25

1.6K 102 1
                                    


Ich wurde aus dem Schlaf gerissen als jemand wie wild an meiner Tür klingelte. Murrend stand ich auf. Nina gab ein missmutiges Brummen von sich als ich meinen Arm unter ihr weg zog. „Elena..." „Ssh... schlaf weiter!", hauchte ich und zog mir schnell meine Unterhose, meine Hose und meinen Sweater an, bevor ich runter ging.

Als ich öffnete runzelte ich die Stirn. „Guten Morgen.", begrüßte ich den Polizisten vor mir und sah auf die Uhr. Es war schon zehn! Verdammt... ich hatte gestern vergessen mir einen Wecker zu stellen! Aber so wie ich die Kinder kannte schliefen die immer noch. „Guten Morgen. Sind Sie Frau Elena Reichau?" „Die bin ich." „Wohnen Sie hier?" „Ja. Seit gestern.", erklärte ich. „Aha... mein Kollege sieht sich gerade um. Wissen Sie, wie oft wir geklingelt haben?" „Nein tut mir leid. Ich vergaß gestern mir den Wecker zu stellen... ähm... wo sind meine Manieren? Kommen Sie doch herein! Wollen Sie einen Kaffe?", wollte ich wissen und ließ den Mann herein. „Guten Morgen!", stieß auch sein Kollege zu uns und ich grüßte ihn. „Kein Kaffe bitte.", meinte der eine. Ich nickte. Durften wohl nicht im Einsatz was von den... Verbrechern annehmen... oder wie auch immer man mich in dieser Situation bezeichnen könnte. Beschuldigte war wohl das beste Wort. „Leben Sie hier allein, Frau Reichau? Die Wohnung scheint zu groß für eine allein." „Nein, nein. Ich habe diese Wohnung für mich, meine Freundin und die Kinder meiner Freundin gemietet.", erklärte ich. „Wie heißt Ihre Freundin und deren Kinder?", wollte der Polizist wissen. Dumme Frage, er war doch von Gregor geschickt worden! „Meine Freundin, oder besser gesagt meine Lebenspartnerin heißt Nina Bauer. Deren Kinder heißen Elias Bauer und Lina Bauer.", erklärte ich. „Lebenspartnerin?" „Ja. Die Frau mit der ich Tisch und Bett teile. Die Frau die ich liebe. Ist da Lebenspartnerin der falsche Begriff?" „Nein. Ist Frau Bauer hier?" „Ja. Allerdings schläft sie noch?" „Aha... wo?" „In unserem Schlafzimmer doch Sie müssen verstehen, dass ich Sie dort vorerst nicht rein lasse." „Ach? Wieso nicht?" „Nun... weil meine Partnerin nackt in unserem Bett liegt. Sie wäre sicher nicht begeistert da von zwei Wildfremden geweckt zu werden.", erklärte ich. „Dürfte ich nach Ihren Namen fragen?", wollte ich wissen. „Natürlich. Ich bin Polizeimeister Jan Hannes und das hier ist mein Kollege Polizeioberwachtmeister Johannes Dieters. Würden Sie nun bitte Ihre Lebensgefährtin holen?", wollte er wissen. Ich nickte und ging zur Tür. Da ich mir sicher war, dass es mir ins eigene Bein schießen würde, wenn ich nun rein gehen würde, klopfte ich. „Nina? Hier sind zwei Polizisten und wollen mit dir sprechen oder eher mit mir. Kommst du mal bitte raus?", bat ich. „Was? Sofort!", hörte ich von innen. Würde ich rein gehen könnte ich mich ja mit Nina besprechen. Oder ihr eine Waffe an den Kopf halten und sie zwingen für mich auszusagen. Um derartigen Verdacht zu vermeiden blieb ich hier in Sichtweite der Polizisten. „Sie kommt sofort.", lächelte ich und trat zurück. Als ich wieder zu den Polizisten sah entdeckte ich die Kinder im Augenwinkel die an der Treppe standen und neugierig rausschauten. „Na ihr zwei? Geht doch wieder rauf.", schlug ich vor. Beide zuckten ertappt zusammen. „Die Kinder können ruhig hier bleiben.", bemerkte ein Polizist. Ich nickte. „Kommt ruhig runter. Hunger?", lächelte ich. Elias und Lina kamen in ihren Schlafanzügen herunter getappt und sahen die Polizisten skeptisch an. „Elena hat nichts unrechtes getan!", begann Elias sofort. Ein Polizist sah ihn verwirrt an. „Wieso denkst du wir sind darum hier?", lächelte er. „Weil ihr Elena schon mal einfach mitgenommen habt.", schaltete sich Lina ein. Nun endlich kam Nina heraus und trat in einen Morgenmantel gewickelt zu den Polizisten. „Guten Morgen. Was kann ich für Sie tun?", wollte sie wissen. „Wir würden Ihnen gerne ein paar Fragen stellen." „Ach? Welche denn? Elias, Lina, geht doch ihr zwei rüber und schaut etwas fernsehen.", lächelte Nina. „Mama, sie werden Elena nicht schon wieder mitnehmen, oder?", wollte Lina panisch wissen. „Sie haben keinen Grund dazu. Geht ruhig ihr zwei.", lächelte ich sanft und sie gingen mit skeptischen Gesichtern. „Nun welche Fragen haben Sie denn?", wollte Nina wissen. „Kennen Sie einen Gregor Bauer?", wollte ein Beamter wissen. „Selbstverständlich. Er ist mein Ehemann. Noch." „Noch?" „Ich werde bald die Scheidung einreichen.", erklärte Nina ruhig und kühl. „Aha... nun, Herr Bauer behauptete, Sie seien eines Tages mit den Kindern gemeinsam in Frau Reichaus Auto gestiegen. Er räumte ein, er wüsste nicht wie Sie hereingekommen seien. Er konnte nicht bestätigen, dass Sie freiwillig einstiegen." „Bin ich aber. Und Gregor weiß das besser als jeder andere. Ich ging freiwillig mit Elena und die Kinder nahm ich mit. Ich konnte nicht länger verantworten sie bei ihrem Vater zu lassen!" „Ach? Mmh... macht es Ihnen etwas aus, wenn wir Sie getrennt befragen?" „Nein.", bestätigten ich und Nina. Ein Beamter nahm Nina zur Seite und sie gingen in die Küche. Ich ging mit dem anderen Polizisten rüber ins Arbeitszimmer. „Nun... Frau Reichau... Sie können sich denken, wieso wir der Sache skeptisch gegenüber stehen." „Natürlich. Sie wissen mit Sicherheit, dass ich sechs Jahre inhaftiert war. Wegen Mordes oder eher Totschlag.", erklärte ich. „Natürlich. Das hat uns die Leitstelle mitgeteilt." „Gut. Nun ich verstehe Ihren Unglauben. Doch ich liebe Nina und die Kinder. Ich pass auf sie auf." „Sie sagen also, Frau Bauer ist freiwillig zu ihnen? Hat freiwillig ihren Mann, den Vater ihrer Kinder, verlassen und ist zu Ihnen?" „Ja." „Kennen Sie den Grund?" „Ja. Gregor schlägt sie. Sie erzählte mir, dass er auch immer gewalttätiger dem Jungen gegenüber wurde. Sie ging meist dazwischen. Oft vergewaltigte er sie auch. Oder eher... Nina gab den Widerstand auf. Sie können sich denken, dass ich Nina nackt sah und zusätzlich zu ihren Worten sah ich ihre Wunden und Blessuren." „Also ist ihr Mann ein Schläger?" „Ja. Er ist sehr gewalttätig. Und bevor Sie mich dasselbe fragen wie der Polizist vor über sechs Jahren, nein. Wir haben es nicht von einem Arzt dokumentieren lassen. Ich habe sie da raus geholt, bevor Gregor sie umbringen konnte! Haben Sie noch weitere Fragen?" „Ja. Frau Bauers Kinder waren nun schon eine Weile nicht mehr in der Schule. Das Jugendamt macht sich Sorgen.", bemerkte er. „Wir kümmern uns heute darum. Ich wollte ihnen erst mal einen Platz zum Schlafen bieten. Die Schule werden sie bald wieder besuchen." „So einfach ist es nicht, Frau Reichau. Das Jugendamt fordert, wenn Sie die Kinder nicht noch diese Woche zurück in die Schule bringen wird der Vater sich vorerst um die Kinder kümmern.", erklärte der Polizist und mir wich alle Farbe aus dem Gesicht. „Nein! Ich bringe sie zur Schule! Morgen schon!", versprach ich. „Sehr gut. Dann hoffen wir mal, dass mein Kollege bereits fertig mit der Befragung ist.", erklärte er. Ich nickte und wir gingen zurück in die Küche.

Als ich in die Küche trat trank Nina zittrig eine Tasse Kaffe während der andere Polizist sich Lina zu wand. Der, der mich befragt hatte war nun bei Elias. „Alles klar?", wollte ich wissen. Nina schüttelte den Kopf und fiel mir um den Hals. „Sie dürfen dich mir nicht wieder wegnehmen! Sie dürfen dich nicht wegnehmen! Du musst bei uns bleiben...", wimmerte sie. Ich nickte. „Ssh... das werde ich! Ich bleib bei dir und den Kindern! Nie mehr übergeb ich euch Gregor! Nie mehr!", ich vergrub meine Nase in ihrem Haar und hielt sie so bis auch ich mir einen Kaffee machte.

Als die Beamten fertig waren begleitete ich sie zur Tür. „Frau Reichau... wir schreiben nun eine Anzeige und ich gehe davon aus, dass Sie sich mit einem Anwalt auseinandersetzen sollten.", erklärte ein Beamter. „Was? Wieso?" „Auf Wiedersehen.", verabschiedete er sich und ging. Ich blieb wie erstarrt stehen. „Elena...", Nina trat hinter mich. „Was... Was bedeutet das jetzt?", wollte Nina wissen. „Nichts. Eine Kleinigkeit. Alles gut. Das wird sich im Sande verlaufen.", lächelte ich und gab Nina einen sanften Kuss bevor sie zu den Kindern ging. Das war eine Lüge gewesen. Eine Anzeige... wieso? Und jetzt, wo ich grade erst aus dem Gefängnis raus war... das könnte mir die Freiheit kosten. Ich konnte nicht zurück in den Knast! Nicht jetzt... nicht schon wieder so viele Jahre!

Sechs Jahre die ich nie zurückbekommeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt