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Briefe vom Anwalt. Es gab kaum etwas Langweiligeres. Die hochgestochenen Worte brachten meinen Kopf direkt etwas zum brennen. Ich markierte mir aufmerksam das Wichtigste und las erneut aufmerksam. Am Ende war mir folgendes klar: Dass der Verwalter riesen Mist gebaut hatte war klar. Der Kerl wollte untertauchen und mein Anwalt hatte eine Streife zu seinem Haus geschickt, die den flüchtenden beim Packen überraschte. Jetzt riet mir mein Anwalt zur Schadensersatzklage um alles wieder halbwegs rein zu kriegen. Ebenso würde der Hurensohn die Aufbauarbeiten und Renovierungsarbeiten zahlen müssen und könnte er es nicht, würde man mir zwar das Geld erstatten doch der Kerl würd einige Zeit sitzen. Dann kam noch eine Strafe dazu, die er zu zahlen hatte an meine Wenigkeit. Am Ende hatte mir mein Anwalt sogar noch handschriftlich ausgerechnet was ich raus bekam, wenn alles fertig war. Also ich bekäme ein völlig neues Haus und alles. Und dann hatte er mir das Plus ausgerechnet! Ich musste tausendmal hinsehen. Immer wieder. Das konnte nicht stimmen! Ich bekäme 10.000 EURO! Zehn gottverdammte tausend Euro! Das war unglaublich! Damit wäre ein Teil meiner Liste abgearbeitet. Ich zog die zerknüllte Liste aus meiner Hosentasche und nahm mir einen Stift. Und so strich ich den ersten Punkt.

-Gericht -> Geld -> Haus

Gestrichen. Ich würde in dem Moment die Baufirma beauftragen, in dem das Geld auf meinem Konto wäre. Ein neues Haus oder besser ein neu aufgebautes. Zwei Kinderzimmer rein. Eines für den Großen. Eines für die Kleine. Erst nur grob. Dann könnte der Große entscheiden welche Farbe, welche Möbel und so weiter! Ich würde ihn einfach wieder abfangen und ihm einen Katalog in die Hand drücken. Sollte sich aussuchen was sein Herz begehrte. Ebenso die kleine Prinzessin. Ich grinste leicht bei dem Gedanken hinter seinem Rücken mit seiner Familie meine Familie zu planen. Die perfekte Rache. Gut ich würde ihm auch sehr gerne irgendwie nachweisen, dass er damals seine Finger mit im Spiel hatte! Beim Mord an unserem alten Chef. Ich spielte zwar gerne mit dem Gedanken, dass Gregor der Mörder war, aber im Endeffekt hatte ich keine Ahnung. Doch ich war mir sicher, er war beteiligt gewesen! Ob er es selber war, ein Freund von ihm oder ob er am Ende jemanden bezahlt hatte unseren Chef zu töten war nebensächlich! Aber Gregor Bauer war schuld daran, dass ich im Gefängnis saß! Aber gut. Meine Unschuld zu beweisen stand eh als nächstes auf der Liste. Und der Anwalt wollte mich wieder sehen. Heute Abend schon. Zu meinem Glück privat und nicht in einer Kanzlei. So war es mir auch lieber. Ich mochte die Atmosphäre in der Kanzlei nicht. Dort wurde ich nur mit Begriffen vollgeschwallt die ich durch fehlendes Jurastudium nicht beherrschte. Daniel Reber war dagegen sehr bodenständig und sprach mit mir ruhig und erklärte mir die hohen Begriffe. Ich war ja nicht dumm. Bei weitem nicht auch, wenn ich mich oft dumm anstellte. Nein. Es hatte seinen Grund wieso ich so gut bezahlt worden war, ich war Meisterin meines Faches! Aber eben was Metall anging. Das Gesetzesbuch kannte ich nicht auswendig.

Umgezogen in einem lockeren dunkelrotem Hemd und einer schwarzen Jeans wartete ich an der Theke einer kleinen Bar. Heute war wenig los. Es war ja auch unter der Woche. „Frau Reichau?" „Elena reicht völlig. Sagte ich das nicht schon?", lächelte ich und drehte mich um, als ich bereits Daniel Reber sah. „Setzen Sie sich.", bat ich und er nickte. Er war noch in Anzug und allem. „Sie kommen wohl gerade aus der Kanzlei.", bemerkte ich. „Ja... aber ich wollte die weiteren Schritte mit Ihnen... mit dir an einem öffentlichen Ort planen! Ich glaube es ist dir so lieber." „Na dann los! Ihr Brief sah ja schon mal vielversprechend aus. Doch ein Anwalt versprach mir vor über Sechs Jahren auch mal ich würde wieder freikommen. Also los. Wie sehen die weiteren Schritte aus und das wichtigste... komme ich an mein Recht?" „Sie kommen an Ihr recht! Das Geld für das Haus und die Strafe ist sicher. Alles was ich in meinem Brief schrieb ist sicher!", erklärte er und ich lächelte breit. „Ihr nächstes Gesuch ist schon deutlich schwerer... Sie behaupten unschuldig zu sein." „Ich BIN unschuldig!", erklärte ich. „Elena...", er beugte sich zu mir. „Als dein Anwalt werde ich dir schon helfen! Aber um Gottes Willen wenn du den Kerl erschlagen hast sag es mir einfach! Ich klage dann immer noch und behaupte du warst in einer seelischen Notlage.", flüsterte er. „Ich bin unschuldig! Ich schlief tief und fest neben Nina als man meinen Chef erschlug!", flüsterte ich zurück. „Das schwöre ich bei meinem Leben!" „Gut. In dem Fall handelt es sich um einen Fehler der Justiz. Aber das gibt natürlich niemand gerne zu. Anders als bei einem normalen Fall müssen wir selbst Beweise suchen. Also bei Ihnen war das ja so, Sie wurden angeklagt und die Justiz musste Beweise suchen um Ihre Schuld zu beweisen. Aber in diesem Fall müssen wir Beweise suchen um die Schuld der Justiz zu beweisen. Und das ist die Kunst!" „Eine Kunst die Sie ja hoffentlich beherrschen, Herr Reber.", bemerkte ich. „Ja und nein. Ja, eine Kunst die ich in der Theorie beherrsche. Nein, eine Kunst die ich in der Praxis noch nie anwenden musste doch darum habe ich sofort zugesagt dich zu vertreten, Elena! Eben um es einmal gemacht zu haben!", erklärte er. Ich nickte. „Und jetzt?" „Jetzt? Mmh... Elena, hast du dich schon nach einer Arbeit umgesehen?", wollte er wissen. „Nun... noch nicht muss ich gestehen." „Wo hast du gearbeitet?" „Firma Hagler Metallbau." „Schreiben Sie eine Bewerbung. Wer ist aktueller Leiter?", wollte er wissen. „BITTE?! Ich kann mich da nie wieder blicken lassen! Eine Bewerbung schreiben... ich glaube säße ich an Stelle der Person die eine solche Bewerbung bekommt, ich würde sie zusammen rollen und den Schreiber damit verprügeln! Der aktuelle Chef ist niemand geringeres als Maik Hagler!", erklärte ich. „Maik Hagler?" „Der Sohn von Robert Hagler! Meinem ehemaligen Chef! Dem Mann, den ich angeblich ermordet habe! Ich kann nicht zu seinem Sohn gehen und um meinen alten Job betteln!" „Doch. Und ich rate Ihnen ihm so viel zu erzählen wie Sie können. Das du unschuldig bist und dass du gerne wieder dort arbeiten würdest." „Sind Sie irre? Der schlägt mich tot! Ich bin laut ihm die Mörderin seines Vaters!", entrüstete ich mich. Sonst noch was? Ich konnte ja verstehen dass ich einen Job brauchte. Aber um Gottes Willen doch nicht da! Ich konnte dort nie wieder aufschlagen! „Das wird er nicht und das sind Sie nicht. Elena, ich spekuliere da auf etwas. Der junge Mann hat einen furchtbaren Verlust hinter sich. Sein Vater wurde brutal ermordet in dem Büro, in dem er selbst heute arbeitet. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten wie er reagiert. Entweder er ist dir dankbar das du seinen Thron vorbereitet hast. Oder er ist wütend auf dich weil du seinen Vater ermordet hast." „Letzteres eher. Er liebte seinen Vater." „Gut. In dem Fall wird er wütend sein. Er wird sich fragen wie du es wagen kannst unter seine Augen zu treten. Er wird auf 180 sein. Und genau da musst du absolut ruhig sein und ihm in aller Ruhe erklären, dass du unschuldig bist und dementsprechend wieder für die Firma arbeiten möchtest, für die du Jahrelang gearbeitet hast. Dann legst du deine Unterlagen hin. Also deine Bewerbungsmappe. Natürlich Kopien er wird sie wohl aus dem Fenster werfen oder ähnliches. Aber er wird schreien und laut sein! Und du wirst ruhig und gelassen bleiben. Schaffst du das?" „Er wird mich erschlagen und mich rauswerfen lassen! Das kann ich nicht tun!" „Tu das, Elena. Bitte. Wenn ich richtig annehme, dann wird uns das nämlich eine unglaublich wertvolle Informationsquelle darbieten!", bemerkte er. „Aha... und in wie fern hilft es uns, dass mir der Kerl eine einstweilige Verfügung hinterher wirft?" „Wird er nicht. Er wird zu überrascht sein. Da sind uns ich und Frank sicher. Vertrau mir, Elena.", grinste er. Ich schüttelte den Kopf, seufzte aber und gab klein bei. „Auf Ihre Verantwortung!"

Sechs Jahre die ich nie zurückbekommeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt