„Und da wusste ich mir nicht anders zu helfen als dich anzurufen...", hauchte ich und wischte mir die Tränen fort. Meine Mutter starrte mich an. Auch ihr liefen die Tränen runter. Alles hatte ich ihr erzählt. Von dem Moment an, als ich Gregor kennen lernte und mich auf ihn einließ. Bis zu meinem Streit mit Elena. Ich zitterte und wartete. Damals als ich ihnen erzählt hatte, ich würde mich von Gregor scheiden lassen, da hatten sie getobt. Sie und Papa. Als Gregor ihnen erzählt hatte, dass ich ihn für eine Frau verlassen wollte waren sie völlig ausgerastet. Und nun saßen wir hier. Sechs Jahre später. „Oh Gott...", hauchte meine Mutter und rieb sich die Augen. „Der hilft nicht. Hab ihn schon tausend Mal angefleht.", hauchte ich. Mama nickte. „Um Gottes Willen... Kind, ich wusste ja nicht... ich dachte... Und Mathias und ich haben neulich erst gesagt, wie gerne wir doch mal wieder dich und Gregor sehen würden... oh Gott oh Gott oh Gott... Und die Kinder?" „Sind in der Schule. Elena holt sie ab...", hauchte ich. „Vertraust du ihr denn?" „Pff... vor vier Tagen hätte ich ja gesagt. Aber jetzt... gestern war sie eben noch so süß zu mir aber...", ich zeigte ihr meine geröteten Handgelenke. Man sah es kaum mehr. Aber ich erinnerte mich noch gut an die Panik, die in mir aufgekommen war. An dieselbe Panik wie die, die ich immer hatte, wenn Gregor mich packte. „Ich halt das einfach nicht noch mehr aus... sie war zwar immer so süß zu mir, als wir davor zusammen waren... Aber das Gefängnis hat ihr viel angetan und..." „Das ist doch keine Ausrede! Nur weil ihr im Gefängnis nicht der Hintern gepudert wurde hat sie kein Recht dich so anzufassen! Und Gregor erst recht nicht! Oh Gott... Nina, warum sagst du uns das erst jetzt? Hättest du uns das schon vor sechs Jahren gesagt, wir hätten dich doch bei der Scheidung unterstützt! Dann hätte ich auch deinem Vater eingebläut, dass das sein muss! Oh Gott, oh Gott... mein armes Kind. Und Elias? Wie geht es ihm? Und... und Lina?" „Elias geht es soweit gut. Gott sei Dank war Elena da, sonst hätte er ihn am Ende noch umgebracht...", hauchte ich. „Ja... weißt du, wir hatten viel Zeit zum nachdenken. Seit der Hochzeit... wir hätten dich nicht dazu zwingen dürfen. Das war falsch. Wir sind doch keine Araber oder Moslems.", bemerkte sie. Die Sache mit dem Rassismus beließ ich erst einmal so. Ich war froh, dass sie mich nicht raus warf. Da ertrug ich locker ihre rassistischen Bemerkungen. Sie meinte es auch gar nicht so. „Ich verstehe mittlerweile, dass du uns nicht mehr sehen wolltest. Als du und Gregor zuletzt hier waren... mit Elias... erinnerst du dich? Kaum war Gregor im Bad hast du uns angefleht dich hier wieder aufzunehmen... Oh Gott wieso haben wir das nicht getan? Wir dachten, du hättest bloß kalte Füße aber... ich wusste doch nicht, dass es so schlimm ist...", wimmerte sie. „Ja... Aber jetzt weiß ich eben nicht wohin! Zu Gregor kann...." „NEIN! Sicher nicht zu ihm!" „Ja... ich kann nicht zu ihm. Zu Elena...", ich seufzte. „Sie hat so viel für uns getan... und ich liebe sie ja. Aber ich weiß nicht, ob das gut geht. Ich weiß nicht, ob ich Elena liebe oder die Vorstellung von ihr, die ich die letzten sechs Jahre geliebt habe." „Du brauchst Abstand. Zieh bei Elena aus. Zieh mit den Kindern weg. Nicht zu Gregor, nicht zu Elena." „Wohin denn? Mit welchem Geld denn?" „Zieh hier her, Nina. Bitte. Dein Vater kommt in zwei Wochen aus dem Urlaub zurück. Bis dahin kannst du hier wohnen. Wenn dein Vater zurück ist erkläre ich ihm alles. Außerdem will ich doch meinen Enkelsohn mal wieder sehen! Ich kenne Elias doch nur als Baby! Er müsste doch schon 10 Jahre alt sein!" „Elias ist 12. Lina 10." „Lina... meine Enkeltochter habe ich noch nie gesehen! Sie müssen doch ihre Oma kennenlernen!", erklärte sie. „Mama... kann ich hier wirklich einziehen? Aber wenn du mir bloß wieder Vorwürfe machst, dass ich Gregor für eine Frau verlasse dann..." „Nein! Ehrlich nicht mehr. Versprochen. Du bist alt genug um das zu entscheiden. Wenn du das für dich entscheidest jetzt lesbisch zu sein... geht das in Ordnung für mich.", hauchte sie. Ich beließ es dabei und nahm meine Mutter in den Arm. Dass ich bi war, das nicht entscheiden konnte und Elena auch nicht entschieden hatte lesbisch zu sein, das ließ ich jetzt einfach mal unausgesprochen. Die Diskussion würde zu lange und zu nervenaufreibend sein. Und DAS würde ich mir heute nicht antun. „Danke, Mama.", hauchte ich. Und lehnte meinen Kopf an ihre Schulter.
Zuhause hatte ich alles gepackt. Ich hatte die Sachen der Kinder zusammengepackt und auch meine. Es tat mir weh zu gehen, doch musste es sein. Mama war mit ihrem Auto gefahren und fuhr nun bereits mit all unseren Sachen heim. Ich hatte das Auto meines Vaters genommen. So wartete es draußen. Wenn die Kinder da wären würden wir fahren.
„MAMA! Wir sind wieder da!", hörte ich und stand vom Sofa auf. Sofort liefen mir die Kinder in die Arme. Meine Kinder... meine Stützen. „Na, wie war es in der Schule?", lächelte ich und tätschelte Lina den Kopf. „Langweilig.", brummte Elias. „Schön!", strahlte Lina. „Ihr... ich...", wie sollte ich das jetzt sagen? „Wir essen heute bei Oma.", lächelte ich. Verwirrt sahen sie mich an. „Oma?" „Ja... bei meiner Mutter.", erklärte ich. Elena trat ein. Ich sah Panik in ihrer Miene. Jetzt war es zu spät. Sie würde mich nicht aufhalten. „Fährt Elena mit?", wollte Lina wissen. Ich sah an ihr vorbei direkt zu Elena. In ihren braunen Augen stand die blanke Angst. „Nein.", hauchte ich und führte sie raus. „Nina, lass uns doch noch mal reden!", kam es von Elena als sie mir bis zur Haustür folgte. „Bleib hier. Ich komme gleich wieder.", befahl ich und Elena blieb in der Tür stehen. Ich führte die Kinder zum Auto, setzte sie rein und kam zurück.
Elena wartete im Wohnzimmer. „Elena..." „Bitte, Nina... verlass mich nicht! Ich... ich... ich kann mich ändern! Ich kann besser werden! Ich werde mir alle Mühe geben besser zu werden und..." „Abstand. Ich brauche Abstand, Elena. Ich ziehe zu meiner Mutter. Regle du deine Sachen und ich regle meine. Aber ich brauche erst einmal Ruhe. Und dir tut die Ruhe auch gut." „Nina, bitte bleib bei mir! Das...", sie machte einen Schritt auf mich zu und sofort wich ich zurück. Mein Herz schlug panisch. Elena sah mir meine Angst an und machte ein paar Schritte zurück. „Du weichst vor mir zurück?", hauchte sie. Sie sah aus, als hätte ich ihr ins Gesicht geschlagen. „Ja. Elena, darum brauche ich eben so dringend Abstand! Bitte... ich habe Angst! Weißt du, was ich mir ausgemalt habe? Ich hatte Angst, dass du ausflippst. Dass du mich jetzt schlägst, weil ich gehen will." „Ich würde dich nie schlagen, Nina!" „Du hast mir aber vorgestern weh getan! Elena, so geht das nicht weiter! Bitte... ich brauche Abstand.", bat ich. „Aber... wo..." „Elena, ich bin jetzt an einem Punkt, an dem ich eben nicht mehr so abhängig bin. Ich muss nicht zu Gregor und ich muss nicht bei dir bleiben. Ich ziehe zu meiner Mutter. Ich will dich jetzt einfach eine Weile nicht mehr sehen.", erklärte ich und drehte mich zur Tür. Ich hörte schnelle Schritte und gerade als ich mich umdrehte stand Elena direkt hinter mir. Erst jetzt wurde mir so richtig bewusst, dass sie 17cm größer war als ich und um einiges stärker. Ich erwartete einen Schlag doch sie zog mich in eine enge Umarmung. Verwirrt ließ ich mich von ihr halten. Gestattete mir kurz ihre Nähe zu genießen. Ebenso spürte ich, wie sie zitterte. „Gut... Aber Nina, vergiss nie, dass ich dich liebe. Ich liebe dich! Ich liebe dich und nur dich allein! Und ich schwöre dir, niemals wirst du Angst vor mir haben müssen. Das vorgestern war das dümmste das ich je getan habe! Es tut mir so, so leid! Ich liebe dich, Nina. Und du bist meine Verlobte. Und ich hoffe, du willst es bleiben und vielleicht eines Tages meine Frau werden. Auch, wenn ich Scheiße gebaut habe und es weiß Gott nicht verdient habe. Ich liebe dich. Ich liebe die Kinder. Und ich will Teil eurer Familie sein. Und ich will gut zu euch sein! Wirklich... ich will mir Mühe geben! Ich will alles geben! Das schwöre ich dir. Und ich werde nie mehr Geheimnisse vor dir haben. Bitte, pass auf dich und die Kinder auf und sollte irgendetwas sein, ruf mich bitte sofort an!", wimmerte und küsste sanft meinen Scheitel. Ich ließ es zu und legte auch meine Arme um Elena. Meine Verlobte... Als ich mich ihren Armen entzog sah ich Tränen in ihren Augen. „Ich gehe jetzt.", hauchte ich und ging zur Tür. Elena stand da wie ein Häufchen Elend. Es tat mir schon leid aber es musste sein. „Danke, Elena... glaub mir, auch dir wird der Abstand gut tun. Und...", ich drehte am Ring an meinem Finger... sah ihn an und dann zu Elena. Ich ließ den Ring los. „Ich bin deine Verlobte.", hauchte ich und ging aus der Tür. Verwirrt trat ich zum Auto. Eigentlich... als ich zur Tür gegangen war hatte ich den Plan gehabt den Ring abzunehmen und ihn auf das Tischchen neben der Tür zu legen. Aber als ich Elena angesehen habe. So traurig und gebrochen... hatte ich mich erinnert wie es war als sie mir den Antrag machte. Und wie glücklich ich gewesen war. So blieb ich Elenas Verlobte. Zumindest vorerst. Trotzdem brauchte ich jetzt Abstand. Ich ertrug das alles nicht.
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Sechs Jahre die ich nie zurückbekomme
RomanceMein Name ist Elena Reichau. Ich saß jetzt sechs Jahre im Gefängnis. Mir wurde vorgeworfen Wirtschaftsspionage betrieben zu haben und als mich mein damaliger Chef erwischte, soll ich ihn erschossen haben. Lächerlich. Ich bin aufbrausend und kann wüt...