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POV Elena

Mein Anwalt holte mich ab. Nina meinte, sie müsse sich um die Kinder kümmern. „Danke fürs Fahren...", bemerkte ich. „Ach das ist doch kein... warte lass mich...", er nahm mir sofort die Tasche ab und trug sie für mich. „Danke. Das ist wirklich sehr nett von dir. Nina kann heute nicht." „Nicht? Sonst springt sie doch sofort wenn mit dir was ist." „Ja... Ich weiß nicht. Sie war gestern schon so komisch zu mir...", erklärte ich. „In wie fern?" „Naja... kühl. Sie war bei mir und alles aber... sie hat mich nicht einmal berührt. Kein Kuss, nicht einmal meine Hand hielt sie.", erklärte ich. „Mmh... hast du was angestellt?", wollte er wissen. „Nicht, dass ich wüsste... ich überlege schon seit gestern!", erklärte ich. „Gut... fahren wir dich erst mal heim. Dann sehen wir das schon. Rede dann mal mit ihr." „Mache ich.", bemerkte ich und Daniel legte meine Tasche in den Kofferraum.

Am Auto verabschiedete ich mich von ihm. Die Tasche trug er mir noch bis zur Tür. Dann ging er. Ich sperrte auf und schleppte die Tasche hinein. „Nina? Elias? Lina? Ich bin wieder da!", hörte ich. „Elena, komm mal bitte in die Küche.", hörte ich Nina. Ich zog mir schnell die Schuhe aus und ging in die Küche, wo meine Verlobte bereits stand. „Hallo, Liebling.", lächelte ich und wollte sie küssen. Sie drehte sich zur Seite. Ich wagte es erneut. Diesmal stieß sie mich direkt weg. „Alles in Ordnung? Hast du mich denn nicht hier vermisst?", fragte ich nach. „Elena...", sie machte einen Schritt zurück um meinem Griff zu entkommen. „Liebst du mich?" „Ja! Natürlich liebe ich dich!", versicherte ich. „Und du hattest in den letzten sechs Jahren niemand anderen?", wollte sie wissen. Ich seufzte und setzte mich. „Ja und nein. Also... ich habe es dir erst nicht erzählt, weil ich dachte, es sei nicht so wichtig.", bemerkte ich. Nina starrte mich wütend an. „Nicht so wichtig?" „Ja... lass mich doch erklären! Mein Gott... Ich hätte es dir eher sagen müssen. Aber ich hatte es komplett vergessen, weil es eben so nichtig war. Es war Weihnachten 2015 und..." „Ach?" „Mmh? Ja... 2015. Und da war meine Zellengenossin, Hannah, und ich. Wir haben geredet und irgendwie haben wir uns geküsst. Es ging aber sofort auseinander und wir waren beide der Meinung, dass das ein Ausrutscher war. Es hat nichts bedeutet. Wir beide wollten einfach nur mal wieder die Nähe eines anderen spüren. Wir schliefen auch oft nebeneinander. Aber in Klamotten und so. Sie hatte oft Albträume und es war im Winter wirklich kalt. Aber ich habe dich nie betrogen. Ich habe mit niemandem im Knast geschlafen und auch nur dieser Kuss... Das schwöre ich.", erklärte ich. Nina schnaubte. „Steck dir doch deine Schwüre sonst wohin!", rief sie. Ich zuckte zusammen. „Nina... was ist denn los?", wollte ich wissen. „Ich... ich bin so eine dumme Kuh...", zischte sie. „Nina um Gottes Willen... was ist denn los?", wollte ich wissen und trat näher. „Fass mich nicht an!", zischte sie. „Liebling was..." „Spar dir dein Liebling!", knurrte sie. „Weißt du, ich hätte dir den ganzen Mist vergeben! Hätte ich wirklich. Ich kann dich ja verstehen und ich kenne dich! Du bist nun einmal... leidenschaftlich. Das war einer der Gründe, die mich so angezogen haben. Aber... Lügen... ich kann Lügen nicht mehr länger hören! Gregor lügt, Zeugen lügen, Beweise gegen dich lügen. Lügen, Lügen, Lügen! Aber du... du hättest mir gegenüber ehrlich sein müssen. Das heute war deine letzte Chance.", erklärte sie. „Was? Wo lüge ich denn? Nina... bitte sag es mir!" „Ich soll es dir sagen?", knurrte sie. „Soll ich dich an deine Knastfrau erinnern? Ich hätte es dir wirklich verziehen. Wirklich. Auch, dass du sie wie Dreck behandelt hast, kaum, dass du frei kamst. Aber... dass du mich belügst! Aber sie ja auch. Was genau wolltest du? Sie einfach als Notfallplan halten. Sollte ich dich doch nicht wieder nehmen? Dann wärst du zu ihr gegangen? Oder hättest du sie dir als Zweitfrau gehalten? Deine jüngere Affäre?" „Was? Wovon redest du? Zweitfrau? Nina, du bist doch die Einzige für mich." „Ach steck dir deine Lügen sonst wohin!", zischte sie. „Wenn Gregor über dich redet, dann glaub ich ihm kein Wort. Denn er hat Grund genug dir zu schaden. Aber sie hat keinen Grund. Darum...", sie riss an ihrem Finger und schnell stand ich bei ihr und hielt ihre Hände fest. „Nein! Nimm ihn nicht ab. Bitte... das... von wem redest du denn?" „Von wem werde ich wohl reden? Hannah Turner. Sie hat mir alles erzählt. An Weihachten 2015, da hast du nicht aufgehört. Du bist über sie hergefallen! Ab dem Punkt immer! Ich kann schon nachvollziehen, dass man das Körperliche vermisst. Aber dass du so nicht nur mit meinen, sondern auch ihren Gefühlen spielst... ich hielt dich für besser.", zischte sie. „Was? Ich hatte nie was mit Hannah! Ja, der eine Kuss, aber sonst nie! Wir hatten nie Sex und mehr als diesen einen Kuss gab es nie!" „Wieso sollte sie lügen?" „Hannah erzählt sowas? Ist sie frei?" „Ja. Ach, erinnerst du dich, dass du sie abholten wolltest und ihr das versprochene Leben mit ihr aufbauen wolltest?" „Nein... ich habe nie dergleichen versprochen! Wieso sollte ich? Ich habe nur von dir geschwärmt! Ich wusste nur nicht, dass sie so bald freikommt. Ich kannte ihren Entlassungstermin ja nicht." „Fick dich, Elena. Ich bring dir ein Kissen und eine Decke runter. Du schläfst auf dem Sofa.", zischte sie und ging. Ich hielt mich an der Theke fest und starrte ihr nach. Ich hatte nie dergleichen getan! Aber zumindest... zumindest hatte sie den Ring nicht abgenommen.

Sechs Jahre die ich nie zurückbekommeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt