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POV Nina

Das durfte doch alles nicht wahr sein! Irgendwo MUSSTE sie gelogen haben... Anders ging die Rechnung gar nicht auf! So oder so musste sie bei der Beziehung zu Hannah gelogen haben. Entweder hatte Elena wirklich keine andere Frau gehabt und sie hatte sich eine Feindin in dieser Hannah gemacht. Oder Elena hatte wirklich etwas mit ihr gehabt. Ich wäre ihr doch nicht böse gewesen. Sechs Jahre waren eine lange Zeit und treuer als Gregor war sie mir allemal. Solange sie mir jetzt treu bliebe wäre ich absolut zufrieden. Oder eher, solange sie gut zu mir war. Aber... Gregor belog und betrog mich seit 13 Jahren. Eher bliebe ich allein als gleich wieder in ein Lügenkonstrukt zu heiraten. Ich ertrug es einfach nicht und auch den Kindern wollte ich es nicht antun. Gregor hatte ihnen weh getan. Aber Elena... Elena würde sie furchtbar enttäuschen, wenn sie genauso log und betrog. „Mama? Warum warst du so zu Elena?", wollte Elias wissen, der neben mir auf dem Beifahrersitz saß. „Wie war ich denn?" „So... kalt. Du hast sie nicht so angesehen, wie du sie sonst ansiehst. Habt ihr euch gestritten?", wollte er wissen. Ich lächelte. „Aber nein. Ich mache mir nur Gedanken." „Über was?", wollte er wissen. „Naja... ich bin doch noch nicht einmal von eurem Vater geschieden und schon wieder verlobt. Ich denke, ob das nicht alles etwas überstürzt ist. Ob ich nicht etwas... naja... das Leben als Singel genießen möchte. Es geht alles so furchtbar schnell..." „Du wirst ihr doch nicht den Ring zurückgeben, oder?", keuchte Lina. „Moment, Moment! Ich muss mir nur Zeit nehmen und mir alles bewusst werden." „Aber du liebst Elena doch!", wand Elias ein. „Natürlich aber..." „Aber wenn du sie liebst heirate sie doch!", wand Lina ein. „Ich habe doch Zeit und..." „Aber bitte heirate sie! Es wäre zwar deine zweite Ehe aber Elenas erste und sie liebt dich so sehr und..." „Und die Prinzessin heiratet in den Märchen doch auch immer den Ritter, der sie vom Drachen befreit!", kam es von Lina. Ich seufzte. „Ich trage den Ring doch.", brummte ich. „Und jetzt will ich kein Wort mehr darüber hören. Elias, ich muss dann später einmal in die Stadt und etwas erledigen. Du passt auf deine Schwester auf.", erklärte ich. Elias nickte. „Das mache ich.", brummte er und beobachtete mich. Der Ring an meinem Finger... er drückte mir ins Fleisch obwohl er die perfekte Größe hatte. Gregor war weg. Aber nun... nun geriet ich vielleicht an den nächsten Lügner! Ich ertrug das nicht nochmal... Und die Kinder auch nicht.

Es war später Nachmittag. Zitternd saß ich im Kaffee und wartete auf die Frau, die gestern Abend bei uns geklingelt hatte. „Tut mir leid, für die Verspätung.", hörte ich und sah auf. Sie strich sich das lange, blonde Haar zur Seite und setzte sich. Ihre grünblauen Augen glänzten. Sie war etwas größer als ich. Sie war wohl um die 1,70m und ich ja nur 1,60m. Ebenso war sie jünger als ich. Sie war, so viel ich wusste, 27 Jahre alt. Fünf Jahre jünger als ich. Sie war jung und sie war schön... Und hatte sechs Jahre lang mit meiner Geliebten in einer Zelle gelebt. „Gute Tag, Frau Turner." „Guten Tag, Frau Bauer." „Berger. Ich lasse mich grade scheiden." „Nicht Reichauch?" „Nein... soweit sind wir noch nicht...", gestand ich. Sie nickte und setzte sich. Gespannt sah sie sich um. „Herrlich in der Freiheit.", lächelte sie. „Ja... also... Ich habe sie gefragt... sie versicherte mir niemals etwas mit jemand anderem gehabt zu haben... seit wir uns kennen...", erklärte ich. Sie seufzte und sah traurig auf den Tisch. „Okay... ja das wollte ich nur wissen. Es klingt blöd, ich weiß... aber ich habe eben gehofft, dass ich mehr war als ihre Knastfrau...", bemerkte sie. „Ja aber... Elena sagt nie etwas mit Ihnen gehabt zu haben!", Frau Turner schüttelte den Kopf. „Oh doch... Wollen Sie es wissen?" „Ja.", bestätigte ich und der Kellner brachte zwei Kaffees, die ich bestellt hatte. „Danke... also...", sie nippte an ihrer Tasse und sah betroffen und traurig auf den Tisch. „Es war Weihnachten 2015. Wir hatte uns eingerichtet soweit. Aus Papier und so hatten wir die Zelle etwas weihnachtlicher dekoriert und... ja. Mistelzweig, Plastikweihnachtsbaum... so einen kleiner, den man aufs Fensterbrett stellen kann. Und sonst... naja um den Trott zu vergessen. Es war schön. Wir redeten. Elena war es gewöhnt keinen Besuch zu bekommen aber ich... es war mein erstes Weihnachten ohne den Besuch der Familie. Wir redeten und redeten über vergangene Weihnachten in der Freiheit. Tage zuvor hatte Elena sich wieder eine für mich gefangen. Sie beschützte mich immer vor anderen Insassinnen. An dem Weihnachtsabend hatte sie eine aufgeplatzte Lippe. Ich ging zu ihr und bedankte mich aufrichtig für ihren Schutz. Sie war verständnisvoll. Nannte es Ehrensache... Sie war so süß zu mir. Sie gab mir immer das Gefühl in ihrer Gegenwart sicher zu sein. Dass wir das Bett teilten war nichts ungewöhnliches. Ich hatte allein dort oft Albträume und wimmerte und weinte in der Nacht. Elena ließ mich bei sich im Bett schlafen. Sonst hielt ich sie ja wach wenn ich rum heulte. Ja... Und am Weihnachtsabend 2015 kamen wir uns näher. Wir standen unter dem Mistelzweig aus Papier und draußen vor dem Fenster schneite es. Ich gestehe, es ging von mir aus. Ich zog sie zu mir herunter und küsste sie. Mein Herz raste und sie erwiderte meinen Kuss! Plötzlich wich sie zurück und ich hatte schon Angst nun alles verdorben zu haben. Ich entschuldigte mich. Doch Elena schüttelte den Kopf. Ich glaube, in Gedanken hat sie sich hingesetzt und ist fern geblieben. Aber das hat sie nicht getan. Sie kam wieder auf mich zu. Küsste mich verlangend und drückte mich gegen die Wand. Sie hob mich hoch und ich schlang meine Beine um ihre Taille. Ich gehe wohl besser nicht ins Detail." „Ruhig weiter ins Detail. Ich will es genau wissen.", bat ich obwohl ich meine Tränen zurückhalten musste. „Gut... sie küsste mich. Küsste meinen Hals, meine Schulter und zog mich aus. Und ich sie. Ich bin nicht weniger Schuld als sie! Vielleicht bin ich schuldiger. Ich habe sie verführt..." „Nein, nein! Sie ging darauf ein.", half ich ihr. „Ja... aber Nichts war es nicht. Wir... ich werde es nicht genau schildern. Wir hatten Sex in dieser Nacht. Oft und viel. Die Tage wiederholten wir es. Ab dem Punkt waren wir ein Paar. Wenn sie eintrat war das erste was sie tat mich gegen die Wand zu drücken und zu küssen, ehe sie überhaupt etwas sagte. Ab da war es anders. Ich duschte immer mit ihr. Nahe bei ihr. Die anderen Insassinnen und auch die, die immer so aggressiv gegen Elena war, hielt sich nun von mir fern. Denn ich war offiziell Elenas Frau. So ging dass eben dann weiter. Natürlich war es nicht nur körperlich... naja das dachte ich eben. Ich hatte wirklich Gefühle für sie. Habe ich auch immer noch. Darum bin ich hier. Ich wusste von Ihnen und den Kindern. Sie sprach mit mir über Sie. Aber... zuletzt eben vor zwei Jahren. Und während wir redeten lag ich in ihren Armen, nackt. Sie sprach davon, dass Sie eben bei Ihrem Mann seien. Dass die Kinder bei ihrem Vater wären und es gut so sei. Ich habe sie angesehen und gefragt, ob es ihr ernst sei. Sie sagte ja. Sie gebe Sie frei. Dass... dass ich nun zu ihr gehöre... aber das war ja eine Lüge, wie ich sehe. Sie ist bei Ihnen und mit Ihnen verlobt. Das respektiere ich aber... ich liebe Elena. Und ich beneide Sie wirklich. Aber ich verstehe es schon... allein vom Alter her passen ich und Elena kaum...", hauchte sie. Ich starrte sie an. Ich hätte es Elena verzeihen können, wenn sie einfach nur Sex mit dieser Frau gehabt hätte. Vielleicht hätte ich ihr das alles verziehen, wen sie mir die Wahrheit gesagt hätte. Aber das... wie könnte ich ihr das vergeben? Außerdem tat sie dieser Frau vor mir weh. In der Hinsicht... war Elena ja auch kaum besser als Gregor... Wie hatte ich mich so irren können?" „Sind Sie... sind Sie sicher?" „Ja. Natürlich. Ach ich erinnere mich noch gut.", hauchte sie und lächelte leicht versonnen, als sie über ihre Seite strich und auf eine Stelle seitlich an ihrer V-Linie tippte. „Hier hat sie praktisch immer einen Fleck hinterlassen. Immer. Ich weiß auch nicht wieso aber jedes Mal hat sie hier einen Knutschfleck hinterlassen.", lächelte sie. Ich biss die Zähne zusammen, denn das war nun der absolute Beweis. Denn auch mich zierte ein solcher Fleck. Denn das war quasi Elenas Markenzeichen. Auch schon vor dem Gefängnis. Ich hatte sie sogar einmal darauf angesprochen. Sie hatte nur gelacht. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie diese Angewohnheit hatte. Ich trank meinen Kaffee leer. „Sagen Sie... wie geht es Elena denn?" „Gut... im Moment hat sie ein paar Verletzungen von meinem Exmann... aber... ihr geht es soweit gut.", brummte ich. „Gut... ist sie schwer verletzt? Wird sie wieder?" „Ja...", hauchte ich. Sie klang wirklich besorgt um Elena... „Sonst noch etwas?", wollte ich wissen. „Nein... und... Elena liebt Sie?", wollte sie wissen. „Sie hat mich gefragt, ob ich sie heiraten will.", antwortete ich, da ich die Antwort auf ihre Frage nicht kannte. Vor einer Woche hätte ich ihr noch antworten können. „Gut... dann hat sie mich also angelogen...", hauchte sie. „Was hat Elena Ihnen versprochen?" „Sie sagte, sie würde mich abholen an dem Tag, an dem ich entlassen werde. Wir würden uns was eigenes suchen. Nur sie und ich.", hauchte sie. „Doch sie war nicht da, als ich frei kam. Und als ich dann Sie sah... da erkannte ich sie von den Fotos...", erklärte sie. Ich nickte und stand auf. „Und ich Idiotin bin auf sie reingefallen... Hab die letzten Tage im Telefonbuch und Internet gesucht um ihre Adresse zu finden... und dann das...", wimmerte sie. „Ich bin genauso auf sie reingefallen.", brummte ich. „Noch etwas?" „Nein, Frau Berger. Aber... Sie haben doch meine Nummer, oder?" „Ja. Habe ich. Ich melde mich, wenn noch etwas ist.", erklärte ich und legte das Geld auf den Tisch. Auch für sie. Elena... ich dachte, ihr könnte ich vertrauen.

Sechs Jahre die ich nie zurückbekommeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt