POV JulianEs war schon ziemlich spät, als wir vom Essen nach Hause kamen. Carly war auf der Fahrt eingeschlafen, wodurch ich sie leider wecken musste, denn sie wurde richtig grimmig, wenn man sie aus dem Schlaf holte, aber es nützte ja alles nichts. „Schatz, wir sind zu Hause!" „Lass mich", murmelte die Blondine verschlafen. Ich stieg aus und ging zu ihrer Tür, wo ich gegen die Scheibe klopfte. Carly fuhr erschrocken hoch und schenkte mir einen ihrer bekannten Todesblicke, weswegen ich lachen musste. Sie stieg aus und trottete die Treppen hoch. In der Wohnung schmiss sie sich auf unser Bett und wäre beinahe eingeschlafen. „Du kannst nicht im Kleid schlafen! Ich hole dir ein T-Shirt." „Hmm", war das Einzige, was ich noch schwach vernehmen konnte. Ich ging zu ihrem Schrank und wühlte etwas nach einem lockeren T-Shirt, als mir auf ein Mal ein kleines Büchlein in die Hände geriet. Ich öffnete es und las einige Zeilen. Es war das Tagebuch von Carly und eigentlich nicht für meine Augen bestimmt, aber so würde ich vielleicht etwas mehr über ihre wahren Gefühle erfahren. Sie wusste es zwar nicht, aber mir war klar, dass sie immer nur einen auf glückliches und gut gelauntes Mädchen tat und eigentlich am Rande der Verzweiflung stand, aber wenn sie das alleine lösen wollte, musste ich sie in ihrem Glauben lassen. Ich nahm ein Oberteil aus dem Schrank und legte das kleine Buch zur Seite. „Hier Schatz", sagte ich und gab meiner Freundin das Shirt. Sie nahm es an und zog sich direkt um. „Ich geh nochmal nach draußen, falls du mich suchst. Schlaf gut! Ich liebe dich!", erwähnte ich noch beiläufig und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Ich nahm das Tagebuch und ging leise nach draußen auf meine Terrasse, wo ich mich auf meine Outside-Couch setzte und begann, einige Seiten des Buches zu lesen. Ich hatte Tränen in den Augen und erschrak bei manchen Textstellen.
Heute war wieder so ein beschissener Tag. Julian ist grad in Rennes zu einem Spiel und ich bin und war komplett alleine in der Wohnung. Ich fühle mich so alleine, wie lange nicht mehr. Es fehlt einfach dieses gewisse Etwas, was nicht mehr da ist... Auf jedes „Ist alles Ok?" antworte ich: „Ja, klar!", doch dieses „Ja, klar!" bedeutet viel mehr. Es ist viel mehr ein „Nein, natürlich nicht... Mir geht es von Tag zu Tag schlechter, ich kotze fast alles Essbare wieder aus und lüge, als würde es kein Morgen geben, was meine Gefühle angeht. Am liebsten hätte ich mich schon umgebracht, aber das tue ich dir nicht an, auch wenn ich dich, Julian, nicht verdient habe. Aber jede einzelne Tag auf dieser Erde und in dieser düsteren Welt voller Trauer, Tod und Angst, unterstützt meinen ersehnten Wunsch des Todes noch mehr. Warum sollte ich leben, wenn ich außer dir, Julian, nichts hatte, wofür es sich zum leben lohnte? Warum sollte also alles ok sein?" Wie gerne ich das sagen würde, aber doch lieber „Alles gut!" sage, um niemanden zur Last zu fallen. Julian ist eh schon gestresst genug mit mir, meinen Problemen und seinem Job. Meine wahren Gefühle würden das nur verschlimmern. Hoffentlich schlafe ich ein und wache nie wieder auf...,
stand auf einer Seite geschrieben. Tränen liefen mir die Wangen runter. Carly ging es nicht nur schlecht, sie spielte mit dem Gedanken, Selbstmord zu begehen! Und ich hatte nicht gemerkt, welche Ausmaße es mittlerweile getroffen hatte. Hätte ich das gewusst, hätte ich mit ihr geredet und ihr versucht zu helfen, aber ich saß nur da und habe ihre Lügen geglaubt... was war ich für ein dämlicher Idiot?! Meine Freundin war suizidgefährdet und ich merkte es nicht. „Was liest du da?", durchdrang Carlys verschlafene Stimme meine Gedanken. Ich fuhr erschrocken hoch und versuchte das Buch zu verstecken, doch Carly hatte es bereits gesehen. „Liest du mein Tagebuch?" Ich nickte leicht und schaute schuldbewusst nach unten. Carly setzte gerade an, mich an zu meckern, doch ich stoppte sie: „Denkst du wirklich, du bist so eine große Last für mich, dass ich es nicht gebacken bekommen hätte, dir zu helfen? Carly, so geht das mit dir und uns nicht weiter! Du kannst mir nicht ins Gesicht lügen, wenn es um so ein ernstes Thema geht!" „Julian ich wollte nicht-" „Du wolltest mir nicht zur Last fallen, schon klar. Aber in dich hineinfressen, ist kontraproduktiv! Wenn du nicht mit mir drüber reden willst, dann verstehe und akzeptiere ich das, aber was du hier schreibst, das ist ein Fall für einen Psychologen! Wenn man das liest, könnte man denken, du willst dich umbringen, machst es aber mir zur Liebe nicht..." „Ich schaff das schon allei-" „Nein, Carly!", unterbrach ich die Rechtfertigung meiner Freundin „Du schaffst das nicht alleine! Sowas kann man nicht alleine schaffen! Du brauchst Hilfe, professionelle Hilfe. Und zwar sofort!" „Ich will keine Hilfe! Wann verstehst du das endlich und hörst auf dir Sorgen zu machen? Ich schaffe das!", mittlerweile schrie und weinte sie. „Nie! Ich werde und will es nie verstehen! Es gibt Dinge im Leben, die kann man nicht alleine schaffen, egal, wie gut und sicher man ist! Und wie soll ich mir keine Sorgen machen, wenn ich die ganze Zeit mit der Angst leben muss, einen Anruf zu bekommen, dass du von der Brücke gesprungen bist oder so? Wenn ich dir als Lebensgrund nicht mehr reiche und du dann komplett denn Sinn im Leben verlierst? Wie soll ich da noch ruhig schlafen, geschweige mein Leben leben? Wie soll ich entspannt bleiben, wenn meine Freundin kurz vorm Selbstmord steht und ich ihr nicht helfen kann, weil ich auf sie höre? Ich werde mir immer Sorgen um dich machen, weil du das Beste bist, was mir jemals widerfahren ist! Wann verstehst du endlich, dass es Menschen gibt, die dich brauchen? Und zwar lebend und nicht auf irgendeinem Friedhof in der Einöde? Wann verstehst du, dass nicht nur du leidest?", Carly guckte mich geschockt an, damit hatte sie nicht gerechnet...
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In guten, wie in schlechten Zeiten (Julian Draxler FF)
FanfictionCarlys Vater, Thomas Tuchel, tritt seinen neuen Job als Cheftrainer bei Paris Saint-Germain an und Carly entschließt sich, mit ihm nach Paris zu ziehen. Neue Leute, neue Stadt, neues Leben, erhofft sich die 21-Jährige.Wäre da nicht dieser Fußballer...