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Gerade als ich das Cafe verließ klingelte mein Handy. „Reichau?", meldete ich mich. „Guten Tag, Frau Reichau. Hier ist Daniel Reber." „Ah. Guten Tag, Herr Reber. Wie sieht es aus?", wollte ich wissen. „Nun, ich habe einige Beziehungen spielen lassen und dafür gesorgt, dass ein Gutachter Ihren Schaden bereits heute Abend ansieht!", erklärte er glücklich. Beiziehungen? Was konnte ein frisch gemachter Anwalt wie er für Beziehungen haben? Aber gut. Vielleicht aus dem Studium. „Perfekt! Und soll ich da anwesend sein?", wollte ich wissen. „Das wäre gut. Wegen dem Schlüssel.", erklärte er. „Okay. Wann?" „So gegen sieben." „Perfekt. Ich werde da sein.", versprach ich und verabschiedete mich. Ich sah meine Liste an. Nina zurückholen... das wichtigste. Das Ziel. Doch war ich so ungeduldig. Es juckte mich wieder zu ihr zu gehen! Ich wollte sie sehen! Jetzt! Nach sechs Jahren wollte ich meine Nina sehen! Ich wollte ihren schlanken Körper in den Armen halten. In ihre wunderschönen blauen Augen sehen. Durch ihr weiches blondes Haar streichen. Ihre unwiderstehlich weichen Lippen küssen und ihr schwören, dass alles gut ist. Und das es auch so war! Ich würde dafür sorgen, dass es meiner Nina wieder gut gehen würde! Doch... nein... oder... Verdammt... ich wollte sie jetzt sehen! Sie abfangen. Einmal sehen... aber wenn Gregor es sehen würde, er würde sie umbringen... Aber ich war frei... ich musste doch zu ihr! Ihr sagen, das alles gut werden würde. Meiner Nina Hoffnung geben... Aber wann... Ob Gregor noch dieselben Schichten arbeitete wie damals? In dem Fall war Nina vormittags ganz allein. Aber die Nachbarn plauderten, hatte Nina mir mal erzählt... Also wie sollte ich es anstellen? Ein Postauto mieten und mich als Postbote verkleiden war wohl etwas sehr aufwendig... Mmh... „Entschuldigung.", hielt mich jemand an. „Mmh?", ich sah den Mann an, der mit einem Hemd und gebügelter Jeans vor mir stand und mit einem lieben Lächeln ein paar Flyer in der Hand hielt. „Dürfte ich Ihnen etwas über das Königreich Jehovas erzählen?", lächelte er. „Ähm... nein, danke. Ich bin sehr zufrieden mit dem Gott, den ich habe.", meinte ich und ging schnell weiter. Dann stockte ich. „Einen Moment...", ich ging zu dem Jungen zurück und er strahlte mich an. „Ich habe jetzt leider keine Zeit für Erzählungen aber... könnte ich ein paar Flyer für mich und meinen Mann haben? Ich muss gestehen... es interessiert mich schon lange wer Jehova eigentlich ist.", lächelte ich und der Mann strahlte. „Sehr gerne! Warten Sie... hier... ein paar Flyer.", er drückte mir einen ganzen Batzen Papier in die Hand und ich ging dankend. Zeugen Jehovas. Die klingelten doch ganz gerne mal an fremden Türen. Und es wäre den Nachbarn wohl ziemlich egal, wenn ein Zeuge durch ihre Nachbarschaft ging. Und sie würden sicher nicht Gregor erzählen, dass der Zeuge bei Nina war, aber nicht bei allen. So viel ich wusste wären diese Idioten froh.

Nachdem ich noch ein paar Klamotten gekauft hatte war ich zurück zu Herrn Meier gefahren. „Bin wieder da!", rief ich. „Ah!", eine junge Frau kam angetrabt. „Ach hallo. Sie müssen die zukünftige Frau Meier sein.", lächelte ich und reichte ihr die Hand. Sie sah mich überrascht an. „Ja. Und? Sucht mein Verlobter sich jetzt eine Jüngere?", brummte er. „Jüngere? Entschuldigen Sie... darf ich fragen wann sie geboren sind?" „Am 14.06.1983." „Naja... dann bin ich nicht mal sechs Monate jünger als Sie. Und ich will nichts von ihrem Verlobten.", lächelte ich. „Natürlich... Frank ist nicht da. Aber jetzt hören Sie mir mal zu, fassen Sie ihn auch nur an oder sehen ihn an, dann..." „Aber ich..." „Ruhe! Dass Frank Sie überhaupt hergelassen hat... Sie...", ich seufzte und hielt ihr den Mund zu, wobei ich sie an die Wand hinter ihr drückte. Zugegeben nicht die feinste Art. Aber das lernte man im Knast. „Jetzt bleiben Sie bitte ruhig. Ich bin ein ehemaliger Patient Ihres Mannes. Ich saß bis gestern noch im Gefängnis. Aber ich bin unschuldig! Ihr Mann war so gut mir hier eine Bleibe zu geben bis mein Haus wieder aufgebaut ist, weil mein Verwalter nicht aufgepasst hat! Und grundsätzlich, selbst wenn ihr Mann nackt vor mir liegen würde, ich würde nicht mal daran denken ihn anzufassen!", damit ließ ich sie los. „Ach? Beschimpfen Sie jetzt Frank als hässlich?", knurrte sie. Ich setzte mich wieder aufs Sofa. „Nein. Aber ich habe meine eigenen Beziehungsprobleme.", meinte sie. „Ach? Sie?" „Ja. Ich. Und nur zu Ihrer Information.", ich sah ihr in die rehbraunen Augen. „Ich bin lesbisch. In hundert Jahren fasse ich Ihren Frank nicht an.", brummte ich und las weiter in der Zeitung, die vor mir lag. „Oh... OH... ähm... en... Entschuldigung... ich... ähm..." „Schon gut. Wann werden Sie morgen aus dem Haus sein?", wollte ich wissen. „Was?" „Naja ich würde morgen früh auch gerne duschen. Darum frage ich, da es Ihre Wohnung ist und darum natürlich Sie vor mir duschen dürfen.", erklärte ich. „Oh... ähm... naja... ich muss um acht bei der Arbeit sein. Frank auch." „Gut. Dann stehe ich ab acht Uhr auf und störe Sie nicht. Ignorieren Sie mich einfach. Sie brauchen mir nichts zu Essen kochen ich komme zurecht und sollte ich hier etwas kochen, so werde ich danach alles wieder aufräumen.", versprach ich. „Ähm... danke.", die Frau schlich davon. Als würde ich mich an Herrn Meier vergreifen... wie sah ich denn aus?

Mein Wecker klingelte um 8:15 Uhr. Müde rappelte ich mich auf und verschwand sofort in die Dusche. Hier konnte ich nachdenken. Endlich in Ruhe duschen. Ohne Beobachter. Gott wie ich das Duschen im Knast gehasst hatte... Zum Kotzen! Vor allem mit dieser Nervensäge von Mitbewohnerin, die es wohl zu ihrer Lebensaufgabe gemacht hatte mich zu ärgern.


05.05.2012

Dass man lieber nicht nackt duschen sollte war mir bewusst. Jedenfalls nicht im Knast. Ich hasste es dabei beobachtet zu werden... außer von Nina aber DAS war wieder etwas völlig anderes. So trug ich einen Bikini, als ich versuchte mir die Schüchternheit nicht ansehen zu lassen während ich in die Gemeinschaftsdusche gelassen wurde. Fuck. Keine sprach mich an. Gott sei Dank. Ich nahm eine freie Dusche und stellte das Wasser an. Ich hatte eh nicht viel geschwitzt. Es war arschkalt! Ich beeilte mich. Schnell nahm ich das Duschgel und wusch mich. „Ah, da ist ja meine Bitch." Gott wie sie mir auf den Senkel ging. „Verpiss dich.", knurrte ich und sah sie nicht an, als sie näher kam. „Sag mal, Frischling, du hast mir nicht mal deinen Namen verraten.", grinste meine Zimmergenossin und stellte sich direkt neben mich. Sie schaltete ebenso die Dusche an. Auch sie trug einen Bikini. Allerdings einen deutlich knapperen, was ihrer Figur absolut nicht stand. Meiner hingegen bestand aus Shorts und einem normalen Oberteil. Ob ihrer ein String oder ein normaler war wusste ich nicht. Ich wollte es auch gar nicht wissen. Wirklich nicht. „Fresse.", knurrte ich. „Wow... Respekt. Trainiert bist du ja. Muss ein Killer wohl sein.", grinste sie. „Hast wahrscheinlich nicht mal mit Absicht was gemacht. Wahrscheinlich aus Versehen den Kerl gekillt.", grinste sie. Ich sah sie gar nicht an. Die anderen Frauen sahen sie auch nicht an. Ein paar sahen mich an. Sie schien wirklich eine Ausnahme zu sein und natürlich musste ich an sie geraten... „Hey, Kleine! Dein Name! Ich heiße Denise. Und du?", grinste sie. „Geht dich einen scheiß an." „Das ist ja mal ein beschissener Name.", sie packte meine Handgelenke und pinnte mich an der kalten Fliesenwand fest. „Spinnst du? Pfoten weg!", knurrte ich. „Oder was? Hey! Ihr da, raus!", befahl die Frau und zu meiner Überraschung verließen einige Frauen die Duschen. Andere blieben stehen, kannten sie wohl, und drehte sich weg. Das war doch ein schlechter Scherz! Und das war erst Tag zwei meines Aufenthaltes hier. „Nochmal zum Mitschreiben, Kleine. Du wirst tun, was ich dir sage. Du gefällst mir. Bist immerhin die Beste Option hier. Also: Du tust was ich dir sage und wann ich es dir sage! Wenn, dann bist du meine Braut und dich packt hier keine außer mir an. Wenn nicht brech ich dir jeden Knochen im Leib! So oder so kriege ich, was ich will.", das war mal eine Ansage. Doch hatte ich nicht vor ihre Braut zu werden... also wirklich... Okay... ich dachte nicht, dass es sowas wirklich gibt. Aber sie war wohl eine aggressive Natur. Alle hier schienen Angst vor ihr zu haben. Doch wenn ich mich gegen Gregor behaupten konnte, dann ja wohl auch gegen so eine abgehalfterte Hure. „Jetzt zieh dich mal aus. Ich will meine Frau sehen.", grinste sie. Jetzt wurde ich wütend. Richtig wütend. Ich stieß sie weg und machte einen bedrohlichen Schritt auf sie zu. „Jetzt hör mal zu du dreckige Diebin! Fass mich noch einmal an und ich schneide dir nachts die Kehle durch! Haben wir uns verstanden? Ich hab schon gegen ganz andere als dich bestanden! Haben wir uns verstanden?", knurrte ich. „Was traust du dich...", setzte sie erneut an doch da reichte es mir. Ich holte aus und verpasste der Größeren direkt eine auf die Nase. Sie keuchte auf, stolperte zurück und ich setzte direkt nach, als ich ihr noch eine verpasste. Ihr Kopf knallte gegen die Fliesenwand und sie glitt zu Boden. Erneut versuchte sie sich aufzurappeln und ich trat ihr in den Magen. Sie stöhnte auf und blieb am Boden. „Nur ein kleiner Vorgeschmack. Fass mich noch einmal an oder wage es auch nur noch einmal mich zu bedrohen, dann mach ich Ernst!", knurrte ich und stellte mich wieder unter die Dusche. „Dreckige...", knurrte Denise und ich machte einen bedrohlichen Schritt vor. Sie zuckte zusammen und hielt das Maul. Gut so. Hoffentlich würde Nina mich bald besuchen. Ich brauche sie.

Ich schaltete das Wasser ab und schüttelte mich kurz um das Wasser aus meinen kurzen Haaren zu kriegen. Ich und Denise waren einige Male aneinander geraten. Die anderen ließen mich in Ruhe. Jedenfalls was negativen Kontakt anging. Ob aus dem Grund, dass ich damals diese Ansage gemacht hatte und ihr die Nase, zwar nicht gebrochen, aber blutig geschlagen hatten... oder da Denise offensichtliches Interesse an mir hatte und die anderen nicht Denise Wut auf sich ziehen wollten... Denise war mein Hauptproblem gewesen. Sie war auch der Grund für meine kürzeren Haare. So konnte sie mich schwerer packen. Und ich konnte mich leichter los reißen. Doch nun zählte das alles nicht mehr. Denise war im Knast jemand gewesen. Sie selbst saß wohl immer noch. Ich war hier. Ich war frei! Ich war in der realen Welt!

Sechs Jahre die ich nie zurückbekommeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt