Fenrir führte ihn zur Waffenkammer der Fernkämpfer und präsentierte ihm schließlich eine Vielzahl von Bögen, die alle sorgfältig neben einander aufgebahrt waren.
„Zu aller erst musst du wissen, dass eine Größe nicht unbedingt die Zugkraft eines Bogens repräsentiert", erklärte Fenrir. „Es hängt auch vom verwendeten Holz, der bisherigen Pflege des Bogens als auch dem Material der Bogensehne ab."
Bahe hörte aufmerksam zu und nickte nur.
„Nimm zum Beispiel diesen Bogen hier", sagte Fenrir und reichte ihm einen winzigen Bogen mit einer Länge von gerade mal fünfzig Zentimetern. „Der Bogen ist äußerst klein, aber auch hart gespannt. Bis zu zwanzig Meter ist er trotz seiner Größe tödlich. Dagegen ist dieser hier drei Mal so groß und wird vielleicht gerade mal auf eine tödliche Reichweite von dreißig Metern kommen."
Bahe löste seinen Blick von dem kleinen Exemplar in seinen Händen und schaute sich den langen Bogen in Fenrirs Hand an.
„Hmmm... mit Welchem fangen wir denn mal an...", murmelte Fenrir danach vor sich hin und lief ein paar Schritte weiter.
„Ah! Wie wäre es hier mit!" Rief Fenrir begeistert und brachte einen anderthalb Meter langen Bogen mit, den er Bahe reichte. „Fasse zunächst mit deinem schwachen Arm die Mitte des Bogens und zieh dann mit Zeige-, Ringfinger und Daumen die Sehne nach hinten."
„Alles klar", antwortete Bahe.
Er griff den Bogen richtig und versuchte anschließend die Sehe zu seiner Schulter zu ziehen. Die ersten Zentimeter ließen ihn bereits ordentlich die starke Spannung spüren, die dem Bogen zu Grunde lag und nach nicht mal einer Handbreit musste Bahe sich keuchend geschlagen geben.
„Noch zu schwer, was?", grinste Fenrir, als ob er nichts anderes erwartet hätte und reichte ihm stattdessen einen anderen Bogen der gleichen Größe.
„Ja, leider", nickte Bahe und probierte den neuen Bogen aus.
Auch dieser stellte sich als zu hart heraus.
Es folgten noch sechs weitere Bogen, während Fenrir ab und an kritisch das Gesicht verzog. Es war offensichtlich, dass er nicht wirklich zufrieden mit ihm war.
Der neunte Bogen war es dann endlich. Mit aller Kraft schaffte es Bahe die Sehen des Bogens vollkommen auszuziehen und für gute fünfzehn Sekunden zu halten, ehe er abbrechen musste. Laut Fenrir war die Härte vorerst genau richtig.
„Für den Anfang, um die Technik zu erlernen, sollte es wohl reichen. Du wirst trotzdem einige Zeit Kraft- und Ausdauertraining absolvieren müssen, damit du irgendwann die erforderliche Zugkraft aufbringen kannst, die für unsere Bögen in der Armee Standard ist", erklärte Fenrir und reichte Bahe einen Köcher mit Pfeilen. „Komm erst mal mit nach draußen, wir werden zunächst die Technik üben und uns danach deinem Krafttraining widmen."
„Alles klar", nickte Bahe und folgte Fenrir nach draußen auf den Übungsplatz.
Fenrir blieb ungefähr zehn Meter vor einer Zielscheibe stehen, hinter der ein großer Heuhaufen aufragte.
„Hier wirst du in den nächsten Wochen die Technik üben. Auch wenn du die Grundfertigkeit irgendwann erlernt hast, schadet es nicht mindestens einmal in der Woche hierher zurück zu kommen, um dich weiter zu verbessern. Selbst Meisterschützen haben noch nicht ausgelernt."
Bahe nickte nur stillschweigend.
„Das Grundsätzliche zuerst, hast du schon mal einen Bogen in der Hand gehabt?", fragte Fenrir.
„Ja, habe ich", sagte Bahe, als er an seine Kindheit zurückdachte. „Ist aber lange her."
„Gut, dann schieß einmal auf die Zielscheibe und ich schau mir an, wie du dich so machst."
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Die Legende vom Elementflüsterer - Band 1 + 2
FantasyIn einer nicht all zu fernen Zukunft schuftet sich Bahe jeden Tag ab, um seine Familie unterstützen zu können, die unter enormen Schulden leidet. Doch Monate nach dem Schulabbruch muss Bahe sich eingestehen, dass er an seine Grenzen gelangt ist. In...