Ob ich die beiden wirklich beruhigt hatte war mir ein Rätsel doch zumindest hatte er nichts von Mietverhältnis-Kündigung gesagt. Damit war ich ja soweit zufrieden.
Als die Kinder im Bett waren saß ich noch eine ganze Weile am Esstisch und dachte nach. Eine Anzeige würde also bald kommen... die Frage war wieso. Wieso sollte man mich anzeigen können? Entführung? Nina war freiwillig hier und das hatte sie bestätigt. Kindesentzug? Nein... Nina war ja da und hatte ebenso das Aufenthaltsbestimmungsrecht wie Gregor! Ich hatte ein halbes Jurastudium durch den ganzen Mist, den ich damals durchgelesen hatte mit. Was konnte mir vorgeworfen werden? Hatte Gregor sich selbst verletzt und behauptet ich wäre es gewesen? Verdammt... das beförderte mich auf verdammt dünnes Eis... so dünn, dass ich meine Unterlagen raus gekramt hatte. Ich hatte keine Bewehrung. Es dürfte eigentlich nichts passieren... Aber was wurde mir jetzt vorgeworfen? Ich hatte schon dreimal versucht meinen Anwalt anzurufen aber es war bereits nach Mitternacht... der schlief wohl schon. Ich ging in die Küche und holte mir eine Flasche Whiskey raus. Ein billiger Tropfen den ich noch in meinem alten Haus gefunden hatte... jetzt konnte ich es brauchen. Ich füllte mir ein und trank zwei Kurze von diesem Dreck, ließ mich wieder auf den Platz fallen und suchte weiter. Also. Was könnte mich in den Knast bringen? Körperverletzung. Hatte ich keine begangen. Verstoß gegen Einstweilige Verfügung. Lag keine vor. Steuerhinterziehung. Das war erst in Mode gekommen, als ich einsaß. Ich rieb mir die müden Augen. Ich hatte mich nicht mal umgezogen. Nina war duschen gegangen und ich hatte mich hier hingesetzt. Mittlerweile war das Zimmer dunkel und nur die Lampe am Tisch beleuchtete die Papiere.
„Elena?", hörte ich und sah mich um. Nina kam besorgt zu mir. „Wenn du mal trinkst ist die Lage ernst.", Nina setzte sich zu mir und nahm meine Hand. „Sag es mir jetzt... wie schlimm sieht es aus?", wollte sie mit besorgtem Blick wissen und drückte meine Hand. Ich rieb mir die Schläfe. „Wenn ich das nur wüsste... Ich weiß ja gar nicht wegen was die Anzeige kommt! Meinen Anwalt erreiche ich nicht!", ich lehnte meine Ellenbögen auf den Tisch und rieb mir mit den Handballen die Augen, bevor ich meine Hände auf meinem Gesicht liegen ließ. „Also können wir nur abwarten.", bemerkte Nina. Ich nickte. „Das Warten ist das schlimmste. Warten auf das Ungewisse ist schlimmer als jede Prügel mit Gregor und schlimmer als jeder Gerichtstermin. Glaub mir. Ich hab sechs Jahre lang nichts anderes getan als gewartet.", erklärte ich. „Elena...", hauchte sie und strich mir sanft unter meinem Hemdkragen über den Nacken. „Ich weiß einfach nicht was passieren wird... vorher war alles scheiß egal aber jetzt mit dir und den Kindern... ich... ich kann euch doch nicht schon wieder Gregor überlassen!", ich spürte wie mir die Angst die Tränen in die Augen trieben. „Elena, um Gottes Willen... was genau haben die Polizisten denn zu dir gesagt?", wollte Nina wissen und ich spürte, wie sie sich an meinen Rücken kuschelte. „Nichts Spezielles! Nur dass ich eine Anzeige hab. Dann gingen sie und jetzt hab ich keine Ahnung!", wimmerte ich. „E... Elena... weinst du?", wollte Nina wissen. „Was soll ich denn tun? Die Stehen doch eines Tages wieder vor mir, legen mir Handschellen an und schleifen mich grundlos in den Knast! Das haben sie doch schon mal gemacht!", murmelte ich. „Elena... wenn... wenn es doch eh keinen Sinn hat komm. Jetzt panisch die Nacht wach zu bleiben bringt doch nichts! Komm mit ins Bett.", forderte Nina und zog an mir. Ich schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht schlafen, wenn ich keine Lösung finde...", bemerkte ich. „Vergiss es. Komm. Morgen rufen wir deinen Anwalt an und sprechen mit dem. Wir kriegen das alles hin!", versicherte sie mir und gab mir einen Kuss aufs Ohr. „Nein... ich..." „Keine Widerrede. Jetzt komm.", sie zog mich hoch und zerrte mich zum Schlafzimmer. „Setz dich. Zieh dich aus, in den Klamotten kannst du ja wohl kaum schlafen!", befahl sie. Ich nickte und knöpfte mit müden Fingern mein Hemd auf. Nina trug zu meiner Belustigung ein altes T-Shirt von mir. „Tut mir leid, dass ich so Stress mache." „Hör auf, Elena! Es ist absolut verständlich! Du hast Angst vor dem Knast!", bemerkte Nina und ich warf mein Hemd über die Bettkante. Nina setzte sich auf meinen Schoß, schlug die Beine übereinander und legte ihre Arme um meinen Nacken. „Ich will auch nicht, dass du wieder weg gehst. Und ich tue alles, damit du nie mehr weg bist!", hauchte sie und begann meinen Hals zu küssen. „Nina... so wirst du mich nicht aufmuntern können.", seufzte ich und vergrub mein Gesicht an ihrem Nacken. Ich wollte nur ihre Nähe und Ruhe. „Einen Versuch war es wert.", bemerkte Nina und kraulte sanft meinen Nacken. Das beruhigte mich. „Komm. Schlafen wir und morgen telefonierst du mit dem Anwalt.", bemerkte sie. Ich nickte und Nina legte sich ins Bett. Ich zog mich noch fertig um und legte ich dann ebenso zu Nina. Sofort schmiegte sie sich an mich und ich vergrub mein Gesicht an ihrem Haar. So fand ich irgendwie zur Ruhe.
Noch bevor Nina aufgewacht war hatte ich den Whiskey unten Weg geräumt, damit es die Kinder nicht sahen! Dann rief ich meinen Anwalt an. „Elena! Was kann ich für dich tun?", hörte ich meinen Anwalt. „Ja... ähm... also gestern waren zwei Polizisten hier und jetzt haben sie gesagt, sie zeigen mich an! Aber Nina hat ihnen bestätigt, dass sie und die Kinder freiwillig hier sind!", bemerkte ich. „Gut... weißt du, welchen Hintergrund die Anzeige hatte?", wollte er wissen. „Nein! Wenn nicht könnte ich ja weitere Schritte ergreifen!", bemerkte ich. „Aha... ja... Ein Bekannter Freund ist bei der Polizei. Wenn du willst schau ich da heute Mal vorbei." „Wäre ich sehr dankbar!", bemerkte ich. „Gut. Aber wahrscheinlich kommt die Anzeige heute noch mit der Post. Also... ja... ich werde dann später zur Polizei gehen. Auf Wiedersehen." „Wiedersehn.", brummte ich und legte auf. Verdammt...
Jede Sekunde zog sich quälend bis der Postbote kam. Ich sprintete zur Tür und riss den einzigen Brief auf, der gekommen war. Überflog die Zeilen und erstarrte. Mein Handy klingelte und ich ging sofort ran. „J... Ja?" „Elena!", kam es von meinem Anwalt. „Wir haben ein riesen Problem. Ich war gerade bei der Polizei. Es scheint als läge eine Einstweilige Verfügung gegen dich vor. Von Gregor Bauer und gegen diese hast du tatsächlich verstoßen!"
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Sechs Jahre die ich nie zurückbekomme
RomansMein Name ist Elena Reichau. Ich saß jetzt sechs Jahre im Gefängnis. Mir wurde vorgeworfen Wirtschaftsspionage betrieben zu haben und als mich mein damaliger Chef erwischte, soll ich ihn erschossen haben. Lächerlich. Ich bin aufbrausend und kann wüt...