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Ich schritt die knarzende Treppe hoch. Sanft stieß ich die Holztür auf, in der die Kinder geschlafen hatten... ich wollte ihnen eigene Zimmer einrichten. So, wie sie es wollten. Die Betten standen noch da. Sie waren billig. Ich wollte erst noch streichen bevor ich die teuren Möbel gekauft hätte...


03.04.2012

„Gute Nacht, ihr zwei.", lächelte ich und wollte gerade gehen als mich Elias aufhielt. „Wo ist Mama?", wollte er wissen. „Ähm... deine Mama ist in die Stadt gefahren. Sie muss mit jemandem reden.", lächelte ich und setzte erneut zur Flucht an. „Mit wem?" „Mit jemand wichtigem.", meinte ich und wollte erneut flüchten. „Ist es ein Anwalt?", ich stoppte. „Wieso glaubst du das?", ich drehte mich um und trat wieder zu Elias. Ich setzte mich auf die Bettkannte und legte meine Hand auf seinen Unterschenkel, der verdeckt von der Bettdecke auf der Matratze lag. „Wieso denkst du das?", wollte ich wissen. „Weil der Timo das gesagt hat!", erklärte er. Was ich von den Tischgesprächen mitbekommen hatte war, dass Timo wohl ein Klassenkamerad von Elias war. „Was hat er denn gesagt?" „Na, seine Mama hat ihn auch von seinem Papa mitgenommen! Weil seine Mama gesagt hat, dass sein Papa eine andere hat! Und dann haben sie sich mit einem Anwalt scheiden lassen! Seit dem hat der Timo aber seinen Papa nicht mehr gesehen!", erklärte er. Ich schluckte. „Und was denkst du darüber?", er dachte kurz über meine Worte nach. „Papa hat eine andere Frau?", er sah mich fragend an als könnte ich ihm die Antwort geben. Würde mich bei Gregor nicht mehr wundern. „Ich weiß es nicht.", lächelte ich. „Nein, du Doofkopf!", schaltete sich nun das Mädchen ein. „Hey! Rede nicht so mit deinem großen Bruder!", mahnte ich doch überging die Kleine meine Bemerkung einfach. „Papa hat doch keine andere Frau! Die hat doch Mama!", erklärte sie und ich wäre fast in schallendes Gelächter ausgebrochen. Aber es stimmte ja. Ihre Mama war diejenige die eine andere hatte. „Stimmt! Elena! Mama hat ja dich!", kam nun auch Elias zu der Erkenntnis. „Ähm...", brachte ich heraus und schwups war die Kleine aus dem Bett gehüpft und auf meinen Schoß gesprungen während sie ihren Kuschelhasen fest an sich drückte. „Warum sind wir jetzt eigentlich bei dir? Mama ist doch eine Frau! Und du doch auch... warum ist sie dann bei dir? Ich hab gesehen, dass ihr euch geküsst habt!", erklärte sie Kleine. „Ähm..." „Genau! Und du und Mama haltet auch ganz oft Händchen und ihr lächelt euch immer an! Aber du bist doch eine Frau!", meinte er. Ich schluckte. Konnte jetzt nicht einfach Nina heim kommen? Ich war absolut unqualifiziert für diese Art von Gesprächen. „Also... es gibt Frauen, die verlieben sich nicht in Männer, sondern in Frauen. Und es gibt Männer, die verlieben sich in Männer. Das ist ganz normal. Das kann man nicht vorhersehen oder beeinflussen.", lächelte ich. „Hä? Aber in den Märchen findet der Prinz doch auch immer die Prinzessin!", meinte Elias. „Genau! Oder der Ritter rettet die Prinzessin!", pflichtete ihm seine Schwester bei, sprang wieder von meinem Schoß und rannte zum Bücherregal. Sie kam mit einem Märchenbuch zurück und schlug es auf bevor sie es mir unter die Nase hielt. Auf dem Bild war ein Turm abgebildet um den ein grüner Drache flog. Unten stand ein Ritter in schimmernder Rüstung mit erhobenem Schwert. „Siehst du!", meinte sie. „Sehe ich. Aber vielleicht ist da ja ein Mädchen in der Rüstung.", lächelte ich. „Hä?" „Ein Mädchen kann doch kein Ritter sein!", kam es von Elias. „Warum nicht? Weißt du, was dein Papa für sein Geld macht?", wollte ich wissen. „Ja! Er arbeitet mit Eisen und macht Sachen daraus!", erklärte er. „Glaubst du, eine Frau kann das auch?", wollte ich wissen. „Nein! Papa sagt, Frauen sind da einfach zu schwach für!", Gott hatte Gregor die Kleinen verdorben. „Aber ich mache das gleiche wie dein Papa!", lächelte ich. „Echt?", keuchten die Kinder. „Ja! Und mindestens genauso gut.", lächelte ich. „Kann eine Frau dann auch ein Ritter sein?", wollte Lina wissen. „Natürlich.", lächelte ich. „Warst du dann der Ritter der Mama befreit hat?", Linas Augen funkelten und sie saß schon wieder auf meinem Schoß. „Ja... aber,.. wieso glaubst du, musste ich deine Mama befreien?", wollte ich wissen. „Weil Mama bei Papa oft geweint hat.", brummte Elias. „Hat sie?" „Ja! Und bei dir lacht sie immer! Das ist schön.", lächelte Lina. Ich grinste. „Und... vermisst ihr euren Papa nicht?", wollte ich wissen. „Schon...", meinte Lina. „Aber bei dir ist es auch schön.", lächelte sie und kuschelte sich an mich. Lächelnd legte ich meine Arme um den kleinen Körper. „Komm. Leg dich wieder hin.", lächelte ich und trug sie die paar Schritte ins Bett. „Elena?", hielt mich Elias noch mal an. „Ja?" „Liest du uns noch was vor?", wollte er wissen. Ich nickte. „Aber gerne.", lächelte ich und griff nach dem Märchenbuch. „Und, was wollt ihr le..." „Der Wolf und die sieben Geißlein!", erklärte Elias sofort. Ich schlug die bekannte Seite auf. „Zu Befehl.", lächelte ich und räusperte mich. „Es war einmal eine alte Geiß, die hatte sieben junge Geißlein, und hatte sie lieb, wie eine Mutter ihre Kinder lieb hat...

Sechs Jahre die ich nie zurückbekommeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt