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Cas schmiss sein Handy auf den Beifahrersitz. Es machte ihn verrückt, die ganze Zeit darauf zu starren und sie anrufen zu wollen. Viertel nach eins. Er lief den Parkplatz weiter auf und ab. Wartete, wartete, schaute aber nicht mehr auf die Uhr. Cas wusste also nicht, wie spät es wirklich war, als er in sein Auto stieg. Er würde vermutlich die Strecke von hier zu ihr abfahren, um zu sehen, ob er sie abfangen konnte. Vielleicht hatte sie wirklich den letzten Bus verpasst und lief jetzt zu Fuß. Das traute er ihr durchaus zu. Erst als er aus dem Bahnhof herausfuhr, warf er einen kurzen Blick auf sein Handy, um zu sehen, ob sie angerufen hatte. Und das hatte sie. Mehrmals! Aber nur eine einzige SMS: Warte, ich bin gleich da. Warte auf mich, du Idiot und geh an dein Handy!

Cas bremste scharf ab. Hatte er da nicht eine Gestalt gesehen, ein Schatten, im Rückspiegel, kurz nachdem er losgefahren war? Er wendete den alten Ford scharf und raste zurück auf den Parkplatz. Sein Scheinwerferlicht umfasste die Gestalt sofort, die da so verzweifelt auf dem Boden kniete. Er hielt an, sprang aus dem Wagen und schloss sie in die Arme.

Jetzt würde alles gut werden, einfach alles gut werden ...


Sie fuhren nicht direkt auf die Autobahn, weil Cas noch einmal den See sehen wollte. Also schlängelten sie sich durch die zahlreichen Landstraßen am See entlang. Ein wunderschöner Anblick. Die Lichter der Städte spiegelten sich im Wasser und der Wagen raste dahin, weiter und weiter. An einem Flecken, der Cas besonders schön vorkam, blieb er schließlich stehen. Ein freies Stück Rasen, neben kleinen Gärten zum Vermieten. Auf der anderen Seite des Sees ragten leuchtende Hochhäuser in die Höhe. »Was machen wir hier?«, fragte Lara.

»Mach die Augen zu«, flüsterte er verschwörerisch.

»Warum?«

»Machs einfach, vertrau mir.« Cas unterdrückte ein Grinsen. Sie verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust, schloss aber dann die Augen.

Cas stieg aus und holte die kleine Benjamin Blümchen Torte heraus, die er extra noch gekauft hatte. Er wusste nicht, ob ihr ausgerechnet eine Benjamin Blümchen Torte gefallen würde, aber es hatte keine andere mehr gegeben. Cas steckte achtzehn Wunderkerzen in den viel zu kleinen Kreis und zündete sie an. Das Licht reflektierte sich in den roten und grünen Augen, des Drachen, den er immer noch um seinen Hals turg und brachte sie zum Glühen.

»Lara!«, rief er und riss die Autotür auf. »Komm, schnell!« Er lachte, als er ihre großen Augen sah, die noch viel größer wurden vor Freude. »Cas ... «, hauchte sie. Der Funkenregen der Wunderkerzen leuchtete in ihren tiefen Augen wieder. »Happy Birthday«, sang Cas. Der Funkenregen erlosch und sie küsste ihn. Das vertraute warme Kribbeln wanderte durch Cas Körper und vermischte sich mit der Gewissheit, es nie mehr missen zu müssen.

»Benjamin Blümchen Torte«, lachte sie, als sie die Wunderkerzen aus der Torte zog. »Du wirst es kaum glauben, aber so eine wollte ich schon immer mal probieren.«

»Das ist gut«, sagte Cas, holte ein Taschenmesser aus der Hosentasche und schnitt die Torte in acht Teile. »Willst du Kaffee dazu?«

Als sie nickte, holte er die Termuskanne, zwei Alubecher und zwei Plastikgabeln aus dem Auto. Der Nieselregen stoppte, während sie sich auf die Motorhaube setzten, Benjamin Blümchen Torte aßen und Kaffee tranken. Cas konnte nicht glücklicher sein. Sie ließen sich nicht all zu fiel Zeit, nur für den Fall, dass Maike ihnen irgendwie auf die Spur kam. Doch sobald sie auf der Autobahn fuhren, schmolzen die Meilen nur so dahin.

»High way to hell«, lief im Radio und sie sangen lautstark mit, obwohl sie sich definitiv nicht auf einem High way to hell befanden. Cas wusste nicht, wie er es nennen sollte.

High way zum Glück? Ihr gemeinsames Leben begann jetzt! Sie machten sich ein eigenes Bild, nein, einen ganzen, langen Film aus den Bildern ihres Lebens.

ScherbenbildWo Geschichten leben. Entdecke jetzt