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Es war mitten in der Nacht als ich erwachte. Eine Decke lag über mir und ein Kissen unter meinem Kopf. Nina war wirklich eine wundervolle Frau. Vorsichtig richtete ich mich auf und schaltete die Lampe neben mir ein. Eine Flasche stand auf dem Tisch mit einer Nachricht daran: „Wenn du wach bist komm rauf zu mir, ich schlafe schlecht ohne dich" Lächelnd zog ich den Zettel ab und stand auf. Ich ging ins Badezimmer und trat vor den Spiegel. „Oh verdammt...", grinste ich und besah mir mein geschundenes Gesicht. Der Mistkerl hatte mir wirklich ganz schön aufs Maul gegeben... alte Erinnerungen kamen zurück. Erinnerungen an meine Jugend, in der ich mich bei jede Mist geprügelt hatte. Wegen jeder Nichtigkeit hatte ich mich mit irgendwelchen Bekannten geprügelt. Mal ging es darum wer die Zeche zahlte, mal darum irgendein Mädchen zu beeindrucken. Allein die Tatsache, dass diese Mädchen damals durch so halbstarkes Verhalten beeindruckt waren sprach doch Bände. Aber gut. Das blaue Auge und die aufgeplatzte Lippe würde verheilen. Vorsichtig zog ich die Taschentücher aus meiner Nase und lächelte, als es nicht weiter blutete. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es erst ein Uhr morgens war. Vorsichtig wusch ich mich ab und tat etwas Salbe auf meine Wunden. Dann ging ich rauf. Schließlich war ich immer noch müde.

„Elena?" „Ja?" „Schon gut. Wollt nur wissen ob du's bist.", hörte ich sie und trat näher. Ich zog mir meine Klamotten aus und schlüpfte zu Nina unter die Decke. „Geht's dir besser?" „Ja. Wie geht es den Kindern?" „Lina geht es gut. Sie sorgt sich nur um dich und Elias. Sie war beruhigt als sie dich ruhig schlafen sah und Elias hab ich eine Schmerztablette gegeben und einen Eisbeutel aufs Auge gelegt... stimmt das eigentlich, dass man da ein gefrorenes Steak drauflegen soll?" „Nein! Keine Ahnung woher dieser Aberglaube kommt! Dann kommen Bakterien in das Auge und das ist nicht gesund.", erklärte ich. „Gut. Dann muss ich morgen nicht einkaufen.", lächelte sie und kuschelte sich eng an mich. Sanft strich sie mir über die Schulter und den Nacken. „Schalten wir Anzeige? Ihr habt zwar die Polizei nicht gerufen aber... schalten wir Anzeige?" „Hättest du etwas dagegen, Nina?" „Nein! Ich würde dich unterstützen! Sogar mitklagen! Er hat nicht nur die Liebe meines Lebens verprügelt, sondern auch meinen Sohn!", erklärte sie. Ich lächelte sanft und nickte. „Ja. Dann zeigen wir den Mistkerl an. „Gleich heute fahren wir zur Polizei. Aber jetzt schlafen wir erst mal. Ich bin müde.", erklärte ich und gähnte. Nina nickte. „Komm her.", hauchte sie und ich drückte mich an sie während sie die Decke weiter über uns zog und mich sanft küsste, bevor ich in einen angenehmen, ruhigen Schlaf sank.

„Aufwachen.", hauchte sie mir sanft ins Ohr bevor sie einen Kuss direkt darunter platzierte. Ein zufriedenes Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Ich hatte in meinem Leben mit so viel groben Menschen zu tun gehabt, war selbst einer gewesen, da war Ninas Zärtlichkeit immer wieder ein großer Segen. „Mmh..." „Zieh dich an. Wir müssen zur Wache und Anzeige schalten.", hauchte sie. Ich seufzte. „Das hilft sicher auch bei meiner Scheidung.", meinte sie und sofort war ich hellwach und grinste breit. „Ich komme sofort!", grinste ich und sprang aus dem Bett.

„Guten Morgen.", lächelte ich als ich mit Nina und den Kindern auf die Polizeiwache trat. „Guten Morgen... wie kann ich Ihnen helfen?", lächelte die Dame am Empfang die mich und Elias erstaunt musterte. „Wir würden gerne eine Anzeige aufgeben.", lächelte ich. „Na... Natürlich...", erklärte sie und stand auf um sich um die Ecke zu beugen. „Sebastian? Du, Sebastian, komm mal bitte her!", rief sie und ein Mann Mitte 40 trat zu uns. „Ja?" „Schau, die wollen eine Anzeige aufgeben." „Natürlich folgen sie mir.", bat er und wir folgten dem Mann in ein Büro. „Zuerst einmal guten Morgen. Ich bin Sebastian Müller. Kommissar. Wie kann ich Ihnen helfen?" „Guten Tag. Ich bin Nina Bauer und das ist meine Lebensgefährtin Elena Reichau. Das sind meine Kinder Elias und Lina Bauer. Wir würden gerne Anzeige wegen Körperverletzung erstatten.", erklärte sie. „Ja... das sehe ich... einen Moment...", er zog eine Formular heraus und einen Stift. „Nun, gleich kommt ein Kollege und wird Sie einzeln befragen. Sie alle?" „Nun... ich war gar nicht dabei. Ich war zuhause. Ich kenne nur den Täter, mein Noch-Ehemann Gregor Bauer.", erklärte sie. „Ach? Ihr Ehemann? Aber..." „Ja. Ich und Elena hatten vor sechs Jahren ein Verhältnis und ich wollte meinen Mann für sie verlassen. Da... nun... Sie sehen ja, was er angerichtet hat. Er misshandelte mich lange und in letzter Zeit ging er immer öfter auf die Kinder los. Aber... nun... heute sind Elena und ich wieder ein Paar und diesmal habe ich ihn direkt verlassen.", erklärte sie. „Mmh? Sechs Jahre sind eine lange Zeit. Wie kam es zu der Trennung?", wollte er wissen und Nina sah etwas betreten zu Boden. „Ich war im Gefängnis. Wegen Totschlags wurde ich für schuldig befunden. Sie werden das eh nachprüfen. Sechs Jahre saß ich im Gefängnis.", erklärte ich. „Oh... nun... ah! Da kommt schon der Kollege!", lächelte er als ein anderer Polizist kam.

Ich sagte brav aus, nur die Wahrheit. Eine Lüge würde mir wenig nützen. Es dauerte eine Weile als ich im Gang vor dem Büro saß und wartete. „Fertig.", lächelte Lina und setzte sich neben mich, bevor sie sich an mich lehnte. „Alles gesagt?" „Mmh... auch wie er in den letzten Jahren war. War das okay?" „Ja, Kleine. War okay. War sogar gut.", lächelte ich und wuschelte ihr durchs Haar. „Fertig?", lächelte Elias als er ebenso herauskam. „Fast. Deine Mutter fehlt noch. Alles gut?" „Ja. Hab ihnen auch ein bisschen was von seiner Vorgeschichte erzählt.", erklärte Elias und ich nickte, als er sich zu seiner Schwester setzte. Ein Grummeln halte durch den Gang und Lina drückte schnell ihre Arme auf den Bauch. Ich lächelte sanft. „Hungrig?" „Mmh...", bemerkte sie. „Du auch, Elias?" „Könnt was vertragen." „Ich hab ein Fastfood-Restaurant um die Ecke gesehen. Ab mit euch.", lächelte ich und drückte ihnen dreißig Euro in die Hand. „Danke Elena!", grinste Elias, nahm seine Schwester bei der Hand und ging. Ich würde warten.

Leicht eingedöst lag ich halb auf meinem Stuhl. „Wir werden uns darum kümmern. Vielen Dank für Ihre Aussage.", hörte ich und öffnete die Augen. Nina trat aus dem Büro und schüttelte dem Kommissar die Hand bevor sie sich mir zu wand. „Sind die Kinder noch in der Befragung?" „Nein. Sie hatten Hunger. Hab ihnen dreißig Euro gegeben und sie in ein Schnellrestaurant geschickt.", beruhigte ich sie und stand auf. „Wie geht es dir?", wollte ich wissen, als ich Ninas besorgten Blick sah. Ihre Wangen waren leicht gerötet. Sie hatte geweint! „Ich hab ihnen alles gesagt, Elena. Verdammt noch mal alles... Ich hab ihm von jedem Schlag erzählt. Jeder Ohrfeige. Jedes Anbrüllen. Und jede... jede... jedes Mal, wenn... wenn er sich ohne mein Einverständnis zu mir gelegt hat... also immer aber... er kam eben auch manchmal... obwohl ich mich gewehrt habe.", gestand sie. Ich nickte und zog sie fest in meine Arme. Mir war bewusst gewesen, dass er sie vergewaltigt hatte. Für Gregor war es nicht der Rede wert seine Ehefrau zu missbrauchen. Er verstand sowas nicht. In seinen Augen waren sie verheiratet und er durfte sie haben wann er wollte. Doch es musste für sie so schwer wiegen. Auch mir tat es weh. Aber würde ich jetzt nicht losrennen und ihn verprügeln. Sollte die Polizei das machen.

Als Nina sich wieder etwas frisch gemacht hatte gingen wir ins Restaurant, wo Elias gerade einen Strohhalm zu irgendetwas faltete. „Na ihr?", lächelte ich. „Hey! Und?", grinste Elias. „Alles gut. Seid ihr fertig?" „Ja. Gehen wir.", lächelte Lina, sprang auf und wir gingen zum Auto. „Ist Geld übrig?", wollte ich wissen. „Nein.", kam es von beiden und ich seufzte. Das Geld würde ich nie wieder sehen.

Sechs Jahre die ich nie zurückbekommeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt