Scherbenbild

-12- Von neuem Leben und alten Wünschen

Sie schlief, wie sonst auch. Cas saß bei ihr, wie sonst auch. Nele ... seine Mutter hätte die Operation fast nicht überlebt. Das Herz wollte nicht schlagen und die Ärzte mussten nachhelfen. So etwas war nicht unnormal bei einer Herztransplantation, immerhin war es eine Herztransplantation. Aber Cas musste daran denken, wie er sie überreden musste, sich hierher überweisen zu lassen. Er hatte mit ihren behandelnden Ärzten über ihre Möglichkeiten gesprochen, während sie schon fast ein ganzes Jahr lang nur Löcher in die Luft starrte und auf irgendetwas wartete ... Schließlich hatte sie eingewilligt, für ihn, für ihren Sohn. Cas glaubte zumindest nicht, dass sie es für sich selbst tat. Deswegen wunderte es ihn nicht, als ihm Dr. Maurer von den Startschwierigkeiten des Herzens erzählte.

Cas strich seiner Mum über den warmen Unterarm.
»Du musst durchhalten«, flüsterte er. »Bitte werde wieder ganz gesund.« Ein neues Herz schlug in ihr. Sie durfte leben, ein anderer war gestorben und Lara trauerte nun. Nele musste dieses Herz annehmen, jetzt noch viel mehr, musste sie leben! Der Herzmonitor piepste. Ein Geräusch, welches Cas schon lange in seine Träume verfolgte. Dr. Maurer kam rein, um seine Mutter zu untersuchen. Cas verzog sich solange in die Cafeteria. Er befürchtete schlechte Nachrichten. Das befürchtete er fast immer. Eine negative Erwartungshaltung, die sich in ihn eingebrannt hatte. Doch Dr. Maurer hatte nichts weiter zu berichten, als dass sie Schlaf brauchte. Allerdings hatte er beim Reden eine tiefe Sorgenfalte zwischen den Brauen.

Cas wünschte sich, seine Mum würde aufwachen. Er wollte mir ihr reden. Ihr von der neuen Schule erzählen und vom See. Doch sie wachte nicht auf und irgendwann konnte Cas einfach nicht mehr still sitzen bleiben. Er zog sich an und wanderte durch die Stadt. Er wanderte lange durch die Straßen, zwischen den Geschäften und Supermärkten hindurch, bis er irgendwann am Hafen ankam, einen kurzen Blick über das graue Wasser warf, wieder umdrehte und weiter umherirrte.
Dabei hatte er kein Ziel. Er war einfach nur ruhelos. Vermutlich wäre es klug gewesen, sich ein wenig schlafen zu legen, aber zuerst musste seine Mum wach werden und Cas mit ihr reden, ihr einen Grund geben, zu kämpfen, ihr Lebensmut schenken. Sie sollte ihren Sohn sehen und wissen; Alles würde gut werden.