„Bereit?", grinste Daniel Reber und ich nickte. Sanft drückte Nina meine Hand. Die Kinder waren bei ihrer Großmutter geblieben. „Wenn du dieses Gebäude verlässt, bist du offiziell freigesprochen.", lächelte sie. „Letzte Chance eine verurteilte Mörderin zu küssen.", grinste ich. Nina lachte auf und legte ihre Lippen sanft auf meine. Wie die Zeiten sich geändert hatten... hatte ich früher in der Öffentlichkeit eine Frau geküsst waren wir angestarrt worden und angemotzt worden. Blöde Kommentare bekamen wir dafür aber immer. Aber heute... herrlich. Gut ein paar Blicke aber die konnte ich ignorieren. „Bereit?", hauchte Nina. Ich nickte und ging mit ihr und meinem Anwalt hinein.
Es dauerte eine ganze Weile bis mal alles Vorgeplänkel erledigt war. Heute war es kein Kampf zwischen mir und Gregor. Es würde nie eine Gerichtsverhandlung zwischen mir und Gregor geben. Denn es war nicht meine Sache Gregor zu bestrafen. Ich würde heute freigesprochen werden. Gregor an einem anderen Tag verurteilt werden. So einfach war es. Nina hatte recht. Ich musste mich zurückhalten.
Nach einer schier unendlichen Zeit wurden die ersten Zeugen gehört. Die üblichen Aussagen wie damals wurden verlesen. Die üblichen Beweise. Alles wie immer gegen mich. Erst zum Schluss kam der Kronzeuge. Ich stockte und starrte Gabriel Nowak an. Er trug eine Wollmütze um seine Glatze zu verbergen. Das Gesicht war eingefallen und... er sah mehr tot als lebendig aus. Ein Polizist schob ihn in seinem Rollstuhl vor. Eine Infusion mündete in seinem Arm. Er grüßte mich indem er kurz die abgemagerte Hand hob und ich nickte ihm zu. Dann wurde er befragt. „Gabriel Nowak, geboren am 01.03.1978 in Tschen... Ste..." „Częstochowa. In Polen.", lächelte Nowak. „Schildern Sie uns doch den Tathergang aus Ihrer Sicht.", bat der Staatsanwalt. „Natürlich. Also... Für mich begann das alles ja etwas früher. Ein Mann schrieb mich über das Darkweb an und es lief ab wie immer. Wir verabredeten ein Treffen und wir gingen in eine Kneipe. Dort beredeten wir alles. Ich...", er hustete und hielt sich ein Taschentuch vor den Mund. Man reichte ihm ein Glas Wasser und einer der anwesenden Krankenpfleger trat zu ihm. Er hob abwehrend die Hand und richtete sich wieder auf. „Verzeihung...", murmelte er mit kratziger Stimme und steckte das nun mit Blut befleckte Taschentuch weg. „Sie können sich kürzer fassen. Sie gaben ja bereits eine umfassende Aussage bei der Polizei ab.", erklärte der Richter besorgt. Nowak nickte. „Ja... also... da man mir Bilder zeigte kann ich meinen Auftraggeber genau benennen, auch wenn er mir einen falschen Namen nannte. Gregor Bauer. Ich habe getan was er wollte. Er gab mir ein Tütchen mit ein paar Haaren darin. Die hatte er wohl vom Arbeitskittel von Frau Reichau.", erklärte er. Ach da hatte er also meine Haare her! Darum waren sie am Tatort gefunden worden! Natürlich... der Kittel hing immer in meinem Spind, wenn ich ihn nicht trug... Oder eben über einen Stuhl gehängt, wenn ich kurz weg war, auf der Toilette oder am Kaffeeautomaten... Gregor hatte oft genug Gelegenheit Haare von meinem Kittel zu stehlen... „Wie er mir aufgetragen hat bin ich also in der Tatnacht in das Büro geschlichen. Habe etwas Krach gemacht. Her Bauer hat mir gesagt, dass er den Chef um eine Dienstplanänderung gebeten hat. Und dass er es selber mal ansehen soll. Ich weiß nicht genau. Irgend so etwas. Zumindest war er dann eben da. Hab hinter der Tür gelauert. Zuvor hatte ich auf einen USB-Stick einige Daten vom Computer gezogen. Das Passwort hatte der Kerl in seinem Schreibtisch liegen. Ich steckte den USB-Stick ein. Es war ein Routine-Auftrag. Es gab schon deutlich schwerere Aufgaben als diese. Als ich Schritte hörte nahm ich einen der Pokale auf dem Regal und stellte mich hinter die Tür. Ich wartete, bis er eintrat und zog ihm das Ding über den Schädel.", erzählte Nowak kalt. „DU BASTARD!", hörte ich und zuckte zusammen. Herr Maik Hagel war aufgestanden. „Verzeihen Sie...", lächelte Nowak und sah ihn an. „Aber wenn es Ihnen hilft, er litt nicht. Gar nicht. Ich musste ihn nicht unnötig quälen also tat ich es nicht. Ich schlug direkt zu. Direkt mit der Ecke in den hinteren Teil seines Schädels. Er war sofort tot. Nun nicht sofort aber ohnmächtig und verblutete an Ort und Stelle. Aber durch die Ohnmacht... ich bin kein Arzt und habe mich ehrlich gesagt nie groß mit dem Leiden selbst beschäftigt außer es wurde explizit gewünscht... Hauptsache der Tod tritt ein. Danach während er so ausblutete verteilte ich ein paar Haare. Dort, wo sie durch Zufall verloren worden wären. Auf der Tastatur. Über der Leiche. Ich trug Handschuhe. Und..." „Und die Fingerabdrücke?" „Ach ja... die gab mir mein Auftraggeber. Er nahm sie sich wie ich es ihm zeigte. Er bat mich ihm eine Möglichkeit zu nennen. Ich meine am Spind von Frau Reichau war er da zu Gange. Er trug ein Pulver auf und dann nahm er die dort sichtbar gewordenen Fingerabdrücke mit einem zähflüssigen Leim ab. Er gab es mir. Und ich fälschte damit die Fingerabdrücke. Wirklich nicht schwer für mich... Gut heute schon... heute sind schon drei Stufen ein unüberwindbares Hindernis für mich. Aber damals... da konnte ich problemlos auf ein Hochhaus klettern und über einen Lüftungsschacht reinklettern. Als ich jedenfalls fertig mit meiner Arbeit war ging ich. Auf dem Hinausweg löste ich den Alarm aus und weg war ich.", erklärte er. Der Richter starrte ihn an. „Also... Sie gestehen den Mord an Robert Hagel?" „Ja. Wie ich es der Polizei bereits sagte. Ich bin ein Auftragsmörder und wurde von Gregor Bauer dafür bezahlt Robert Hagel zu töten und es Elena Reichau in die Schuhe zu schieben.", erklärte er.
Es dauerte nicht lange, während sich der Richter zurück zog. Nowak blieb ganz ruhig. Obwohl meine Entlastung zu seiner sofortigen Verurteilung führen würde. Nun nicht direkt doch es würde wohl nur wenige Tage dauern. Er hatte allerdings, soviel ich wusste, nun schon eine mehrere Jahrzehnte lange Strafe zu verbüßen. So war es Nowak egal. Selbst wenn er nur bis zum nächsten Jahr sitzen würde... so wie er aussah würde er nicht einmal den nächsten Winter erleben. Als der Richter heraustrat fürchtete ich mich nicht vor dem Urteil. Kein Stück. Erneut wurde alles verlesen. „Frau Elena Reichau, Sie wurden vor sechs Jahren für den Mord an Robert Hagel zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Ohne Bewährung. Inhaftiert wurden Sie am 4.Mai 2012. Sie verbüßten die Strafe restlos und ohne Größere Vorkommnisse. Ihre Entlassung erfolgte planmäßig am 4. Mai 2018.", erklärte der Richter. „Das ist korrekt.", bestätigte ich und stand gestreckt und stolz da. Ich musste mir ein breites Grinsen verkneifen, denn ich wusste, was mir nun endlich widerfahren würde. Gerechtigkeit! „Ich bekenne Sie nachträglich für unschuldig. Die Jahre wird Ihnen niemand wiedergeben können. Ich kann Ihnen nur mein tiefstes Bedauern für die damaligen Missstände in der für den Fall zuständigen Abteilung entschuldigen. Als Entschädigung erhalten Sie Ihre Haftentschädigung. Sie befanden sich 2191 Tage in Haft. Pro Tag erhalten Sie eine Haftentschädigung von 25 Euro. Hinzu kommt Ihre Gehaltszurückzahlung. Nach Abzug der Feiertage und Steuern. Erhalten Sie eine Haftentschädigung von 420.000 Euro.", verkündete er und der Hammer knallte. „Elena!", lachte Nina und fiel mir um den Hals. Sofort hielt ich sie und küsste meine Geliebte. „Ich bin frei. Offiziell bin ich unschuldig.", lächelte ich und vergrub mein Gesicht in ihrem Haar. Ich war unschuldig. Und nun endlich war es offiziell. Wie ein Stein fiel es mir von der Seele. Offiziell, nun endlich, war ich kein Mörder mehr!
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Sechs Jahre die ich nie zurückbekomme
RomanceMein Name ist Elena Reichau. Ich saß jetzt sechs Jahre im Gefängnis. Mir wurde vorgeworfen Wirtschaftsspionage betrieben zu haben und als mich mein damaliger Chef erwischte, soll ich ihn erschossen haben. Lächerlich. Ich bin aufbrausend und kann wüt...