Kapitel 41

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„Erik ich will nicht!" Wo fahren wir hin?", fragte ich genervt, aber neugierig zugleich. Ich hasste Überraschungen und Unwissenheit. „Wirst du noch früh genug erfahren und jetzt lass die Augenbinde auf!". Ich gab mich geschlagen und musste wohl abwarten. Wir zwei saßen im Auto und ich hatte keine Ahnung, wo es hin ging. Irgendwann hielten wir an und stiegen aus. Ich wurde zu einem Schalter geführt und Erik holte in der Zwischenzeit irgendwas, wo von ich wieder keine Ahnung hatte, was es hätte sein können. Ich wusste zwar, dass wir am Flughafen waren, doch was wir hier machten, war mir unschlüssig. Nach einer Weile kam mein bester Freund wieder zurück und wir liefen zusammen im Schneckentempo zur Sicherheitskontrolle. Erik hatte es tatsächlich geschafft, dass ich bis zur Landung keinen Plan hatte, wo es hin ging und warum. Es war Samstag gegen 17 Uhr, als wir den Flughafen unserer Zielstadt verließen. „Willst du mir jetzt endlich mal sagen, was wir hier machen, wo wir sind und warum wir hier sind?", versuchte ich Erik auszuquetschen, doch er blieb standhaft. Die Augenbinde hatte ich zwar nicht mehr auf, aber da mein Orientierungssinn zu nichts zu gebrauchen war, war das auch egal, denn ich wusste eh nicht, in welchem Land, geschweige denn, in welcher Stadt wir waren. Mit den Koffern in den Händen suchten wir uns ein Taxi und begaben uns zu unserem nächsten Ziel. Langsam stieg die Aufregung in mir. Was hatte Erik nur vor? Würde es mir gefallen? Und, und, und... Zu viele Gedanken, für meinen Geschmack. Als das Taxi vor einem riesigen Stadion hielt, ging über mir die Glühbirne an. Wir waren in Russland und würden Julians Spiel ansehen! Hoffentlich verlief es diesmal besser, denn nach der Auftaktpleite, brauchten sie den Sieg mehr, als alles andere. Erik grinste mich an und ich begann zu piepen und fiel dem blonden Riesen um den Hals. „Hast du nicht getan, oder?", Erik nickte grinsend. „Ich werde Julian nicht wirklich gleich wiedersehen, oder?!" „Oh doch das wirst du! Wir haben VIP-Pässe, wodurch du ihn direkt nach dem Spiel in die Arme schließen kannst! Das Spiel selbst müssen wir aber von der Tribüne aus sehen.", erzählte mir Erik begeistert.

Mein Herz raste und pochte wie wild vor Aufregung. Durch den Hintereingang gelangten wir schließlich ins Stadion und unser Guide führte uns zur Tribüne. In meinem Draxler-Trikot, welches ich mir vorher angezogen hatte, betraten wir die gefüllte VIP-Tribüne und nahmen auf unseren Plätzen platz. In wenigen Augenblicken würden die Mannschaften den Rasen betreten und ein Stück um den Weltmeistertitel kämpfen. Deutschland spielte gegen Schweden und Julian stand mit in der Startelf, wodurch ich ihn noch besser beobachten konnte. Ich wusste nicht, ob er wusste, dass ich hier war. Die Schiedsrichter, mit den Mannschaften und den Einlaufkindern betraten den Rasen. Julian hatte sein typisches Pokerface drauf und hielt die Hand eines kleinen, blonden Mädchens, welches vor Glück beinahe geplatzt war. Nach den Nationalhymnen ging es auch schon los. Für meine Jungs war es das erste Finale, da ihnen bei einer Niederlage, das WM-Aus drohte. Sie zogen von Anfang an an und hatten gute Chancen, aus denen leider nichts wurde. Als Sebastian Rudy dann in der 31. Spielminute durch einen Tritt ins Gesicht ausgewechselt werden musste, verlor die Mannschaft ihren Rhythmus. Daraufhin fiel auch direkt das 1:0 für Schweden. Meine Nerven waren beinahe gerissen; Eriks ebenso. Nach der Halbzeit ging es stramm los und die deutsche Nationalelf zog richtig an, woraufhin das 1:1, durch Marco Reus, fiel. Alle rasteten aus. Sowohl die Fankurve, als auch die Mannschaft auf dem Spielfeld. Aus weiteren guten Chancen wurde nichts, aber sie kämpften weiter. Als die Nachspielzeit sich zum Ende neigte, wurde Timo Werner am Strafraum gefoult. Toni Kroos und Marco Reus verwandelten den Strafstoß, wodurch Deutschland am Ende verdient siegte.

Die Stimmung war großartig! „Können wir jetzt zu Julian?", schrie ich Erik ins Ohr, denn es war so laut, dass man sich selbst nicht mehr hören konnte. Er nickte und zog mich zum Ausgang der Tribüne. Julian war gerade in einer der Ecken zur Fankurve und warf sein Trikot in die Kurve. Die Fans jubelten und sangen, doch ich, hibbelig wie ein Flummi, wartete nur darauf, dass die Spieler reinkamen und ich Julian endlich in meine Arme schließen konnte. Ein Monat ohne ihn war schon ganz schön viel! Vom Tunnel aus sah ich Leon, der mit seinem Finger auf mich zeigte und irgendetwas sagte. Kurz darauf betrat mein Freund den Tunnel und ging mit schnellen Schritt auf mich zu. Ich rannte ihm entgegen und sprang ihn förmlich an. Er schlang seine Arme um meine Hüften und vergrub sein Gesicht in meinen Haaren. „Endlich habe ich dich wieder, mein Schatz!", flüsterte er mir ins Ohr. Von Glücksgefühlen benommen, liefen mir die Tränen die Wangen hinunter. Wir lösten uns nach einiger Zeit ein Stück von einander, um einen leidenschaftlichen Kuss zu starten. Seine weichen Lippen schmiegten sich auf meinen; seine sanften Berührungen, entlang meines Rückens; der vertraute Geruch. In dem Moment waren es nur wir und niemand anderes! Julian löste sich von mir, nahm aber meine Hand und zog mich hinter sich her. „Was wird das jetzt?", fragte ich neugierig. „Na, was wohl?! Die anderen Jungs wollen dich auch wiedersehen!" „Warte! Wo ist-", begann ich. „Erik ist schon in der Kabine, den anderen Hallo sagen! Komm jetzt!", sagte er hastig und zog mich hinter sich her. Mit großen Schritten folgte ich meinen, nur noch halbbekleideten, Freund, in Richtung Kabine. Jule riss die Tür auf und alle Augen waren auf mich gerichtet. Im ersten Moment war ich überfordert, als dann aber die Jungs auf mich zukamen und mich allesamt umarmten, verflog das wieder. „Carly! Man haben wir dich vermisst!", kam von Leon. „Schön, dass du hier bist! Den Sieg haben wir bestimmt dir zu verdanken!", folgte von Kevin und von Joshua kam ein schlichtes: „Freut mich, dass du es hierhergeschafft hast!". Ich liebte diese Jungs! Während Julian sich fertig machte, alberte ich noch mit Julian Brandt und Leon rum. Julian brauchte ewig, sodass wir erst gegen Ein Uhr nachts zum Flughafen fuhren. Erik und ich durften mit der Mannschaft mitfahren. Ich saß neben Julian und hielt die ganze Zeit seine Hand. An ihn gekuschelt erzählte er mir alles, was passiert war. Ich lauschte ihm hingegen nur und genoss die Zeit, die wir gemeinsam hatten. Auch im Flieger belegte ich den Platz neben ihm. Als mir kalt wurde, gab Julian mir seinen DFB-Pulli und ich kuschelte mich noch mehr an ihn. „Ich habe dich vermisst! Ich lasse dich nie wieder so lange alleine, versprochen! Ich liebe dich, Car...", war der Rest, den ich hörte, bevor ich auf Julians Schulter einschlief.

In guten, wie in schlechten Zeiten (Julian Draxler FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt