Es war Samstag. Matchtag. Juventus gegen PSG. Champions League Finale in Madrid.
Die Aufregung stieg. Sowohl in mir, als auch in den Spielern. Josi und ich durften mit der Mannschaft mitfahren, sodass wir gegen Mittag den Bus betraten. Ich setzte mich neben Julian, der tiefste Entspannung ausstrahlte, doch ich wusste genau, dass das nur Show und nicht echt war. Ich kannte ihn mittlerweile einfach zu gut. Ich nahm seine Hand und lehnte meinen Kopf an seine Schulter. Es war komplett still im Bus. Alle Spieler hörten Musik und entspannten sich nochmal vor dem wohl wichtigsten Spiel der Saison. Von den Fans, die am Rande der Straßen standen und Spielernamen riefen und gegen die Scheiben zu klopften, ließen sich die Jungs nicht ablenken. Wir kamen im Stadion an und betraten direkt den Gang. Es waren noch zwei Stunden bis zum Anstoß, wobei erst in einer Stunde das Aufwärmen beginnen sollte. Die Zuschauer waren teilweise schon drin, wovon man in den Katakomben nichts mitbekam. Einige Spieler wurden nochmal massiert, andere hatten Gespräche mit den Trainern und andere schwitzten an. Josi war irgendwo bei Alfonso Areola, mit welchem sie sich wirklich gut verstand. Ihrer Meinung nach nur freundschaftlich.
Julian musste zum Aufwärmen und so verließen wir zusammen die Kabine. Ich bog allerdings in die andere Richtung ab, da ich noch auf Klo musste. Ich verabschiedete mich mit einem Kuss und rief ihm noch hinter her, dass ich ihn liebe und stolz auf ihn wäre. Außerdem würde er das packen und ich würde ihn auf der Tribüne anfeuern. Gerade als ich um die Ecke verschwunden war, hörte ich einen lauten Knall. Schreie und Schüsse erfüllten die langen Gänge. Vor lauter Panik rannte ich in die Toilettenräume und schloss mich in die hinterste ein. Scheiße, ich war hochschwanger und vermutlich gerade mitten in einem Terroranschlag. Weitere Schüsse fielen und es hörte sich an, als kämen sie immer näher. Die Tür wurde plötzlich aufgerissen. Ich stockte und hielt die Luft an. Ich zitterte; Tränen liefen meine Wange runter. Dumpfe Schritte erklangen im Raum, dann südländisch klingende Stimmen. Ich hielt mich am Klopapierspender fest, als ich plötzlich abrutschte und ein kleines Klacken erzeugte. Fuck! Ich hatte gerade mein eigenes Todesurteil geschrieben... Laute Schüsse durchlöcherten die Trennwände und trafen neben mir ein. Ich hielt mir schützend die Hände und Arme vors Gesicht. Mich durchfuhr ein stechender Schmerz, nein, es waren mehrere. Ich schrie auf und öffnete die Augen. Auf meinem Trikot hatte sich ein riesiger, blutroter Fleck gebildet. Mich durchfuhr ein zweiter Schmerz, er kam von innen. Mein Bauch schmerzte und das Blut floss weiter, aber ich konnte nichts machen. Ich war unfähig zu schreien oder mich zu bewegen; ich starrte einfach auf die immer größer werdende Blutlache, die sich am Boden gebildet hatte. Die Männer waren verschwunden, die Schüsse und Schreie jedoch nicht: Sie erfüllten die kompletten Katakomben. War Julian in Sicherheit? Scheiße, was war mit Julian? Vielleicht war er schon Tod! Ich musste hier raus und ihn suchen! Unter Schmerzen rappelte ich mich langsam auf. Ich verzog mein Gesicht voller Schmerzen, aber ich musste Julian finden. Ich zog mein Shirt leicht hoch und musste beim Anblick meines löchrigen Bauches schlucken. Aus drei Wunden lief das Blut und hörte nicht auf. Ich riss mir etwas Klopapier ab und drückte es auf die Wunden. Ich schrie; es tat unheimlich weh. Ich biss die Zähne zusammen und schleppte mich zur Tür. Ich öffnete sie einen Spalt und lugte hinaus. Es war keiner hier, aber auf dem Boden lagen leere Patronenhülsen und Bluttropfen zierten den gefliesten Belag. Ich atmete noch einmal tief durch, ehe ich aus der Tür trat und mich in Richtung Kabine schleppte. „Bitte geht es dir gut, Julian! Bitte! Ich brauch dich doch!" Auf halber Höhe hörte ich Stimmen. Ich guckte mich panisch um. Wenn sie mich jetzt sahen, war ich endgültig Geschichte. Die Tränen liefen meine Wangen immer schneller runter und die Kraft verließ mich vor lauter Angst. Ich sackte zu Boden und stürzte meinen Kopf auf meine Hände. Ich wollte nicht sterben, nicht jetzt, nicht alleine! Die Schritte und Stimmen kamen näher. Mein Puls stieg; er raste. Sie waren fast da. Aber ich war nicht bereit, zu sterben! Auf einmal schlossen sich zwei Arme um mich; ich zuckte zusammen und guckte irritiert nach oben. Kylian und Presnel standen vor mir und redeten auf mich ein. Ich verstand sie nicht. Ich verstand gar nichts in diesem Moment. Mein Kopf dröhnte; ich konnte nicht mehr klar denken. Ich blickte die Fußballer einfach an und weinte; weinte vor Angst, vor Erleichterung, Hilfe zu bekommen, nicht zu sterben. Plötzlich wurde ich hochgehoben. Ich hielt mich an Presnels Hals fest; so fest ich konnte. Mein Bauch schmerzte unheimlich, als würde mir jemand tausend Messer in den Bauch rammen. Die beiden Franzosen brachten mich in die Kabine, die wie leergefegt war. Wo waren nur die anderen Spieler? Ob sie schon tot waren? Ich wurde auf den Tisch, in der Mitte des Raumes, gelegt. Ich krümmte mich vor Schmerzen und weinte noch immer. Kylian kam und drückte etwas auf meinen Bauch. Auch Presnel war an meinem Bauch zu schaffen. „ça va? (Wie geht es dir?)", ich konnte nicht antworten, zu stark der Schmerz und zu gering die Kraft. „Carly! Ça va?!", Kylian wurde lauter und wiederholte sich noch einige Male, ehe ich es schaffte zu antworten. „P-pas.... B-bon... (N-nicht... G-gut...)", es kam zaghaft und stockend aus mir raus. Ich deutete verkrampft auf meinen Bauch. Das Blut hatte eine riesige Lache auf dem Tisch gebildet, trotz der Versorgung der beiden Fußballer. Sie drückten und verbunden die Wunden weiter. Dennoch lief das Blut, und der Schmerz kontrollierte vollständig meinen Körper. „Dis à Julian que je l'aime... (Sag Julian, dass ich ihn liebe...)", war das letzte, was ich sagen konnte; was meine Kraft zuließ; was meine Gedanken zuließen. Die Pariser redeten weiter auf mich ein, doch mir wurde langsam schwarz vor Augen. War ich gerade dabei zu sterben? Das sollte Julians Tag werden. Er sollte mit PSG die Champions League gewinnen. Wir wollten doch eine Familie werden. Ich war doch schwanger und bekam ein Kind. Hoffentlich ging es ihm gut... Mir wurde komplett schwarz vor Augen; mein Bewusstsein hatte ich verloren.
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In guten, wie in schlechten Zeiten (Julian Draxler FF)
FanfictionCarlys Vater, Thomas Tuchel, tritt seinen neuen Job als Cheftrainer bei Paris Saint-Germain an und Carly entschließt sich, mit ihm nach Paris zu ziehen. Neue Leute, neue Stadt, neues Leben, erhofft sich die 21-Jährige.Wäre da nicht dieser Fußballer...