Kapitel 24

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Alayne's POV

Ich stehe vor der Haustür. Kurz bevor ich reingehen will, zuckt mein Körper. Vielleicht ist er wieder da? Ich störme in das Gebäude und renne zur Wohnung. Als ich in die Wohnung hineingehe, ist er immer noch nicht da...
Das reicht mir. Ich gehe ihn suchen.

Ich habe ein paar Dinge in einen Beutel gepackt, ziehe eine Mütze von Jey an, leihe mir einen Regenschirm und mache mich auf dem Weg raus. Wo soll ich anfangen? Ich plane in jedes einzelne Geschäft reinzugehen, um nach ihn zu suchen. Der Regen wird auch stärker. Selbstbewusst checke ich auch Bars, Cafés und Restaurants ab und muss mich leider immer enttäuschen. Es wird immer dunkler draußen und die Temperatur sinkt mit. Ich atme tief durch. Er kann ja nicht einfach so verschwunden sein. Meine Füße führen mich weiter. So laufe ich und laufe ich die nächsten 2 Stunden durch London.
Vergeblich.
Es ist schon stockdunkel und mein Hals kratzt. Morgen bin ich sicher krank.
Mittlerweile befinde ich mich ziemlich weit von der Wohnung und denke nach was ich als nächstes machen soll. Ich rufe wieder beim Manager an, während ich unter einer Bushaltestelle stehe. Es sind wenig Leute draußen und die paar Autos fahren im schnellem Tempo vorbei.
"Hallo?"
"Hier Alayne wieder."
"Ah Alles in Ordnung?"
"Ja... naja. Egal, haben Sie etwas von Jey gehört?" Bitte sag ja!
"Nein, tschuldige..."
"Ahm, achso. Trotzdem danke."
Und das Gespräch endet.
Plötzlich klingelt es.
Ich gehe hektisch ran.
"Ja??"
"Hier ich nochmal. Es gibt einen Ort, den Jeremy sehr gerne besucht. Dort solltest du mal nachsehen."
"Wo?" Rufe ich ungeduldig.
"Aston Street Park."
"Ich danke Ihnen vielmals! Danke und schönen Abend noch!" Sage ich überglücklich. Dort war ich noch nicht und das ist wenigstens irgendwas.
Sofort renne ich dorthin. Meine Ausdauer ist plötzlich so gut. Andererseits fühlt es sich, als würde ich sehr sehr schnell rennen, als ob mich ein Bär verfolgen würde. Ich komme in 20 Minuten an und bin außer Puste. Ich stütze mich an einen Baum und versuche zu atmen. Der Mond scheint mittlerweile über meinem Kopf und es muss schon nach 21 Uhr sein. Dann sehe ich ihn endlich. Er sitzt unter einem Baum. Sein Gesicht in seinen Händen vergraben.
Jey...
Fragt mich warum, aber irgendwie habe ich damit gerechnet... Ihn so dazufinden. Er spricht ja kaum über sich selbst und genau das zeigt seine Wunden.
Ich weiß nicht, wie ich ihn ansprechen soll, aber ich muss ihm helfen.
Ich tapse vorsichtig zu ihm. Er hat mich nicht bemerkt. Ich sehe, wie er friert. Und wie er plitschnass ist. Er tut mir so Leid. Ich knie mich vor ihm, setze ihm meine (seine) Mütze auf, hole einen Schal aus dem Beutel und binde ihm um seinen Hals. Plötzlich blickt er auf. Man erkennt paar Tränen und er schaut mich wie eingefroren an, aber bringt kein einziges Wort raus. Das ist in Ordnung. Ich stehe auf und nehme die Flasche aus seiner Hand. Dann werfe ich sie in eine Tonne, komme zurück, richte den Regenschirm über ihn ein, so, dass er trotzdem normal sitzen kann und setze mich neben ihn. Er schaut weg, als ich mich zu ihm drehe.
"Es ist okay, wenn du weinen willst." , sage ich, "Ich habe heute auch alles rausgelassen."
Stille.
Ich grabe ihm Beutel und hole nun ein Sandwich raus und ein Getränk.
"Hier." Ich lege es auf sein Schoß und blicke dann in den regnerischen Himmel.
Er blickt immer noch weg, hat sich aber die Tränen mit seinem Arm weggewischt.
"Danke. Danke für das alles." Antwortet er leise. Dann greift er zum Essen. Das macht mich schon glücklich.
Er beißt gierig ab und nimmt große Schlücke.
Nachdem er zu Ende gespeist hat, bleiben wir eine Weile stumm sitzen. Der Regen hat fast aufgehört, aber Gewitter hat angefangen.
"Als ich 7 war... " fängt er an " war mein Vater schlimmer als heute."
Ich blicke zu ihm. Er sieht sehr niedergeschlagen aus.
"Er hat mich zu zu zu vvvieleeen Dingen gezwungen, die ich nicht wollte... Unter a... anderem hatte ich keine Kindheit. Deswegen wurde ich oft geschlagen und hatte keine Freunde. Mir fehlt der Um... Umga... Umgang mit Freund... en."
Er ist noch angetrunken, das merkt man deutlich.
"Daran konnte i... ich mich gewöhnen, aber aber dann..." Ihm fließt eine Träne runter.
"Granny war da, um mir was zu erzählen. Dann kam jemand rein und hat sie erschossen." Und da fängt er an zu zittern. Ich halte seine Hand fest.
"Jemand hat sie erschossen. Heute, vor paar Jahren."
Und jetzt verstehe ich ihn besser.
Er hat sich mir freiwillig geöffnet und jetzt verstehe ich seine harte Kindheit, seinen Vater und seine ermordete Großmutter und alles drum herum nimmt mehr Sinn an. Ich bin ihm dankbar. Das heißt, dass er mir vertraut. Ich weiß, wie schwer sowas sein kann und deswegen schätze ich das so sehr.
"Jey."
Ich nehme ihn in den Arm.
"Jey du musst dich zusammen reißen. Die welt ist nicht einfach, das Leben kann scheiße sein, aber man muss stark sein, um hier zu überleben, selbst wenn es aussichtslos ist. Hast du verstanden??" Und jetzt bin ich die jenige, die wieder anfängt zu weinen.
Plötzlich spüre ich seinen Arm an meinem Rücken. Er drück mich zu sich und flüstert in mein Ohr: "Ich weiß. Es tut mir Leid..."
"Wie konntest du mich nur allein lassen? Ich habe mir solche Sorgen gemacht. Weißt du, wo ich dich alles gesucht habe? Ich dachte, du kommst nicht wieder!" Und ich verliere die Kontrolle, obwohl ich es vermeiden wollte.
Er schaut mich ernst an, aber umarmt mich dann wieder und flüstert ununterbrochen "Es tut mir so Leid, Alayne. Vergib mir. Ich mache das nie wieder. Es tut mir Leid..."

Jey's POV

Sie hatte auch keine einfache Kindheit. Es gibt viele, die keine hatten. Alayne hat Recht. Herumsitzen bringt sowieso nichts. Die Zukunft ist das, was kommt.   Ich ziehe sie und mich nach oben. Wir stehen da und ich wische ihr die Tränen weg.
"Danke Alayne. Ja, du hast recht. Ich bleibe stark, aber eins muss ich sagen, du bist hier die Stärkere von uns." Wir halten immer noch unsere Hände, nehmen den Regenschirm und gehen zurück nachhause.
Diese Welt ist für keinen einfach, vieles ist schwer zu erreichen, zu verdauen, aber das heißt nicht, das es unmöglich ist.
Alayne, ist mir wichtig. Jeden Tag wird sie wertvoller für mich. So sehr, dass mein Herz es zulässt, ihr meine Tränen zu zeigen, die außer meinen Eltern nie jemand zu Gesicht bekommen hat.

<3

Royal BadboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt