»Denkst du, er war es?«, fragte Lara. Sie lagen auf den Boden im Wohnzimmer. Cas hatte einen Arm um sie gelegt und atmete langsam und gleichmäßig. Eigentlich ging sie davon aus, er schlief, aber er antwortete: »Vielleicht. Deine leibliche Mutter wusste es nicht.«
»Denkst du, mein Vater wusste es?«
»Hm ... vielleicht. Aber würde es so viel ändern, wenn er dein leiblicher Vater gewesen wäre?«
»Na ja, Sophie wäre dann meine Halbschwester ... «
»Sie ist deine Schwester, ob nun adoptiev oder nicht.«
»Ja schon, aber ... «
»Lara, wichtig ist doch nur, dass du bei ihm aufwachsen durftest. Bei ihm und deiner Familie.«
Familie? Von was für einer Art von Familie konnte sie erzählen?
Ihr Dad war tot, ihre Mum in der Klapse und ihre weibliche Mutter, Gott wusste wo.
Da blieb nur Sophie, Susi und Cas. Und Cas, er war gerade ihre Welt und in seinen Armen, der Ort, den sie Zuhause nennen wollte.
Der Brief:
Lieber Thomas,
ich weiß, du liebst deine Frau und ich möchte nicht trennen, was zusammengehört.
Wir hatten unsere Zeit, eine schöne Zeit, aber sie ist vorüber. Zumindest für mich.Aber ich habe ein Kind, Liebling.
Ihr Name ist Lara. Ein deutscher Name, wie das Land aus dem du stammst.
Ich bin arm und die Zeiten gefährlich. Thomas, ich kann dir nicht sagen, ob sie deine Tochter ist. Möglich wäre es, aber ... Du weißt, in meinem Dorf, die Männer, die Soldaten ...Ich wünsche mir, dass sie dein Kind ist. Denn sie ist wunderschön und verdient ein besseres Leben, als ich ihr geben kann. Meine Tage sind gezählt, ich rieche es in der Luft, schmecke den Rauch und das Blut von Krieg. Ich spüre es mit jedem Atemzug.
Ich gebe diesen Brief einem deutschen Freund, der hier die Verletzten versorgt.
Er wird ihn zu dir bringen und er hat mir auch bei den Unterlagen mit Lara geholfen. Ich gebe sie an ein deutsches Waisenhaus, mit dem Geld,welches du mir damals gegeben hast. Das ist alles, was ich ihr geben kann.
Mir fällt es schwer, noch mehr zu schreiben. Du weißt, mein deutsch ist nicht gut und ... es fühlt sich an, als könnte ich nicht alles in dieser Sprache formulieren.
Ich bleibe bei meiner Familie, meinen kleinen Bruder Janosch, erinnerst du dich noch an ihn? Er ist groß und tapfer geworden.Schenke unserer Tochter die Liebe, die sie verdient und die ich nie bekommen durfte.
Wenn sie 18. Jahre alt ist, dann gib ihr das Amulett von mir. Damit sie sieht, wie ich aussehe und sie weiß, dass ich sie liebe und immer lieben werde.Thomas, vielleicht willst du es nicht hören. Unsere Zeit war sehr knapp und damals warst du schon mit Maike zusammen. Aber diese drei Monate, mit dir am schwarzen Meer, in der kleinen Hütte, du warst so ein Rebell, wild und leidenschaftlich. Du hast mir gezeigt, wie es ist, sich lebendig zu fühlen. Und bis heute, bis in die Zukunft und ich nehme ist mit in meinen Tod, werde ich dieses Gefühl bewahren. Ich habe schon lange keine Angst mehr.
In Liebe ...
Ana.
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Scherbenbild
General FictionLara verliert ihren Vater, der nach einem Unfall hirntot ist. Cas(♂) Mutter bekommt sein Herz und eine neue Chance, doch sie scheint schon lange dem Tod zu gehören. Laras und Cas Liebesgeschichte beginnt an einem Ort der Hoffnung und der Verzweif...