Ein Jahr später
Die Zeremonie war schlicht gewesen. Mein Schwur war zum Teil selbstgeschrieben gewesen. Ich war nicht gut in Worten. Eher in Taten. Aber Nina verstand das. Einzig und allein der Satz „Ich kann dir nicht aufzählen, wieso ich dich liebe. Ich habe tausend Gründe. Zusammengefasst in einem: Ich liebe dich, Nina, weil du du bist." Nina waren die Tränen gekommen. Gerade schnell genug hatte ich die Träne wegwischen können um das aufwendige Make Up nicht zu zerstören. Ninas Worte hatten mich tief berührt: „Elena, wir sind gemeinsam durch die Hölle gegangen. Jeder durch seine eigene. Und immer wieder würde ich sie durchschreiten, wenn du mein Ziel bist.". Elias hatte uns die Ringe gereicht. Lina Blütenblätter verstreut. Nun saßen wir am Tisch in meinem Garten. Auf mehreren weiteren Tischen saßen Gäste, von denen der absolute Großteil von Ninas Seite war. Meiner hielt sich in Grenzen. Alte Arbeitskollegen... eigentlich nur Herr Hagel mit seiner Frau. Natürlich auch Daniel Reber, der mich durch diesen ganzen verdammten Prozess begleitet hatte. Aber auch Frank Meier, der meine Psyche im Knast in Zaum gehalten hatte und Martina, die mittlerweile seine Frau war. Ich war ihnen nach wie vor zutiefst dankbar, dass sie mich damals aufgenommen hatten, als ich keine Bleibe hatte. Auch die Meiers, unsere ehemaligen Vermieter, waren hier. Ich hatte auch Hannah eingeladen. Aber die hatte abgesagt. Ich wusste nicht wie ich dazu stand. Aber ich hatte sie eh nicht zwingend hier dahaben müssen. Beinahe hätte sie den heutigen Tag verhindert. Ein Klirren ließ mich aufblicken. Ich hatte bereits mit Nina die Begrüßungsrede gehalten. Nun stand Elias auf und ich sah ihn an. Er lächelte breit und auch Lina neben ihm stand auf. Stolz zog der Junge noch seine Fliege zurecht. Den Anzug hatte ihc ihm gekauft ebenso wie Linas Kleid. Mit meiner Haftentschädigung und meinem aktuellen Gehalt konnte ich mir das alles problemlos leisten. „Meine Schwester und ich möchten etwas sagen!", verkündete er und Nina griff gerührt meine Hand. Ich lächelte und blickte auf den teuren Ring um ihren schlanken Finger, der perfekt zu ihrem ebenso noch daran steckenden Verlobungsring passte. Elias räusperte sich. „Elena, ich weiß wir haben es dir am Anfang nicht leicht gemacht. Das tut uns leid. Aber wir sehen, wie glücklich du Mama machst. Und wir könnten uns auch keine bessere Frau für Mama vorstellen. Du machst das alles super! Egal ob du mit mir Fußball spielst." „Oder mir was vorliest!", strahlte Lina. „Du machst das alles super! Und wenn du unterwegs bist bringst du uns immer was mit. Willkommen nun offiziell in der Familie. Und auch, wenn du uns noch nicht adoptiert hast...", lächelte Elias. „Wir sind jetzt auch deine Kinder.", lächelte Lina. „Mom.", nannten mich nun beide und ich presste die Lippen aufeinander. Nina drückte meine Hand fest und ich wischte mir eine Träne fort. Sofort rannten die Kinder zu uns und wir nahmen sie in den Arm. Applaus hallte doch ich hielt sie fest. Meine Kinder. Mom... sie hatten mich Mom genannt! Nicht Elena. Ich drückte einen Kuss auf Elias Kopf und dann auf Linas. „Nicht weinen, Mom.", bat Lina. Ich lächelte und wischte mir die Tränen weg. „Ich freue mich nur so, ihr zwei.", lächelte ich und sah Nina an. Wir waren eine Familie.
Mit einem seligen Lächeln betrachtete ich die wunderschöne Frau neben mir. Die Locken und hier und da auch kleine Perlen zeugten noch von der aufwendigen Hochsteckfrisur, die sie gestern getragen hatte. Ich hatte mir das Haar etwas länger wachsen lassen. Es ging schon fast wieder bis zur Schulter. Ich hatte es mir zurückgebunden, so wie Nina es gefiel. Sie schlief ruhig. Ihre nackte Brust hob und senkte sich gleichmäßig. Wir lagen in unserem Schlafzimmer. In unserem. In unserem Haus, dass im letzten Herbst fertig renoviert worden war. Den Garten hatten ich und Elias hergerichtet. Oder zumindest von Unkraut und allem möglichem Wuchs befreit, der sich in meiner Gefängniszeit angesammelt hatte. Nina und Lina hatten Blumenbete angepflanzt und auf Ninas Wunsch hin war ein Brunnen vors Haus gekommen. Unten im Gästezimmer hatten ein paar der Gäste, die gestern etwas zu viel getrunken hatten, übernachtet. Der Garten sah nun nach der Feier aus wie ein Saustall. Und die Kinder waren auch erst sehr spät ins Bett gegangen. Aber zur Feier des Tages ging das schon. Sanft strich ich Nina eine Strähne aus dem Gesicht. „Mmh...", murmelte sie und öffnete die Augen. „Guten Morgen Frau Reichau.", hauchte ich. „Guten Morgen.", strahlte sie und küsste mich. Sie trug meinen Namen... die Kinder nannten mich Mom, erkannten mich als ihre Mutter an... meine Arbeit lief großartig und ging mir leicht von der Hand. Ich war im Himmel. „Wie spät ist es?", hauchte sie. Ächzend richtete ich mich auf und sah auf die Uhr. „Halb zwölf." „Schon?" „Ja... ging gestern ja auch noch lang. Und dann noch die Hochzeitsnacht.", lächelte ich und küsste sie. Nina kicherte. „Ja... bis halb drei haben wir gefeiert und... wie lange waren wir dann noch wach? Locker bis vier.", bemerkte sie. „Locker. Aber ich glaube so gut habe ich noch nie geschlafen.", lächelte ich und streckte mich. Spielerisch drückte Nina mich an der Schulter wieder runter in die Matratze. „Dageblieben, meine Ehefrau.", lächelte sie und schmiegte sich an mich. „SO bald müssen wir ja nicht aufstehen.", hauchte sie und legte ihre Lippen auf meine.
Gegen zwei waren wir dann fertig geduscht und umgezogen. Ich wich Nina nicht von der Seite, schmiegte mich an ihren Rücken, umklammerte sie und bedeckte ihren Hals mit Küssen, während sie kichernd versuchte etwas aufzuräumen. Die Kinder waren mit ihren Großeltern ausgefahren. Auch der Rest der Gäste hatte sich verabschiedet. „Elena... lass das...", kicherte sie. „Wie könnte ich?", hauchte ich und machte weiter. Lachend schob mich Nina von sich. „Ich muss hier aufräumen!", lächelte sie. „Mmmh...", murrte ich. „Und du hast mir versprochen den Garten aufzuräumen." „Elias hat mir versprochen mir da zu helfen also..." „Hast du nicht auch erzählt, dass du heute wohin willst?", wollte sie wissen. „Ach ja!", grinste ich. „Ich... ich wollte Gregor besuchen. Einmal. Er hat mich auch einmal besucht... ist das in Ordnung?", wollte ich wissen. „Ja. Aber... prügelt euch nicht!", bat sie. Ich lachte auf. „Ist Glas dazwischen. Bin in zwei Stunden wieder da. Wenn Elias dann wieder da ist räumen wir den Garten auf. Bis später, meine Ehefrau.", lächelte ich. „Bis später, mein Schatz.", grinste sie und küsste mich zum Abschied.
Mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht setzte ich mich und nahm den Hörer ab. Mürrisch starrte Gregor durch die Scheibe. „Gregor, wie geht es dir?", strahlte ich. „Was willst du?", knurrte er. „Dir was sagen. Nenn es Tradition. Du hieltst mich ja auch einmal auf dem laufenden, als ich einsaß. Also... Leider warst du ja gestern verhindert. Sonst hättest du zur Hochzeit kommen können." „Die war gestern?" „Genau. Seit gestern ist Nina meine Frau. Und trägt meinen Namen. In einem Jahr kann ich die Kinder adoptieren und sie wünschen sich das. Sie nennen mich jetzt Mom. Und dich... solltest du in absolut seltensten Fällen zur Sprache kommen, nennen sie dich bei deinen Namen, Gregor. Sie spucken deinen Namen aus wie ein Schimpfwort! Beide. Und wenn du was planst, so wird es scheitern. Frei kommst du frühestens in 15 Jahren. Da machst du keinem mehr Angst. Dann bist du nämlich ein alter Mann von fast 60 Jahren und nicht mal die Kinder haben dann mehr Angst vor dir. Denn Elias wird 27 sein und Lina 25." „Wenn ihre Eltern..." „Ach du meinst Katharina und Mathias? Naja so darf ich sie nicht nennen.", bemerkte ich. Gregor grinste. „Ich soll sie Mama und Papa nennen. Ist ihnen lieber.", grinste ich und sein Grinsen erstarb. „Gregor Bauer. Du bist ein dreckiger Hurensohn und hast alle immer wie Dreck behandelt. Das ist deine gerechte Strafe. Ich saß sechs Jahre im Knast. Es freut mich sehr, dass du weit mehr als doppelt so lang sitzen musst.", ich stand auf. „Eines noch, ein Tipp der alten Zeiten wegen. Auch, wenn du sicher schon deine ersten Erfahrungen gemacht hast. Versuch dich zu entspannen, wenn du die Seife fallen lässt. Dann ist es nicht ganz so schlimm.", grinste ich und legte auf. Gregor sah mir hasserfüllt nach als ich ging. Der konnte mich mal. Er war weg. Und ich und Nina... wir hatten viel vor! Ich würde jetzt noch mit Elias den Garten aufräumen und mit ihren Großeltern den Rest abklären. Denn nächste Woche ging es zwei Wochen in die Flitterwochen nach Island. Ich hatte uns da ein Ferienhaus gemietet. Kuschelig und einsam. Nur ich und meine Ehefrau. Meine Nina.
Zuhause kramte ich einen alten Zettel hervor und las ihn mir lächelnd durch, als ich alle Punkte abharkte. Sie alle hatte ich erfüllt... wenn auch nicht in dieser Reihenfolge die ich geplant hatte.
Gericht -> Geld -> Haus
-Gericht -> Unschuld beweisen
- Job suchen
- Kinderzimmer einrichten
- Nina zurückholen„Was ist das?", wollte Nina wissen und setzte sich neben mich. Ich legte meinen Arm um sie. „Die Liste hab ich geschrieben, als ich aus dem Knast kam.", lächelte ich. Nina lachte auf und sah sich die Punkte an, ehe sie meine Wange küsste. Ich hörte die Tür aufgehen und die Kinder traten rein. „Machen wir gleich, Mom?", wollte Elias wissen. „Gleich. Setzt euch doch und erzählt wie es mit Oma und Opa war.", lächelte Nina und sofort kamen Elias und Lina zu uns. Und so saßen wir zusammen. Ich, meine Frau und meine Kinder. Ich war zuhause. Und noch nie war mir dieses Haus ein solches Zuhause wie heute. Mit meiner Familie.
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So... wir sind am Ende angelangt.
Ich hoffe euch hat die Geschichte gefallen auch, wenn ich alles andere als regelmäßig hochgeladen habe. Das tut mir leid. Jedenfalls hoffe ich, dass euch die Geschichte gefallen hat und (gleich mal Werbung machen) wer Lust auf weitere Geschichten von mir hat kann sich gerne mal mein Profil ansehen. Vielleicht kommt ja alsbald eine weitere Geschichte, um den nun freigewordenen Platz von "Sechs Jahre die ich nie zurückbekomme" einzunehmen.
Danke an alle, die gevotet haben und kommentiert haben. Ich freue mich da immer sehr.
LG Yuri-Autor aka Luisa
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Sechs Jahre die ich nie zurückbekomme
Roman d'amourMein Name ist Elena Reichau. Ich saß jetzt sechs Jahre im Gefängnis. Mir wurde vorgeworfen Wirtschaftsspionage betrieben zu haben und als mich mein damaliger Chef erwischte, soll ich ihn erschossen haben. Lächerlich. Ich bin aufbrausend und kann wüt...