Kapitel 66 - Auge in Auge - Teil 1

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Immer noch begeistert beobachtete Kaiwen wie sich die Spieler ihrer Goldgrube vorsichtig näherten. Es war das reinste Vergnügen zuzusehen wie argwöhnisch und verunsichert sie sich Anael gegenüber verhielten.

Eine Spielerin schaffte es schließlich die Situation zu entschärfen, aber auch nur oberflächlich.

Die Begrüßung der Spieler lief dafür viel zu schnell ab. Sie bezweifelte ernsthaft, dass sich Anael auch nur einen Namen merkte. Sie zumindest, hätte es nicht getan.

Amüsant war auch der Moment, in dem Anael verdeutlichte, dass er als Bogenschütze agieren würde. Sein Schwert würde er nur im Notfall verwenden.

Einige Spieler ringen sichtlich mit ihrer Selbstbeherrschung. Am Ende schwiegen sie jedoch alle. Der verheerende Anblick der vielen Kadaver war Warnung genug, dass man es sich mit ihm nicht verscherzen sollte. Auch, wenn man im Tutorial vielleicht nicht wirklich sterben konnte. Außerhalb der Stadt gab es genug Möglichkeiten einem Spieler das Leben schwer zu machen. Das Anael erst Level 2 war, half angesichts dieser Tatsache auch nur bedingt.

Kurze Zeit später waren endlich alle an ihren Plätzen. Die Bogenschützen hatten sich in der Mitte der Freifläche, auf den erhöhten Überresten von früheren Festungsverschlägen, positioniert und spähten in alle Richtungen, während die Nahkämpfer einen schützenden Ring um sie herum bildeten.

Langsam senkte sich eine bedrohliche Stille über die Freifläche. Die Haltungen der Spieler hätten unterschiedlicher jedoch nicht sein können.

Manche zuckten bei jedem kleinsten Geräusch von rieselndem Gestein, andere waren die Ruhe in Person. Einigen war der Schrecken der letzten Minuten immer noch anzusehen, da sie sich ständig zu Anael umdrehten oder ihn aus den Augenwinkeln beobachteten.

Sie versuchten es zu verheimlichen, machten es damit jedoch nur noch offensichtlicher.

Wieder Andere waren voller Konzentration und Wachsamkeit.

Und dann war da noch Anael, der so tat, als würde er die Blicke der Spieler nicht bemerken und in aller Seelenruhe dabei war, die Krallenspuren an seinem Körper zu verbinden.

Kaiwens Mundwinkel zogen sich belustigt nach oben. Denn welcher Spieler hatte in solch einer Situation schon die Nerven, an die wenigen verloren gegangenen HP-Punkte zu denken?

Nur ihr Goldstück, dachte sie versessen.

Ein Brüllen erklang in unmittelbarer Nähe. Hastig stopfte Bahe die Verbände in seinen Speichergegenstand und ergriff wieder den Bogen samt Pfeil.

Aufgerichtet nahm er seine Umgebung ins Auge, entdeckte aber noch keins der Monster, die jeden Moment auftauchen müssten.

Stattdessen bemerkte er wieder einmal die Blicke der anderen Spieler. Er machte sich keine Illusionen. Die Wenigsten von Ihnen würden sich wirklich den Monstern entgegen stellen, wenn es hart auf hart kam.

Das Ganze hier war schließlich eine Tutorial-Mission zum ersten Erfahren von Kampfsituationen. So viel Kampferfahrung wie Bahe brachte wohl kaum ein Anderer in mit. Egal wie erfolgreich er letzten Endes gewesen war.

Außerdem war er sich relativ sicher, dass er beim Anblick der Kreaturen nicht reiß aus nehmen würde. Die Tatsache hingegen, dass die anderen Spieler ihn so misstrauisch beäugten, sprach Bände über deren Selbstwertgefühl.

Ganz davon zu schweigen, dass er sich dank der Präsentation seines Schwertes außerhalb der Stand von nun an in Acht nehmen musste. Es gab reihenweise Spieler, die ein solch starkes Artefakt im Anfangsstadium des Spiels nur zu gern ihr Eigen nennen würden.

Ein Fauchen in seinem Rücken durchbrach schließlich Bahes Gedanken. Hastig fuhr er herum und konnte beobachten, wie alle Bogenschützen außer ihm, ihre Pfeile auf eine, circa einen Meter große, Raubkatze abfeuerten, die in Windeseile zwischen die Nahkämpfer geprescht war.

Die Legende vom Elementflüsterer - Band 1 + 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt