verbreitet.

"Das habe ich komplett vergessen!"

"Tja, was hättest du ohne mich getan. Na ja, eigentlich ist mir das erst im Auto eingefallen, aber besser jetzt als nie."

Royal BadboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt